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Heiberg, Johan L.
Geschichte der Mathematik und Naturwissenschaften im Altertum — München, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.23924#0103
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VII. Medizin

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mit dem homerischen verglichen. Während Prometheus bei Aischylos
(Prom. 480 ff.) sich rühmt, den Menschen, die weder Salben noch Getränke
(ov yoiorör ovde nioröv (p&Qjuaxov) gegen Krankheiten kannten, xgäoeig ijtt'uov
axsajudtcov gezeigt zu haben — Athen stand damals noch unter dem Ein-
fluß ionischer Kultur —, nennt Pindar (Pyth. III 51 ff.) unter den Heilmitteln,
die Asklepios gebracht hat, in erster Linie die /uakaxal ijraoidai und erst
danach Medizin und Operation.1

Die "wissenschaftliche Behandlung der Medizin ist denn auch eine Schöpfung
der kleinasiatischen Griechen, und die älteste medizinische Literatur, die wir
auf griechischem Boden kennen, ist in ionischem Dialekt geschrieben; die
Leute, die so scharf beobachteten, wie die homerischen Gleichnisse zeigen,
und rationell und frei dachten, waren eben dazu wie geschaffen, einen
festen Grund zu legen für eine xQißrj uerä Xoyov, wie die ärztliche Kirnst
einmal mit einem sehr glücklichen Ausdruck bezeichnet wird.2 Auch die
oben erwähnte Schule in Kroton ist von Ionien ausgegangen; sie hängt
zusammen mit Pythagoras aus Samos, der um 530 nach Kroton übersiedelte,
und der Vater des Demokedes war nach Suidas, ehe er dahin kam, Asklepios-
priester in Knidos und ohne Zweifel Arzt wie sein Sohn. Dieser Schule
gehörte Alkmaion,a der zuerst einen cpvoixov Xoyov geschrieben haben
soll, worin auch laroixd behandelt waren; wir haben Äußerungen von ihm
über Zeugung und besonders über die Sinne und das Gehirn, dessen Be-
deutung er erkannt hat. Kroton, die Stadt der Athleten, gab einen günstigen
Boden für die Arzte ab; die Trainierung erforderte eine streng geregelte
Diät. Schon im V. Jahrh. hatte der bei Piaton öfters genannte Herodikos
aus Selymbria Pegeln dafür gegeben (luetg~ag yvuvaonxi]v laroixfj, Piaton,
Poht. III 406a).*

Die Arzte waren in Schulen organisiert, die z. T. aus Familien bestanden,
wo die Kunst sich vom Vater auf den Sohn vererbte, und ursprünglich
an die Asklepiostempel geknüpft waren; Asklepios galt als ihr Stammvater.
Eine solche Schule gab es auf der Insel Kos, wo ein berühmtes Asklepios-
heiligtum von Alters her bestand. Der erhaltene Eid dieser Schule gibt
über die Organisation und die gesunden Grundsätze des Berufs gute Aus-
kunft. AVer in die Zunft aufgenommen werden will, muß schwören bei
Apollon, Asklepios, Hygieia und Panakeia, daß er seinen Lehrer gleich
seinen Eltern ehren und, wenn nötig, unterstützen will: die Söhne des
Lehrers soll er als seine Brüder betrachten und auf Wunsch in der Kunst
unterrichten ohne Honorar; sonst darf er keinem ärztlichen Unterricht
geben außer seinen eigenen Söhnen und solchen Schülern, die vo/jlco h-jXQixco
vereidigt und in die Zunft aufgenommen sind. Seine Kunst soll er nach
Kräften zum Besten der Kranken ausüben; tödliche Gifte soll er keinem
aushändigen, auch nicht Mittel zu Vertreibung der Leibesfrucht ; Operationen

1 Dazwischen steht yiuoig neoäjizwv jcär-
Todev (päojiay.a. Die Scholien scheinen an
Salben u. dgl. zu denken; näher liegt es,
Amulette (xeoiäuiiaia) zu verstehen.

2 Hippokrates, TlaoayyEUai 1.

3 Wachtler, De Alcmaeone Crotoni-
ata, Leipzig 1896. DiELS,Vorsokr.3I S.131ff.

Er hat das .Studium der Anatomie durch
.Sektionen von Tieren begründet.

4 Er betrachtete alsürsache all er Krank-
heiten die jrsQiaaco/uaTa der Nahrung, die
nicht durch entsprechende Bewegung und
Arbeit verarbeitet sei (Menonpap. IVlOff.).
 
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