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Heiberg, Johan L.
Geschichte der Mathematik und Naturwissenschaften im Altertum — München, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.23924#0093
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VI. Geographie und beschreibende Naturwissenschaft

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2. Es ist begreiflich, daß durch das überreiche Material neues Leben in
die geographische Forschung hineinkam, und daß man alte Probleme wieder
aufnahm und neue stellte.

Den Anfang dieser Neu Schöpfung hat ein Mitschüler des Theophrastos,
Dikaiarchos aus Messene, gemacht,1 seine streng wissenschaftlichen Werke
wurden aber bald überholt, und es ist kaum möglich, nach den wenigen
erhaltenen Fragmenten2 seine Leistungen zu würdigen. In seiner IJeoloöog
yfjg'6 hatte er die Grenzen und Dimensionen der oixovjuevrj untersucht, deren
Länge er mit Demokrit als l^mal der Breite angab, während Eudoxos
sie als doppel so groß geschätzt hatte (Fragm. 54); die Kugelgestalt der
Erde stand ihm fest (Fragm. 53), und der Ansatz des Erdumfangs zu
300000 Stadien, den Archimedes (Waujunrjg 18) als allgemein angenommen
bezeichnet, stammt wahrscheinlich von ihm. Die oixovjuevi] teilte er in eine
nördliche und eine südliche Hälfte durch eine Gerade von Gibraltar (ai
orrjXai Fragm. 57) über Sardinien, Sizilien, Peloponnes, Karlen, Lykien,
Pamphylien, Kilikien, Taurusgebirge und dessen angenommene Fortsetzung
das „Imaosgebirge" (Fragm. 55), vermutlich als Grundlage für Breitenbe-
stimmungen. Außerdem hatte er Gebirgshöhen gemessen; Suidas nennt
ein Werk von ihm KaxajuerQrjoeig tcov iv IleXojiovvrjocp, aber außer der Höhen-
angabe für Kyllene in Arkadien4 ist auch seine Berechnung der Höhe von
Pelion erhalten.5 Das unter seinem Namen erhaltene kleine Gedicht 'Avaygacprj
irjg ElMöog (Fuhr S. 459 ff.) ist unecht. Dikaiarchos war auch auf mehreren
anderen Gebieten literarisch tätig.6 Sein Btog rrjg 'EXXädog (Fuhr S. 85 ff.),
eine Kulturgeschichte Griechenlands, gab den Anstoß zu einer neuen Perie-
gesenlitteratur, die neben Sitten und Gebräuchen auch Kunstwerke u. ä.
berücksichtigte. Ein höchst interessanter Uberrest der mehr populären
Gattung (Fuhr S. 140 ff., Hist, Gr. fragmm. II S. 254ff.) gibt namentlich eine
lebendige Schilderung von Boiotien mit vielen realistischen Zügen (z.B. 14—20
von den gewalttätigen Männern und den schönen, kokett gekleideten Frauen
Thebens). Gelehrter war die Periegese Polemons (II. Jahrh.), worin auch
Inschriften als Quellen für Kunst- und Kulturgeschichte ausgenutzt waren
(Hist. Gr. fragmm. III S. 108 ff.). Einen Nachklang haben wir in der EXXAöog

ävögov Jiogs.'ag von einem Baiton 6 'AXe^-
avÖQov ßrifiaziozrjg. Strabon II 1, 6. lieber
das Weltmeer im Osten und die Küsten
Indiens und Südasiens brachten die Ent-
deckungsfahrten des Admirals Alexanders
Nearchos und anderer Seefahrer sichere
Kunde. Erhalten ist unter dem Namen des
alten persischen Entdeckungsreisenden
Skyiax (Herodot IV 44) eine allgemeine
Küstenbeschreibung der 3Weltteile (G-eogr.
Gr. min. I S. 15 ff.) und aus etwas späterer
Zeit eine Uebersetzung der von dem Kar-
thager Hanno gegebenen Beschreibung der
Westküste Afrikas (ebd. S. 1 ff.). Ueber den
hohen Norden berichtete der kühne Mas-
saliote Pytheas in seinem mit Unrecht ge-
schmähten Buch IJeql 'Qxeavov.

1 Strabon I 1 nennt ihn neben Demokrit
und Eudoxos unter den ersten Geographen

o*

zwischen den alten Ioniern und Erato-
sthenes.

2 Fuhr, Dicaearchi Messend quae super-
sunt, Darmstadt 1841. Fragmenta histori-
corum Graecorum II S. 225 ff.

3 Der Titel nur bei Laurentios Lydos,
De mensib. IV107, erhalten. Vielleicht war
eine Karte beigegeben.

4 Gemi nos, Eloay. XVII 5: eXaooov oxa-
dicov es, wg AixataQ%og dvafiELtETQ?]>ccog djio-
(palvszai.

5 Plinius, Nat. hist. II 162: Dicaearchus,
vir in primis eruditus, regum cura per-
mensus montes, ex quibus altissimum pro-
didit Pelion MCCL passuum.

6 Seine philosophischen und politischen
Schriften waren Lieblingslektüre Ciceros
(ad Att. 112, 2; 12,4; deliciae meae Tusc.
I 77).
 
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