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Heiberg, Johan L.
Geschichte der Mathematik und Naturwissenschaften im Altertum — München, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.23924#0012
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Geschichte der Mathematik und Naturwissenschaften

schichte der) Math(ematik)" erscheinen ließ (seit 1877), beides seit 1900 ersetzt durch
B(ibliotheca) M(athematica) (herausgegeben von G. Eneström), dritte Folge (die beiden
ersten Folgen 1884 — 86 und 1887—99 von geringerem Umfang und ursprünglich mehr
bibliographisch). Daneben ist zu nennen: Bullettino di bibliografia e distoria delle scienze
matematiche e fisiche (Rom 1868—87), herausgegeben von dem Fürsten Boncompagni.

Die Ergebnisse des erneuten Studiums der Quellen wurden von M. Cantor zu-
sammengestellt in seinen „Vorlesungen über Geschichte der Mathematik" I3 (Leipzig
1907). Das verdienstvolle Werk ist leider nicht auf dem laufenden erhalten; über den
heutigen Stand'der Forschung orientieren besser: E. Hoppe, Mathematik und Astro-
nomie im klassischen Altertum, Heidelberg 1911, eingehender G. Loria, Le scienze
esatte nelT antica Grecia (2 Milano 1914), und Th. Heath, A history of Greek mathe-
matics (I—II, Oxford 1921). Vom Standpunkt des Mathematikers gibt einen ausgezeich-
neten Ueberblick über die Entwicklung der mathematischen Gedanken H. G. Zeuthen,
Geschichte der Mathematik im Altertum und Mittelalter (Kopenhagen 1896).

Die Geschichte der exakten Wissenschaften wurde schon im Altertum behandelt
von Eudemos, Schüler des Aristoteles. Auch Geminos gab in seiner Systematik
der mathematischen Wissenschaften manche historische Notiz. Auf sie geht wahr-
scheinlich zurück, was uns an geschichtlichen Nachrichten bei Proklos, Simplikios
und Eutokios erhalten ist. Das wichtige Werk des Pappos zeigt, wie viel mehr, als
wir jetzt haben, noch im 3. Jahrhundert im Unterricht in Gebrauch war von der
Fachliteratur der Blütezeit.1

1. An der Spitze der Geschichte auch der Mathematik nannten die Griechen
selbst Thaies, dem eine Reihe geometrischer Sätze zugeschrieben wird,
obgleich er nichts Schriftliches hinterließ. Wie es damit zusammenhängt,
verrät eine Bemerkung des Proklos zu Euklid I 26 (Kongruenz zweier
Dreiecke, die zwei Winkel und eine Seite gleich haben): Evö^fiog de ev
xalg Peco^iexgiKaig loxogiatg elg OaXfjv xouxo avayei xö d>s(.QQi]ij,a' xr\v yao xd)v
sv daXdxxi] 7iXolo)v änoaraoLv dt ov xoojiov cpaolv avxov deixvvvai, xovxoo jiqoo-
%Qfjo$ai (prjOLv ävayxaZov. Man hatte also eine Tradition darüber, daß Thaies
die genannte praktische Aufgabe gelöst hatte, und daraus schloß Eudemos,
daß er die dazu nötigen theoretischen Kenntnisse voll besessen habe. WTir
schließen vorsichtiger, daß er aus Ägypten "die praktische Lösung mit-
gebracht hat, wToraus gar nicht folgt, daß er die exakte Begründung kannte,
geschweige denn das dazu erforderliche System der Elementargeometrie.
In dieselbe Erklärung fügen sich ungezwungen die übrigen ihm zu-
geschriebenen geometrischen Kenntnisse, wie auch seine Voraussagung'
der Sonnenfinsternis vom 28. Mai 585 nur beweist, daß er astronomische
Tafeln der Bab}donier und ihre Handhabung kannte. Aber als Anregung
werden diese aufsichterregenden Fertigkeiten schon kräftig gewirkt haben.

2. Als die Aufmerksamkeit auf das neue Gebiet gelenkt war, konnte es
bei der Veranlagung der Griechen für abstraktes Denken und strenge
Logik nicht lange dauern, ehe eine wirkliche Wissenschaft daraus ent-
stand. Das ist nach dem einstimmigen Zeugnis des Altertums2 die Tat der
Pythagoreer, und wenn auch die Geheimnistuerei der Schule und der
mystische Nebel, worin die Gestalt des Meisters bald verschwamm, es

1 P. Tannery, La geometrie grecque,
comment son histoire nous est parvenue
et ce que nous en savons, Parjs 1887. Die
Annahme einer i^ythagoreischen Quellen-
schrift (S. 81) beruht auf falscher Ueber-
setzung von Iamblichos, vit. pythag. 89.
Eudemi Phodii fragmenta coli. L. Spp:ngel,
Berolinil866. Max C.P.Schmidt,'Geminos,
Phil.XLII S. 82 ff., XLV S. 63 ff. Tittel,

De Gemini Stoici studiis mathematicis
quaestiones philologae, Lipsiae 1895.

2 Proklos in Euch p. 65 (Friedlein): im
ös rovxoig [Thaies und dem sonst unbekann-
ten Bruder des Stesichoros] nv&ayÖQag xrjv
jisgt avTtjv [die Geometrie] epiloooeplav sig
oyj//Lia jtaiSsiag iÄevdsQov fiexsazrjOF.v avco&er
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