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Heiberg, Johan L.
Geschichte der Mathematik und Naturwissenschaften im Altertum — München, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.23924#0102
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Geschichte der Mathematik und Naturwissenschaften

sind sehr geschätzt,1 Die Wunden werden, wie natürlich, meist chirurgisch
behandelt, aber Arznei ist nicht unbekannt,2 wenn auch nur auswendig
gebraucht; nur die vielen cpag^axa, sowohl hdXd als Xvygd, die Ägypten
hervorbringt und die Einwohner als kundige Arzte zu benutzen verstehen,
müssen zum inwendigen Gebrauch sein; denn das (pdgfiaxov vi]7ievßeg, das
Helena daher mitgebracht hat, wird im Wein eingenommen.3 Eine aber-
gläubische Kur {enaoiöfi <5' aF/xa xelacvov i!o%eßov) kommt nur einmal vor
(Od. XIX 457).4 Bei Arktinos5 werden Chirurgie und Medizin getrennt,
indem es heißt, daß Machaon die leichteren Hände bekommen, um Pfeile
auszuziehen und das Messer zu gebrauchen, während Podaleirios innere
Schäden entdeckt und heilt. Von einer solchen Trennung ist später nichts
zu verspüren; die Tätigkeit des Arztes wird mit rejuvsiv xal xaleiv (zum
Blutstillen) als in erster Linie chirurgisch bezeichnet,0 aber Solon spricht
A^on den rjma cpdgjuaxa der Ärzte, die JJaicdvog jrohxpag/idxov egyov verstehen.7
Ein oft reproduziertes Vasenbild8 des Sosias (etwa 500) stellt Achilleus
dar, der dem verwundeten Arm des Patroklos einen Verband anlegt: so-
wohl der Verband selbst als seine Handhabung ist völlig sachgemäß dar-
gestellt. Aus ungefähr derselben Zeit haben wir zuverlässige Nachrichten
von einem Arzt Demokedes aus Kroton, wohin die Pvthaporeer ionische
Wissenschaft gebracht hatten. Er war von Kroton ausgewandert, praktizierte
erst mit Glück auf Aigina zwei Jahre lang, im zweiten öffentlich angestellt
mit einer Besoldung von 1 Talent, dann 1 Jahr in Athen mit 100 Minen
Gehalt; darauf bei Polykrates auf Samos für 2 Talente. Bei der Eroberung
von Samos kommt er als Kriegsgefangener nach Susa, heilt den verrenkten
Fuß des Dareios und wird königlich belohnt. Herodotos, der dies und das
spätere Schicksal des Demokedes erzählt (III 129 ff.), erwähnt dabei ge-
legentlich, daß der Perserkönig bisher ägyptische Ärzte um sich gehabt
hatte, was gut zum Lobe der Odyssee stimmt (IV 231: in Ägypten h]xgbg
exaoxog ejiLOTd/.ievog jceqI ndvroov ävßgcojicov), und daß die Krotoniaten damals
als die besten Ärzte in Griechenland galten, die Kyrenaier als die zweit-
besten (III 131); die Geschichte zeigt, wie verbreitet die Sitte schon war,
Ärzte von Staats wegen zu berufen, und daß sie von außen hergeholt
werden mußten.

Wie weit das Mutterland, wenigstens teilweise, hinter dem aufgeklärten
Ionien zurückgeblieben war, zeigt am besten der Standpunkt des Pindaros

1 II. XI 514: h]xgog yag dvtjg jioXXcöv avz- kein Medikament.

ä^cog ällojv. 4 Die cpdgfiaxa Xvygd, wodurch Kirke die

2 Die Aerzte sind nolvcfdguaxoi II. XVI Gefährten des Odysseus verwandelt (Od.
28. Agamede, Tochter des Augeias, kennt X 234 ff.), sind Zaubermittcl und haben mit
alle (pägf.iaxa XI 740 f. Achilleus hat rjma homerischer Medizin ebensowenig zu tun
<pdg/uaxa von Oheiron gelernt; sie werden, als das Gegenmittel des Hermes (ebd.
um Schmerz zu stillen, auf die Wunde 290 ff.).

gelegt (IV 190) oder gestreut (IV 219). XI 5 Scholl. II. XI 515.

846 ff. wird eine bittere Wurzel in der Hand 6 Welcher, Kleine Schriften III (Bonn

gerieben und auf die Wunde gelegt, um 1850) S. 209 ff.

Blutung und Schmerz zu stillen. 7 Solon, Fragm. XIII 57 ff. Es wird das

3 Od. IV 219 ff. Der xvxecov, den der ver- unsichere Resultat ärztlicher Behandlung
wundete Machaon bei Nestor genießt (IL hervorgehoben.

XI 624 ff.), und der mit heutiger Hospitals- 8 Z. B. in Baumeisters Denkmäler III

diät wenig stimmt (als unhygienisch schon Taf. XOII (zu S. 2140).
von Piaton, Pol it. III 405 e, erwähnt), ist
 
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