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Heiberg, Johan L.
Geschichte der Mathematik und Naturwissenschaften im Altertum — München, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.23924#0094
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Geschichte, der Mathematik und Naturwissenschaften

neQirjyrjoig des Paüsanias (2. Jahrh.), c&em wir trotz dem unangenehmen
Firnis seiner rhetorischen Verbildung für unzählige nützliche Nachrichten
dankbar sein müssen.

iDie Arbeit des Dikaiarchos nahm etwa 100 Jahre später mit viel reicherem
Material der vielseitige alexandrinische Gelehrte Eratosthenes wieder auf.1
Sein geographisches Werk (recoygacpixd, 3 Bücher) fing mit einem Über-
blick über die Geschichte der Erdbeschreibung an, mit Homer beginnend,
über dessen geographische Kenntnisse er in Gegensatz zu der gewöhn-
lichen Uberschätzung sehr vernünftig urteilte (Strabon I 2, 2 ff.),2 und bis
zu den Forschungsreisen der Zeit Alexanders durchgeführt. Von der Kugel-
gestalt -der Erde ausgehend (Strabon I 3, 3) beschrieb er die oixovjuev?] als
eine vom Okeanos umflossene Insel (Strabon I 3, 13). Den Umfang der
Erde berechnete er zu 252000 Stadien3 durch ein rein mathematisches Ver-
fahren mit astronomischen Beobachtungen als Grundlage; Syene, an der
Südgrenze Ägyptens unter dem Wendekreis des Krebses gelegen, setzte
er auf dem- Meridian Alexandreias an in einer Entfernung von 5000 Stadien
(beides' nicht ganz genau); wenn die Sonne am Sommersolstitium in Syene
am Zenith steht, wTird der Bogen, den der Gnomonschatten in Alexandria
abschneidet, sich zum ganzen Kreis verhalten wie der Meridianbogen
zwischen den beiden Orten zum größten Kreis der Erde; dieser läßt sich
dann durch Messung am Gnomon als 50 X 5000 Stadien bestimmen.4 Bei
der mathematischen Beschreibung der oixovfievi], deren Länge er zu etwa
78000, die Breite zu 38000 Stadien schätzte,5 behielt er die Teilungslinie
des Dikaiarchos bei und teilte die Erdoberfläche durch 6 Parallelkreise und
7 Meridiankreise in ungleiche Vierecke {ocpQayldF.q), die er einzeln beschrieb.
Für den nördlichsten Teil benutzte er die Nachrichten des Pytheas,6 die
Dikaiarchos,.noch angezweifelt hatte, und für die dem Buche beigegebene
Weltkarte war er überhaupt wesentlich auf die Literatur angewiesen,7 deren
Angaben über Tagemärsche und Küstenlinien natürlich nicht für eine exakte
Kartenzeichnung ausreichten, selbst dann nicht, wenn sie wirklich durch
amtlich für ihn vorgenommene Vermessungen ergänzt wurden.8 Aber wo
exakte astronomische Beobachtungen vorlagen, hat er sie sorgfältig benutzt,
und überhaupt hat er im großen und ganzen geleistet, was mit dem vor-
handenen Material erreichbar ,war.

Eratosthenes hat kein Hehl gemacht aus der Unsicherheit mancher Nach-
richten, worauf er bauen mußte,9 und die gegen ihn bald gerichtete Kritik
ist etwas unbillig. Polemons Schrift gegen ihn10 scheint nicht besonders

1 H. Berger, Die geographischen Frag-
mente des Eratosthenes, Leipzig 1880.

2 Seinen Witz, man könne ebensogut
den Schuster suchen, der den Sack der
Winde für Aiolos genäht hatte, als die
Gegenden, wo Odysseus umherirrte, nahm
ihm noch Polybios übel (Strabon I 2,15).

3 Berger a. O. S.99ff. In einigen Quel-
len werden 250000 St. angegeben (ebd.
S. 141 f.).

4 Eine klare Beschreibung seines Ver-
fahrens bei Kleomedes I 10.

5 Strabon I 4, 2; 4, 5; die genaue Be-

stimmung der Länge ist nicht direkt über-
liefert, läßt sich aber einigermaßen be-
rechnen (Berger a. O. S. 158 ff.).

6 Strabon II 4, 2, woraus hervorgeht,
daß er ihm sonst nicht blindlings folgte.

7 Strabon II 1, 5 nach Hipparchos.

8 Vgl. Martianus Capeila VI 598: per
mensores regios.

9 Strabon XV 2, 8 {ov yäg s'xofisr xi Xsyeir
ßeXtiov jiegi avrcöv sagte er bescheiden von
seinen Angaben über die Paropamisaden).

10 Fragmm. hist. Gr. III S. 1301
 
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