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Heiberg, Johan L.
Geschichte der Mathematik und Naturwissenschaften im Altertum — München, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.23924#0091
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V. Musik 81

zur Bestimmung der Zahlenverhältnisse der Grundtöne wird auf Lasos
von Hermione und den Pythagoreer Hippasos zurückgeführt.1 Piaton,
der sich lebhaft für Musik interessiert und ihr einen großen pädagogischen
Einfluß zutraut, steht wesentlich auf dem Standpunkt seiner pj^thagoreischen
Freunde.2 Gegen die rein mathematische Auffassung opponierten die Prak-
tiker, die dem Gehör allein die Entscheidung überlassen wollten. Der be-
deutendste Musiktheoretiker des IY. Jahrh., Aristoxenos aus Tarent, räumte
zwar der Theorie (dtdvoia) eine gewisse Bedeutung ein, aber Hauptrichter
über die Intervalle war ihm doch die äxoi],3 und der Gegensatz zwischen
seiner Schule und den mathematischen Theoretikern läßt sich durch das
ganze Altertum verfolgen.4

Der Zwiespalt zeigt sich schon bei den zwei ältesten erhaltenen musik-
theoretischen Schriften, die beide unter dem Namen des Eukleides gehen,
die Kararo^i] xavovoq und die Eloaycoyi] dgjuovixrj.0 Erstere, deren Echtheit
ohne triftige Gründe bestritten wird,6 vertritt die mathematische Theorie
der Pythagoreer, letztere dagegen den Standpunkt des Aristoxenos; außer-
dem schwanken für sie die Hssn. sehr stark in der Angabe des Verfassers;
am besten ist der Name Kleoneides bezeugt.7 Von Euklid kann das Buch
jedenfalls nicht sein, wenn die Kazaro/uj] ihm gehört.

Von der antiken Musikliteratur führe ich nur noch an, was für die exakte
Wissenschaft irgend ein Interesse hat, sei es auch nur wegen des Namens
der Verfasser.

Von Ptolemaios besitzen wir ein bedeutendes Werk 'Aq/liovixo. (in
3 Büchern, ed. Wallis, Oxford 1682); er sucht zwischen Aristoxenos und
den „Kanonikern" zu vermittlen. Vgl. Boll, Studien über Claudius Ptolemäus,
Leipzig 1894, S. 93 ff. Zu diesem Werk gibt es einen Kommentar, der in den
Hssn bald demPappos, balddemNeuplatonikerPorpkyrios zugeschrieben
wird.8 Weniger bedeutend ist das Agjuovixöv iy/eigibiov des Nikomachos,9
wahrscheinlich nur ein Auszug aus einem größeren Werk, das noch Boetius
benutzt hat.10 Für die byzantinische Musikliteratur gibt Krumbacher, Gesch.
d. byzant. Literatur2 S. 598 ff. die Nachweise. Das unter Psellos' Namen
gehende Quadrivium (oben S. 46) sowie das des Pachymeres (oben S. 47)

1 Theon Smvrn. S. 59: Scholl, in Plat. Buclidis Opp.VIII (1916) S. 158 ff.. 186 ff.
Phaed. 108d. " « Tannkery, MSc. III S. 213 ff. Vgl.

2 Th. H. Martin, Etudes sur le Timee Menge, Eucl. Opp. VIII S. XXXVIII ff.
de Piaton, Paris 1841, I S. 383 ff.; Tannery, Sie wird bei Porphyrios mit Namen zitiert,
MSc.VI S. 71 ff. Bei Theon aus Smyrna, und fwuoixrjs aroi/sTa des Eukleides kennen
Ta y.axa ro fiadTj/mzixov xQ?']ot/na sig trjv lila- Proklos (in Eucl. S. 69) und Marinos (in
rcovog aväyvcooiv (ed. E. Hiller, Leipzig 1878) Data S.254). Vgl. Studien üb. Euklid S.52f.
findet sich auch ein Abschnitt über Musik 7 Ebd. S. 53 ff.

(S. 46—72), oben wegen der wichtigen 8 Hultsch, Pappos III S. XIII. Ed.VvAL-

historischen Notizen benutzt. lis, Opera mathematica III, Oxford 1699.

3 Aristoxenos, 'Ao/.iovixa aroiyßa S. 48 ed. 9 v. Jan, Musici scriptt. S. 235 ff.
Marquard. Vgl.Tannery,MSc.IIIS.97ff.: 10 v. Jan a. 0. S.211 ff. Boetius, De in-
Sur les intervalles de la musique grecque. stitutione musica libri V, ed. Friedlein,

4 Eine Hauptquelle für die Geschichte Leipzig 1867, S. 175 ff. Was die römische
der Musik ist der unter dem Namen des Literatur sonst über Musik bietet, ist ganz
PIutarch os erhaltene Dialog TJeqI ßovoiySjg unbedentend (Oensorinus, De die nat. 10
(neueste Ausgabe von Weil u. Reinach, Macrobius in Sornn. ScipionisIIl—4: Har
Paris 1900). monie der Sphären; Martianus Capeila IX

5 Herausgegeben von v. Jan, Musici Oassiodorius, De disciplinis.
scriptt. S. 148 ff., 179 ff. und von H.Menge,

H.d.A. V. 1,2. 6
 
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