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überging.213 Um 1640 wurden diese Hermen nach
Florenz gebracht, während die übrigen in verschie-
dene römische Privatsammlungen gelangten.214 In
seinen Skizzen der Hermen mit den Ergänzungen
der Köpfe vollzieht Boissard den Schritt von einer
Verschmelzung der antiken Originale mit zeit-
genössischen Rekonstruktionen, wobei er nicht
zwischen Original und Ergänzung differenziert.
Der nächste, der über die Hermen berichtet, ist
Pirro Ligorio im Codex Neapolitanus.215 Die
Ergänzungen für die fünf Schäfte der Pergola im
Garten der Villa Giulia übernimmt Ligorio
nicht,216 drei Hermen gibt er ebenfalls korrekt nur
mit der Inschrift wieder,217 aber auf den
Schulterpartien bei Aischines218 ergänzt er einen
römischen Kopf und bei Alkibiades219 einen ju-
gendlichen Apoll.220 Sieben seiner Hermen hat vor
und nach ihm niemand gesehen,221 weitere
Hermen scheint er neu geschaffen zu haben,222
außerdem versah er antike Hermen mit modernen
Inschriften.223
1569 erschien in Rom im Verlag von Antoine
Lafrery die erste Publikation über antike
Ikonographie,224 das Werk des Portugiesen und
»correttore greco« der Vatikanischen Bibliothek225
Achilles Statius (Aquiles Estaco, 1524-1581)
Inlustrium virorum ut exstant in urbe expressi vul-
tus. Es gibt einen Überblick zu den Porträts der
viri illustres in den Sammlungen Roms: 52
Kupferstiche, von denen die ersten 19 inschriftlich
bezeugte Porträts zeigen, weitere 33 Bildnisse sind
ohne Inschrift (Abb. 100, 105). Zu den einzelnen
Denkmälern wird der Aufstellungsort genannt und
den historisch bekannten in der Regel ein antikes
oder modernes Epigramm hinzugesetzt. Auf ei-
nen Kommentar hat Statius verzichtet. In einer kur-
zen Einleitung stellt er Nachrichten über Hermen
und andere Bildnisformen bei Griechen und
Römern zusammen. Anschließend legt er dar, daß
er sich sehr wohl der möglichen Fehlerquelle durch
Inschriftenfälschungen und freie Ergänzungen der
Monumente bewußt ist, was er durch den Hinweis
verdeutlicht, er zeige die Bildnisse im augenblick-
lichen Zustand »summa fide quod extat atque ut
extat«226. Trotzdem gelangten auch die mit falschen
Köpfen versehenen fünf Tivoli-Hermen unter die
Antiken des Statius.227 In Statius’ Sammlung ist je-
doch unter den inschriftlich bezeichneten Porträts

kein einziges, das nicht in Stein existiert hätte:
Auch die Fälschungen, durch die er sich hat täu-
schen lassen, stammen nicht aus Büchern oder
fremden von ihm benutzten Papieren, sondern ha-
ben um 1569 in römischen Sammlungen exi-
stiert.228 Zu den authentischen und größtenteils
auch sehr genauen Abbildungen in dem Werk von
Statius gehören die Bildnisse, die Lafrery auch der
Publikation von Orsini in Nachstichen beigefügt
hat:229 der Theophrast des Palazzo Massimi alle
Colonne,230 die Doppelherme des Herodot und
Thukydides,231 die Hermen von Homer und
Menander Soderini,232 daneben die von M. Porcius
Cato und Valerius Poplicola233 - außer einem
Maximus Severus234 die einzigen römischen »uo-
mini famosi«. Aus der Sammlung Ottaviano Zenos
stammen der Platon und der Xenokrates,235 die
hellenistische Büste eines blinden Homer aus dem
Besitz der Carpi236, der sog. Leodamas aus der
Sammlung des Kardinals Cesi237 sowie der Lysias
aus der Sammlung Vittori238.
Dieser ersten vorläufigen Übersicht folgte, von
Statius bereits als bei demselben Verleger Lafrery
in Vorbereitung angekündigt,239 die ausführlichere
Porträtpublikation von Fulvio Orsini, die als
Neuerung auch die Münzen und Gemmen mit
Bildnissen von Personen der Antike berücksich-
tigt, während Statius sich ausdrücklich auf die
Marmorwerke beschränkt. Statius’ Werk wird nur
noch einmal 1648 in Padua aufgelegt.240
Durch die konkurrierenden Arbeiten von Pirro
Ligorio, Alfonso Chacon241 und Achilles Statius
gedrängt, publizierte der Sekretär und Bibliothekar
von Kardinal Ranuccio Farnese, Fulvio Orsini
(1529-1600), eine kritische Ausgabe eines Teils sei-
ner Sammlung, der Porträts von Griechen und
Römern, die er als kleine Büsten, Fragmente von
Statuen, Gemmen und Münzen, aber auch als
Zeichnungen auf Scheden in seinem »studiolo«
aufbewahrte.242 Das Werk erschien ebenfalls im
Verlag von Antoine Lafrery 1570 mit dem Titel
Imagines et elogia virorum illustrium et erudi-
torum ex antiquis lapidibus et numismatibus ex-
pressae cum annotationibus243 und enthält 111
Tafeln mit Abbildungen (Abb. 101, 102). Orsini
korrigiert darin Fehler in der vorhergehenden
Arbeit von Statius,244 beschäftigt sich aber auch
mit der Frage, welchem Zweck die Repliken nach

Werke zu Statuen und Porträts 115
 
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