eine Magazinvorrichtung und einzelne sonstige, das Wesen
der Waffe jedoch nicht tangirende Veränderungen erfahren hat.
Ein besonderer Erfinder kann für das neue System nicht
genannt werden; es ist ein Erzeugniß vereinter Thätigkeit
der Schießschule und der Gewehrfabrik. Eine amtliche
Verordnung, welche die reglementarischen Kommandos und
Formen für die Chargirung mit dem neuen Gewehr vor-
schreibt, ist noch nicht erschienen, und das Einüben ge-
schieht bisher nur nach den auf der Schießschule üblichen
Formen; es steht jedoch zu erwarten, daß diesbezügliche
Vorschriften in kurzer Zeit zur Ausgabe gelangen werden.
j-s Aus Süddeutschland, 31. Dez. Zu den kürzlich
beregten, momentan etwas friedlich aussehenden Friedens-
symptomen, die aber im Großen und Ganzen an der
Sachlage wenig ändern, kommt nun auch die Nachricht,
daß in Frankreich neuestens die Anforderungen für das
Kriegsbudget angeblich bedeutend ermäßigt seien. Durch
^gleichen halbwahre oder singirte Nachrichten darf man
Mrdoch keinen Sand in die Augen streuen lassen und
Drehen jent Preßorgane, welche der Ansicht sind, es
Mn. im deutschen Reichstage diejenigen Parteien,
M eine Armeevcrmchrung seien, nun auf ihrem
MVerhalten um so entschiedener bestehen. Die
Wersten Zeit des Monats Januar wieder be-
Mchstags-Vcrhandlungen werden, wie über so
Mre, auch über diesen Punkt näheren Auf-
M. Seit langer Zeit ist an der Jahres-
Mt die Schwelle des neuen Jahres unter
M und dabei noch ungewissen Aussichten be-
M Die anscheinend augenblicklich etwas ge-
wird anderseits durch die neueste Nach-
richt verschärft, daß die Bulgaren nun doch den srühern
Fürsten Alexander wieder wählen wollen. Für die rus-
sische, von Kaulbars in Szene gesetzte Politik wäre dies
ein Schlag ins Gesicht, den sie wohl verdient hätte. Ueber
dem ungeberdigen Trachten, Alles zu gewinnen, würde sie
Alles verlieren. Keiner der vorgeschlagenen Throncandi-
daten war dem Petersburger Hofe genehm. Es bestand
dieser hartnäckig, so wie Shylok im „Kaufmann von Ve-
nedig" aus seinem Scheine: Nur ein gefügiger russisch-
asiatischer Satrape sollte in Sofia thronen! Dem Czaren
ist cs in dieser Sache — um ein anderes Bild zu ge-
brauchen — bis jetzt ergangen, wie jenem altrömischen
Könige, welcher die ihm dargebotenen sibyllinischen Bücher
verschmähte, bis er zuletzt, nachdem alle bis auf eines ver-
brannt worden waren, um dieses Eine herzlich froh war.
Ob der Czar selbst dieses Letzte verschmäht? — auch hier-
über und die hieran sich knüpfenden gewichtigen Folgen
wird uns das Jahr 1887 Aufschluß bringen.
Hesterreich A«garn.
Wien, 28. Dez. Der Austritt der Deutschen aus
dem böhmischen Landtage, wird von der Presse angesichts
der hierzulande herrschenden „Preßunfreiheit" mit großer
Vorsicht behandelt. Die „Neue Freie Presse" schließt ihre
Betrachtung mit den resignirtcn Worten: Für das Ver-
söhnungsministerium Taaffe scheint uns einiger Anlaß vor-
handen zu sein, darüber nachzudenken, ob es durchaus
nothwendig war, die politische Kraft des deutschen Volkes
dieser Probe zu unterwerfen. Besäßen wir nur so viel
Freiheit der Sprache, wie sie selbst noch unter Hohenwart
bestand, so wäre es ein Leichtes, zu zeigen, wo die Ur-
sachen der auch von den Regierungsblättern beklagten Lage
zu suchen sind und wo daher die erforderlichen Heilmittel
anzuwenden wären. Wir können aber um so ruhiger
darauf verzichten, da dieThatsachen in ihrer durchdringen-
den Sprache zu reden anfangen. Einstweilen scheint aller-
dings das Ministerium noch keine große Neigung zu be-
sitzen, auf die Sprache zu hören, sonst würde es sich nicht
bei Männern wie Freiherr v. Kraus und Fürst Lobkowitz
Rath erholen. Aber da man einmal wenigstens beim
„Mr. Crafton! Was meinen Sie?"
„Ich meine, was ich sage, Sir, daß Mr. Crafton
gestern Abend hierher kam und in diesem Hause schlief und
heute Morgen sein Frühstück mit mir bei einem Nachbar
einnahm."
„Das ist ein sonderbarer Jrrthum," erklärte Mr.
Crafton nach kurzem Nachdenken. „Ich bin Malored
Crafton und hier ist zu meinem Ausweis Gretchen's Brief
an mich."
Er gab Brief und Couvert dem Bauer, welcher
Beides betrachtete.
„Das ist der Brief," sagte er. „Ich erkenne Couvert
und Papier, welches ich selbst der alten Frau gegeben
habe; auch der Poststempel ist richtig. Ja, das ist der
Brief, ohne Zweifel. Der andere Mann hatte keinen Brief,
er hatte keine Beweise, aber der Doktor kannte ihn, und
er kannte den Doktor. Es ist sonderbar."
„Ein Mann kam gestern Abend hierher und gab sich
für mich aus?" äußerte Crafton nachsinnend. .Seltsam!
Ich verließ London sogleich nach Empfang des Briefes;
Niemand weiß daß ich ihn erhalten —- wenigstens ahnt
Niemand etwas von seinem Inhalt! Wie sah der Mann
aus, der sich meinen Namen zulegte?"
„Es war ein starker Mann mit rsthem Gesicht, kleinen
grauen Augen, großem, röthlichem Bart und freundlichen,
ruhigen Manieren," sagte der Bauer bedächtig. „Wir
mochten ihn Alle leiden."
Crafton ließ eine Reihe seiner Bekannten in seinen
Gedanken Revue passiren, und da er noch immer Lady
Trevor mit dem Verschwinden Miß Romberg's in Ver-
bindung brachte, blieben seine Gedanken auf Pulsord haften.
„Ich kenne nur einen Mann, auf den ihre Be-
schreibung paßt," bemerkte er, „er heißt Pulsord."
„So nannte ihn auch die alte Frau!" fiel ihm der
Bauer hastig in's Wort.» „Sie behauptete, daß er durchaus
nicht Crafton, sondern Pulsord sei."
(Fortsetzung folgt.)
Berathen angelangt ist, so kann es wohl auch noch anders
kommen.
Kngkavd.
London, 30. Dez. Der Minister des Aeußern, Lord
Jddesleigh, empfing gestern Nachmittags die bulgarische
Deputation in herzlicher Weise und betonte die Sym-
pathie Englands für Bulgarien/ Lord Jddesleigh lud
die Deputation ein, sein Schloß bei Exeter zu besichtigen,
welche Einladung die Deputation annahm. Der frühere
Generalkonsul in Sofia, Frank Lascelles, welcher der
Unterredung beiwohnte, folgte der Einladung ebenfalls.
Die bulgarischen Delegirten werden sich von hier nach
Paris begeben, wo sie bisher noch nicht verweilt haben.
— Lord Hartington ist gestern Abend um acht Uhr hier
eingetrosien.
Wulgarie«.
Sofia, 28. Dez. Ueber Karaweloff, dessen zweideu-
tiges Verhalten gegen den Fürsten Alexander von bul-
garischer Seite in letzter Zeit oft genug gebrandmarkt ist,
dringt jetzt eine neue Enthüllung an die Oesientlichkcit.
Die „Nesavisima Bolgoria" berichtet: Ein Unterschleif
Karaweloff's wurde entdeckt. Gemeinsam mit dem ehe-
maligen Kriegsminister Nikisoroff unterschlug er Beträge
für 6000 Soldaten-Ausrüstungen. Das Blatt verlangt
die Bestrafung der Betrüger.
Wußkaud.
Petersburg, 30. Dez. Generalmajor Kaulbars ist
zur Verfügung des Oberbefehlshabers der Gardetruppen
des Petersburger Militärbezirks gestellt worden.
Aus Nah und Fern.
* Karlsruhe, 28. Dez. Die Badische historische
Kommission hat soeben mit der Veröffentlichung eines
neuen wichtigen Werkes begonnen, an welchem seit Be-
gründung der Kommission gearbeitet worden war. Es
wurde dieser Tage die erste Lieferung der Regesten der
Pfalzgrafen am Rhein 1214—1400 ausgegeben, welche
(unter Leitung des Geh. Hofrathes und Professors Dr.
Eduard Winkelmann) Dr. Adolf Koch und Dr. Jakob
Wille bearbeiten. Die 10 Bogen in 4« umfassende 1.
Lieferung enthält Regesten von pfalzgräflichen bezw. auf
die Geschichte der Pfalzgrafen bezüglichen Urkunden aus
den Jahren 1214—1296. Das Werk ist von großer Be-
deutung für die Geschichte der jetzt zu Baden gehörigen
ehemals kurpfälzischcn Gebictstheile.
! * Karlsruhe, 29. Dez. Als Nachfolger für Hof-
capellmeister Felix Mottl soll nunmehr bestimmt Kapell-
meister Emil Steinbach berufen sein, welcher seit einer
Reihe von Jahren die Oper in Mainz in vorzüglicher
Weise leitete. Herr Steinbach ist ein geborener Badener
aus Grünsfeldt im Tauberthal. Der Bruder Steinbachs
wurde bekanntlich vor einigen Monaten als Nachfolger
Hans v. Bülows nach Meiningen berufen.
* Mannheim, 29. Dezbr. Die Umwandlung der
Christoph Hoffmann'schen Brauerei (Stadt Lück) in eine
Aktiengesellschaft, wovon bereits seit nahezu einem viertel
Jahr die Rede war, ist nunmehr gestern Abend perfekt
geworden. Um den Preis von 800000 Mk. wurde das
gestimmte Anwesen von einem Consortinm, bestehend aus
den Herren Bankier Maas, R. Wassermann, R. Sepp,
G. Federhaff, R. Sauerbeck, ,A. Lenel, S. Bensheim und
Dr. I. Rosenfeld von hier und L. Giesel in Neustadt
a. H. käuflich übernommen und sind auch bereits die
Aktien sämmtlich in festen Händen; es soll auch nicht be-
absichtigt sein, die Aktien an den Markt zu bringen.
K Vom Hintern Odenwald, 30. Dez. Der Schnee,
der über einen Meter hoch lag, ist jetzt bei 4—6 Grad
Wärme bis auf 20 — 30 em Höhe geschmolzen und sind
sogar in Thalgründen größere Stellen vollständig frei.
Die Schaafebesttzer, die ihre Heerden schon in den ersten
Tagen des hohen Schneefalles mit großer-Mühe von der
Winterweide heimgetrieben haben um die Thiere in ihren
Scheuern füttern zu können beabsichtigen, schon in den
ersten Tagen des neuen Jahres bei der so anhaltenden
Temperatur, die gepachteten Weiden wieder zu betreiben;
was auch den Schaafezüchtern zu wünschen ist, wenn man
weiß, welch großes Quantum Dürrfutter diese Thiere
täglich verzehren und noch nebenbei der Weidepacht fort-
läuft.
* Aus dem Murgthale, 28. Dez. Die Ungeheuern
Schneemassen brachten bei uns für den Wildstand recht
schlimme Folgen. Besonders sind unsere Wildschweine in
keiner guten Situation. Sie nähern sich den Dörfern
und werden hier — wie dies in Bermersbach geschehen
— von den Bewohnern verfolgt und sogar mit Prügel-
streichen getödtet. In der über ein Meter hohen Schnee-
schichte können sich die Borstenthicre nur mühsam fortbe-
wegen; sie wählen deßhalb zu ihrem Weg das Bett der
in die Murg fließenden Bäche. So sieht man fast täg-
lich im Scheerbach Wildschweine herauf und herab kommen.
Sechs Stück wurden in der Nähe von Bermersbach er-
schlagen.
* Frankfurt, 30. Dez. Wie den „Münchener N-
N." gemeldet wird, ist in Frankfurt eine Falschmünzer.
Werkstätte entdeckt worden. Mehrere Personen sind verhaftet.
* Mainz, 28. Dez. Die Affaire des verstorbenen
Rechners an der Qintinskirche, Trautwein, der ungefähr
19000 Mark unterschlagen hat und sich später in Köln
erhängte, ist um ein interessantes Moment reicher gewor-
den. Der Bürgermeisterei gingen am ersten Weihnachts-
feiertag von unbekannter Hand 1500 Mark in Werth-
papieren zu, die, wie sich jetzt herausstellt, die von Traut-
wein im Betrag von 900 M- geleistete Kaution und
600 M. des Kirchenfonds repräsentiren. Trautwcin hatte
seiner Zeit die Papiere unter dem Vorwand erhoben, daß
sie gekündigt worden seien und daß er sie gegen andere
umtauschen wolle. Obige 1500 M. wurden der Kirchen-
kasse überliefert, deren Deficit dadurch um etwas ver-
ringert ist. Wer der Absender ist, wurde bis jetzt nicht
ermittelt.
München, 28. Dez. Ein prächtiges Weihnachts-
geschenk — berichten die hiesigen „Neuesten Nachrichten" —
hat gestern Prinz Ludwig vom deutschen Kronprinzen er-
halten, und zwar einen Ehrendegen, der auf der Klinge
die Widmung trägt: „Friedrich Wilhelm, Kronprinz des
deutschen Reiches und von Preußen, seinem lieben Freunde
Ludwig, Prinz von Bayern".
* Aus Baden, 30. Dez. In Walds Hut kam Bahn-
hofarbeiter Berthold Kaiser beim Freimachen des Geleises
von Schnee unter eine Abtheilung von 8 Wagen, welche
von einer schweizerischen Maschine geschoben wurden. Die
Wagen gingen über Kaiser weg, ohne ihn zu beschädigen.
Dagegen erhielt derselbe durch den Aschenkasten der Maschine
Verletzungen, die es nöthig machten, den Kaiser in das
Spital zu bringen. — Im Kammerforst Bruchsal be-
trägt das in Folge des letzten Schnees gefallene Holz
1200 Fcstmeter. — In einem Bauernhaus zu Kronau
wurde ein reisender Handwerksbursche mit Speise und Trank
erquickt. Zum Dank nahm er die silberne Taschenuhr
seines Gastfreundcs mit. — In Mingolsheim trafein
Jagdaufseher statt des Wildes einen Bauersmann. Die
Schrote gingen dem Getroffenen durch den Ellenbogen, so
daß ihm vielleicht dauernder Schaden erwächst. — Der
Braubursche, der in Freiburg seine Füße mittelst heißen
Wassers verbrühte, ist gestorben. — In Unter öwisheim
brachte ein Landwirth seinen Tabak besseren „Anziehens"
wegen in den Kuhstall, zwei Kühe fraßen von dem Kraut
und mußten die Thiere in Folge hievon getödtet werden.
— In Weil, A. Lörrach, glitt ein Reisender aus Er-
furt aus und erlitt einen Oberschenkelbruch. — Ein Metzger-
bursche in Lörrach ging mit seinem geladenen Revolver
unvorsichtig um, die Waffe entlud sich und eine Kugel
drang dem Burschen mitten durch die Hand.
Lokales.
* Heidelberg, 31. Dez. (Liederkranz.) Der hiesige Lieder-
kranz gab gestern und vorgestern seinen Mitgliedern und deren
Familienangehörigen je eine Weihnachtsaufführung. Beide waren,
wie nicht anders zu erwarten, sehr zahlreich besucht und fand
das Gebotene wohlverdienten Beifall. Ueber die gesanglichen
Leistungen des „Liederkran;" haben wir uns schon so häufig in
dieselben würdigender Weise ausgesprochen, daß wir sofort zum
zweiten Theil des hübschen Programm's, der reizend dargestellten
lebenden Bildern, welche einen recht weihevollen Eindruck machten,
übergehen können. Auch die Decorationen waren von effekt-
vollster Wirkung und das ganze Arrangement vollendet, ebenso
wie die von Herrn Director Halven componirte Musik zu den
reizenden und erhebenden Weihnachtsbildern.
* Heidelberg, 31. Dez. (Noble Handlung.) Wie dies schon
seit einigen Jahren geschieht, bereitet auch an diesem Neujahrs-
tage Herr Stadtrath Dr. Lobstein den unbemittelten Familien
des Schloßberg's dadurch eine rechte Neujahrsfreude, daß er für
den hübschen Betrag von 120 Mark Fleisch und Brod unter sie
vertheilen läßt. Daß die armen, in solch edler Weise unterstützten
Familien stets dankbar, sind für die Neujahrsgabe, wird wohl
kaum bemerkt zu werden brauchen.
* Heidelberg, 31. Dez. (Verlobt) Wie wir hören, hat sich
der Großh. Gesandte am kgl. preußischen Hofe, Freiherr v. Mar-
schall mit der Freiin Marie v. Gemmingen, Tochter des großh.
Oberkammerherrn, Freiherrn von und zu Gemmingen verlobt.
Diese Nachricht wird die vielen Freunde und Bekannten, die
Herr v. Marschall auch in hiesiger Stadt hat, gewiß mit Freude
erfüllen.
* Heidelberg, 31. Dez. (Christbaum-Verloosung.) Die
gestern Abend im „Deutschen Kaiser" stattgehabte Christbaum-
Verloosung hatte ein Reinergebniß von 14 Mark, welches dem
Rettungshaus übermittelt wurde.
* Heidelberg, 31. Dez. (Glatteis.) Bei dem über Nacht
sich gebildeten Glatteise ist dringend zu wünschen, daß den poli-
zeilichen Bestimmungen gemäß, die Herren Hausbesitzer genügend
streuen lassen und so manchem Unfall vorbeugen. Unterbleibt
das Streuen, so sind die Passanten den Gefahren des Stürzens,
das nicht selten diese oder jene Verletzung im Gefolge hat,
ausgesetzt.
* Heidelberg, 31. Dez. (Aus Muthwillen.) Gestern konnte
ein etwa Usiähriger Junge dem Drange nicht widerstehen, einem
gleichalten Mädchen, welches auf dem Heimwege begriffen, gegen
den Bismarckplatz kam, einen nassen Schneeball mit solcher Ve-
hemens an den Kopf zu werfen, daß das Mädchen, um die
Schmerzen einigermaßen zu lindern, während der ganzen letzten
Nacht Eisüberschläge machen mußte. DadisseHandlungsweise schon
mehr den Charakter der Rohheit, als des Muthwrllens trägt,
dürfte sie dem Jungen übel aufstoßen, denn die Sache kam, wie
wir hören, zur Anzeige.
* Heidelberg, 31. Dez. (An einander gerathen.) Gestern
begegneten sich am Wredeplatz ein dahier bediensteter Bäcker-
geselle und ein Bäckerlehrling. Kaum wurde der Erstere des
Letzteren ansichtig, als er ihm Schläge mit der Hand ins Ge-
sicht versetzte und so den Jungen ohne allen Grund mißhandelte.
Die Animosität des Gesellen gegen den Lehrling soll aus einer
früheren Streitigkeit zwischen Beiden herrühren, doch behauptet
der Thäter, sein Gegner habe die Sache dadurch provozirt, daß
er ihn ein „Kameel" geheißen habe.
* Heidelberg, 31. Dez. (Ein Unband.) Ein in einem
hiesigen Gasthause logierenden Handwerksgeselle hatte gestern
seinen bösen Tag, denn statt letzte Nacht in seinem Schlafzimmer
zu bleiben un--> sich ruhig zu verhalten, verließ er ohne jegliche
Veranlassung dasselbe und begab sich in ein anderes, von einigen
anderen Gesellen bewohntes Zimmer, jedoch nicht etwa um sich
die Zeit zu verkürzen, vielmehr nur um Streithändel anzufangen.
Als der Scandal zu arg wurde, erachtete es der Wirth als seine
Pflicht, den Störenfried vor die Thürs zu setzen. Dies brachte
den Menschen aber erst recht in Harnisch, er schimpfte und tobte,
bis ihn die Polizei zur Rcnson brachte.
* Heidelberg, 31. Dezember. (Fremdenliste.) Die heutige
Fremdenliste der hiesigen Gasthöfe führt an Fremden auf 152
Personen. _.
Schöffengericht Keidelöerg.
Sitzung vom 30. Dez. Vorsitzender Herr Oberamtsrichter
Süpfle, Vertreter der Großh. Staatsbehörde Herr Referendär
Bonne, Gerichtsschreiber Herr Aktuar Dietrich. Schöffen die
Herren Professor Gustav Holzer in Neuenheim und Landwirth
Peter Miltner von Dossenheim. Zur Verhandlung kamen fol-
gende Straffälle:
1) Jakob Link von hier, wegen Thätlichkeiten. Derselbe
unterwarf sich vor der Verhandlung der polizeilichen Strafver-
fügung.
2) Johann Ellenwanger Eheleute wurden von der Anklage
des Bettels kostenlos freigesprochen.
3) Adam Fischer von Heddesbach, wegen Körperverletzung.
Derselbe warf dem Küfer Friedrich Elsner von Langenthal, Gr.
Hessen, nach vorher gegangenem Wortwechsel ein Bierglas an
der Waffe jedoch nicht tangirende Veränderungen erfahren hat.
Ein besonderer Erfinder kann für das neue System nicht
genannt werden; es ist ein Erzeugniß vereinter Thätigkeit
der Schießschule und der Gewehrfabrik. Eine amtliche
Verordnung, welche die reglementarischen Kommandos und
Formen für die Chargirung mit dem neuen Gewehr vor-
schreibt, ist noch nicht erschienen, und das Einüben ge-
schieht bisher nur nach den auf der Schießschule üblichen
Formen; es steht jedoch zu erwarten, daß diesbezügliche
Vorschriften in kurzer Zeit zur Ausgabe gelangen werden.
j-s Aus Süddeutschland, 31. Dez. Zu den kürzlich
beregten, momentan etwas friedlich aussehenden Friedens-
symptomen, die aber im Großen und Ganzen an der
Sachlage wenig ändern, kommt nun auch die Nachricht,
daß in Frankreich neuestens die Anforderungen für das
Kriegsbudget angeblich bedeutend ermäßigt seien. Durch
^gleichen halbwahre oder singirte Nachrichten darf man
Mrdoch keinen Sand in die Augen streuen lassen und
Drehen jent Preßorgane, welche der Ansicht sind, es
Mn. im deutschen Reichstage diejenigen Parteien,
M eine Armeevcrmchrung seien, nun auf ihrem
MVerhalten um so entschiedener bestehen. Die
Wersten Zeit des Monats Januar wieder be-
Mchstags-Vcrhandlungen werden, wie über so
Mre, auch über diesen Punkt näheren Auf-
M. Seit langer Zeit ist an der Jahres-
Mt die Schwelle des neuen Jahres unter
M und dabei noch ungewissen Aussichten be-
M Die anscheinend augenblicklich etwas ge-
wird anderseits durch die neueste Nach-
richt verschärft, daß die Bulgaren nun doch den srühern
Fürsten Alexander wieder wählen wollen. Für die rus-
sische, von Kaulbars in Szene gesetzte Politik wäre dies
ein Schlag ins Gesicht, den sie wohl verdient hätte. Ueber
dem ungeberdigen Trachten, Alles zu gewinnen, würde sie
Alles verlieren. Keiner der vorgeschlagenen Throncandi-
daten war dem Petersburger Hofe genehm. Es bestand
dieser hartnäckig, so wie Shylok im „Kaufmann von Ve-
nedig" aus seinem Scheine: Nur ein gefügiger russisch-
asiatischer Satrape sollte in Sofia thronen! Dem Czaren
ist cs in dieser Sache — um ein anderes Bild zu ge-
brauchen — bis jetzt ergangen, wie jenem altrömischen
Könige, welcher die ihm dargebotenen sibyllinischen Bücher
verschmähte, bis er zuletzt, nachdem alle bis auf eines ver-
brannt worden waren, um dieses Eine herzlich froh war.
Ob der Czar selbst dieses Letzte verschmäht? — auch hier-
über und die hieran sich knüpfenden gewichtigen Folgen
wird uns das Jahr 1887 Aufschluß bringen.
Hesterreich A«garn.
Wien, 28. Dez. Der Austritt der Deutschen aus
dem böhmischen Landtage, wird von der Presse angesichts
der hierzulande herrschenden „Preßunfreiheit" mit großer
Vorsicht behandelt. Die „Neue Freie Presse" schließt ihre
Betrachtung mit den resignirtcn Worten: Für das Ver-
söhnungsministerium Taaffe scheint uns einiger Anlaß vor-
handen zu sein, darüber nachzudenken, ob es durchaus
nothwendig war, die politische Kraft des deutschen Volkes
dieser Probe zu unterwerfen. Besäßen wir nur so viel
Freiheit der Sprache, wie sie selbst noch unter Hohenwart
bestand, so wäre es ein Leichtes, zu zeigen, wo die Ur-
sachen der auch von den Regierungsblättern beklagten Lage
zu suchen sind und wo daher die erforderlichen Heilmittel
anzuwenden wären. Wir können aber um so ruhiger
darauf verzichten, da dieThatsachen in ihrer durchdringen-
den Sprache zu reden anfangen. Einstweilen scheint aller-
dings das Ministerium noch keine große Neigung zu be-
sitzen, auf die Sprache zu hören, sonst würde es sich nicht
bei Männern wie Freiherr v. Kraus und Fürst Lobkowitz
Rath erholen. Aber da man einmal wenigstens beim
„Mr. Crafton! Was meinen Sie?"
„Ich meine, was ich sage, Sir, daß Mr. Crafton
gestern Abend hierher kam und in diesem Hause schlief und
heute Morgen sein Frühstück mit mir bei einem Nachbar
einnahm."
„Das ist ein sonderbarer Jrrthum," erklärte Mr.
Crafton nach kurzem Nachdenken. „Ich bin Malored
Crafton und hier ist zu meinem Ausweis Gretchen's Brief
an mich."
Er gab Brief und Couvert dem Bauer, welcher
Beides betrachtete.
„Das ist der Brief," sagte er. „Ich erkenne Couvert
und Papier, welches ich selbst der alten Frau gegeben
habe; auch der Poststempel ist richtig. Ja, das ist der
Brief, ohne Zweifel. Der andere Mann hatte keinen Brief,
er hatte keine Beweise, aber der Doktor kannte ihn, und
er kannte den Doktor. Es ist sonderbar."
„Ein Mann kam gestern Abend hierher und gab sich
für mich aus?" äußerte Crafton nachsinnend. .Seltsam!
Ich verließ London sogleich nach Empfang des Briefes;
Niemand weiß daß ich ihn erhalten —- wenigstens ahnt
Niemand etwas von seinem Inhalt! Wie sah der Mann
aus, der sich meinen Namen zulegte?"
„Es war ein starker Mann mit rsthem Gesicht, kleinen
grauen Augen, großem, röthlichem Bart und freundlichen,
ruhigen Manieren," sagte der Bauer bedächtig. „Wir
mochten ihn Alle leiden."
Crafton ließ eine Reihe seiner Bekannten in seinen
Gedanken Revue passiren, und da er noch immer Lady
Trevor mit dem Verschwinden Miß Romberg's in Ver-
bindung brachte, blieben seine Gedanken auf Pulsord haften.
„Ich kenne nur einen Mann, auf den ihre Be-
schreibung paßt," bemerkte er, „er heißt Pulsord."
„So nannte ihn auch die alte Frau!" fiel ihm der
Bauer hastig in's Wort.» „Sie behauptete, daß er durchaus
nicht Crafton, sondern Pulsord sei."
(Fortsetzung folgt.)
Berathen angelangt ist, so kann es wohl auch noch anders
kommen.
Kngkavd.
London, 30. Dez. Der Minister des Aeußern, Lord
Jddesleigh, empfing gestern Nachmittags die bulgarische
Deputation in herzlicher Weise und betonte die Sym-
pathie Englands für Bulgarien/ Lord Jddesleigh lud
die Deputation ein, sein Schloß bei Exeter zu besichtigen,
welche Einladung die Deputation annahm. Der frühere
Generalkonsul in Sofia, Frank Lascelles, welcher der
Unterredung beiwohnte, folgte der Einladung ebenfalls.
Die bulgarischen Delegirten werden sich von hier nach
Paris begeben, wo sie bisher noch nicht verweilt haben.
— Lord Hartington ist gestern Abend um acht Uhr hier
eingetrosien.
Wulgarie«.
Sofia, 28. Dez. Ueber Karaweloff, dessen zweideu-
tiges Verhalten gegen den Fürsten Alexander von bul-
garischer Seite in letzter Zeit oft genug gebrandmarkt ist,
dringt jetzt eine neue Enthüllung an die Oesientlichkcit.
Die „Nesavisima Bolgoria" berichtet: Ein Unterschleif
Karaweloff's wurde entdeckt. Gemeinsam mit dem ehe-
maligen Kriegsminister Nikisoroff unterschlug er Beträge
für 6000 Soldaten-Ausrüstungen. Das Blatt verlangt
die Bestrafung der Betrüger.
Wußkaud.
Petersburg, 30. Dez. Generalmajor Kaulbars ist
zur Verfügung des Oberbefehlshabers der Gardetruppen
des Petersburger Militärbezirks gestellt worden.
Aus Nah und Fern.
* Karlsruhe, 28. Dez. Die Badische historische
Kommission hat soeben mit der Veröffentlichung eines
neuen wichtigen Werkes begonnen, an welchem seit Be-
gründung der Kommission gearbeitet worden war. Es
wurde dieser Tage die erste Lieferung der Regesten der
Pfalzgrafen am Rhein 1214—1400 ausgegeben, welche
(unter Leitung des Geh. Hofrathes und Professors Dr.
Eduard Winkelmann) Dr. Adolf Koch und Dr. Jakob
Wille bearbeiten. Die 10 Bogen in 4« umfassende 1.
Lieferung enthält Regesten von pfalzgräflichen bezw. auf
die Geschichte der Pfalzgrafen bezüglichen Urkunden aus
den Jahren 1214—1296. Das Werk ist von großer Be-
deutung für die Geschichte der jetzt zu Baden gehörigen
ehemals kurpfälzischcn Gebictstheile.
! * Karlsruhe, 29. Dez. Als Nachfolger für Hof-
capellmeister Felix Mottl soll nunmehr bestimmt Kapell-
meister Emil Steinbach berufen sein, welcher seit einer
Reihe von Jahren die Oper in Mainz in vorzüglicher
Weise leitete. Herr Steinbach ist ein geborener Badener
aus Grünsfeldt im Tauberthal. Der Bruder Steinbachs
wurde bekanntlich vor einigen Monaten als Nachfolger
Hans v. Bülows nach Meiningen berufen.
* Mannheim, 29. Dezbr. Die Umwandlung der
Christoph Hoffmann'schen Brauerei (Stadt Lück) in eine
Aktiengesellschaft, wovon bereits seit nahezu einem viertel
Jahr die Rede war, ist nunmehr gestern Abend perfekt
geworden. Um den Preis von 800000 Mk. wurde das
gestimmte Anwesen von einem Consortinm, bestehend aus
den Herren Bankier Maas, R. Wassermann, R. Sepp,
G. Federhaff, R. Sauerbeck, ,A. Lenel, S. Bensheim und
Dr. I. Rosenfeld von hier und L. Giesel in Neustadt
a. H. käuflich übernommen und sind auch bereits die
Aktien sämmtlich in festen Händen; es soll auch nicht be-
absichtigt sein, die Aktien an den Markt zu bringen.
K Vom Hintern Odenwald, 30. Dez. Der Schnee,
der über einen Meter hoch lag, ist jetzt bei 4—6 Grad
Wärme bis auf 20 — 30 em Höhe geschmolzen und sind
sogar in Thalgründen größere Stellen vollständig frei.
Die Schaafebesttzer, die ihre Heerden schon in den ersten
Tagen des hohen Schneefalles mit großer-Mühe von der
Winterweide heimgetrieben haben um die Thiere in ihren
Scheuern füttern zu können beabsichtigen, schon in den
ersten Tagen des neuen Jahres bei der so anhaltenden
Temperatur, die gepachteten Weiden wieder zu betreiben;
was auch den Schaafezüchtern zu wünschen ist, wenn man
weiß, welch großes Quantum Dürrfutter diese Thiere
täglich verzehren und noch nebenbei der Weidepacht fort-
läuft.
* Aus dem Murgthale, 28. Dez. Die Ungeheuern
Schneemassen brachten bei uns für den Wildstand recht
schlimme Folgen. Besonders sind unsere Wildschweine in
keiner guten Situation. Sie nähern sich den Dörfern
und werden hier — wie dies in Bermersbach geschehen
— von den Bewohnern verfolgt und sogar mit Prügel-
streichen getödtet. In der über ein Meter hohen Schnee-
schichte können sich die Borstenthicre nur mühsam fortbe-
wegen; sie wählen deßhalb zu ihrem Weg das Bett der
in die Murg fließenden Bäche. So sieht man fast täg-
lich im Scheerbach Wildschweine herauf und herab kommen.
Sechs Stück wurden in der Nähe von Bermersbach er-
schlagen.
* Frankfurt, 30. Dez. Wie den „Münchener N-
N." gemeldet wird, ist in Frankfurt eine Falschmünzer.
Werkstätte entdeckt worden. Mehrere Personen sind verhaftet.
* Mainz, 28. Dez. Die Affaire des verstorbenen
Rechners an der Qintinskirche, Trautwein, der ungefähr
19000 Mark unterschlagen hat und sich später in Köln
erhängte, ist um ein interessantes Moment reicher gewor-
den. Der Bürgermeisterei gingen am ersten Weihnachts-
feiertag von unbekannter Hand 1500 Mark in Werth-
papieren zu, die, wie sich jetzt herausstellt, die von Traut-
wein im Betrag von 900 M- geleistete Kaution und
600 M. des Kirchenfonds repräsentiren. Trautwcin hatte
seiner Zeit die Papiere unter dem Vorwand erhoben, daß
sie gekündigt worden seien und daß er sie gegen andere
umtauschen wolle. Obige 1500 M. wurden der Kirchen-
kasse überliefert, deren Deficit dadurch um etwas ver-
ringert ist. Wer der Absender ist, wurde bis jetzt nicht
ermittelt.
München, 28. Dez. Ein prächtiges Weihnachts-
geschenk — berichten die hiesigen „Neuesten Nachrichten" —
hat gestern Prinz Ludwig vom deutschen Kronprinzen er-
halten, und zwar einen Ehrendegen, der auf der Klinge
die Widmung trägt: „Friedrich Wilhelm, Kronprinz des
deutschen Reiches und von Preußen, seinem lieben Freunde
Ludwig, Prinz von Bayern".
* Aus Baden, 30. Dez. In Walds Hut kam Bahn-
hofarbeiter Berthold Kaiser beim Freimachen des Geleises
von Schnee unter eine Abtheilung von 8 Wagen, welche
von einer schweizerischen Maschine geschoben wurden. Die
Wagen gingen über Kaiser weg, ohne ihn zu beschädigen.
Dagegen erhielt derselbe durch den Aschenkasten der Maschine
Verletzungen, die es nöthig machten, den Kaiser in das
Spital zu bringen. — Im Kammerforst Bruchsal be-
trägt das in Folge des letzten Schnees gefallene Holz
1200 Fcstmeter. — In einem Bauernhaus zu Kronau
wurde ein reisender Handwerksbursche mit Speise und Trank
erquickt. Zum Dank nahm er die silberne Taschenuhr
seines Gastfreundcs mit. — In Mingolsheim trafein
Jagdaufseher statt des Wildes einen Bauersmann. Die
Schrote gingen dem Getroffenen durch den Ellenbogen, so
daß ihm vielleicht dauernder Schaden erwächst. — Der
Braubursche, der in Freiburg seine Füße mittelst heißen
Wassers verbrühte, ist gestorben. — In Unter öwisheim
brachte ein Landwirth seinen Tabak besseren „Anziehens"
wegen in den Kuhstall, zwei Kühe fraßen von dem Kraut
und mußten die Thiere in Folge hievon getödtet werden.
— In Weil, A. Lörrach, glitt ein Reisender aus Er-
furt aus und erlitt einen Oberschenkelbruch. — Ein Metzger-
bursche in Lörrach ging mit seinem geladenen Revolver
unvorsichtig um, die Waffe entlud sich und eine Kugel
drang dem Burschen mitten durch die Hand.
Lokales.
* Heidelberg, 31. Dez. (Liederkranz.) Der hiesige Lieder-
kranz gab gestern und vorgestern seinen Mitgliedern und deren
Familienangehörigen je eine Weihnachtsaufführung. Beide waren,
wie nicht anders zu erwarten, sehr zahlreich besucht und fand
das Gebotene wohlverdienten Beifall. Ueber die gesanglichen
Leistungen des „Liederkran;" haben wir uns schon so häufig in
dieselben würdigender Weise ausgesprochen, daß wir sofort zum
zweiten Theil des hübschen Programm's, der reizend dargestellten
lebenden Bildern, welche einen recht weihevollen Eindruck machten,
übergehen können. Auch die Decorationen waren von effekt-
vollster Wirkung und das ganze Arrangement vollendet, ebenso
wie die von Herrn Director Halven componirte Musik zu den
reizenden und erhebenden Weihnachtsbildern.
* Heidelberg, 31. Dez. (Noble Handlung.) Wie dies schon
seit einigen Jahren geschieht, bereitet auch an diesem Neujahrs-
tage Herr Stadtrath Dr. Lobstein den unbemittelten Familien
des Schloßberg's dadurch eine rechte Neujahrsfreude, daß er für
den hübschen Betrag von 120 Mark Fleisch und Brod unter sie
vertheilen läßt. Daß die armen, in solch edler Weise unterstützten
Familien stets dankbar, sind für die Neujahrsgabe, wird wohl
kaum bemerkt zu werden brauchen.
* Heidelberg, 31. Dez. (Verlobt) Wie wir hören, hat sich
der Großh. Gesandte am kgl. preußischen Hofe, Freiherr v. Mar-
schall mit der Freiin Marie v. Gemmingen, Tochter des großh.
Oberkammerherrn, Freiherrn von und zu Gemmingen verlobt.
Diese Nachricht wird die vielen Freunde und Bekannten, die
Herr v. Marschall auch in hiesiger Stadt hat, gewiß mit Freude
erfüllen.
* Heidelberg, 31. Dez. (Christbaum-Verloosung.) Die
gestern Abend im „Deutschen Kaiser" stattgehabte Christbaum-
Verloosung hatte ein Reinergebniß von 14 Mark, welches dem
Rettungshaus übermittelt wurde.
* Heidelberg, 31. Dez. (Glatteis.) Bei dem über Nacht
sich gebildeten Glatteise ist dringend zu wünschen, daß den poli-
zeilichen Bestimmungen gemäß, die Herren Hausbesitzer genügend
streuen lassen und so manchem Unfall vorbeugen. Unterbleibt
das Streuen, so sind die Passanten den Gefahren des Stürzens,
das nicht selten diese oder jene Verletzung im Gefolge hat,
ausgesetzt.
* Heidelberg, 31. Dez. (Aus Muthwillen.) Gestern konnte
ein etwa Usiähriger Junge dem Drange nicht widerstehen, einem
gleichalten Mädchen, welches auf dem Heimwege begriffen, gegen
den Bismarckplatz kam, einen nassen Schneeball mit solcher Ve-
hemens an den Kopf zu werfen, daß das Mädchen, um die
Schmerzen einigermaßen zu lindern, während der ganzen letzten
Nacht Eisüberschläge machen mußte. DadisseHandlungsweise schon
mehr den Charakter der Rohheit, als des Muthwrllens trägt,
dürfte sie dem Jungen übel aufstoßen, denn die Sache kam, wie
wir hören, zur Anzeige.
* Heidelberg, 31. Dez. (An einander gerathen.) Gestern
begegneten sich am Wredeplatz ein dahier bediensteter Bäcker-
geselle und ein Bäckerlehrling. Kaum wurde der Erstere des
Letzteren ansichtig, als er ihm Schläge mit der Hand ins Ge-
sicht versetzte und so den Jungen ohne allen Grund mißhandelte.
Die Animosität des Gesellen gegen den Lehrling soll aus einer
früheren Streitigkeit zwischen Beiden herrühren, doch behauptet
der Thäter, sein Gegner habe die Sache dadurch provozirt, daß
er ihn ein „Kameel" geheißen habe.
* Heidelberg, 31. Dez. (Ein Unband.) Ein in einem
hiesigen Gasthause logierenden Handwerksgeselle hatte gestern
seinen bösen Tag, denn statt letzte Nacht in seinem Schlafzimmer
zu bleiben un--> sich ruhig zu verhalten, verließ er ohne jegliche
Veranlassung dasselbe und begab sich in ein anderes, von einigen
anderen Gesellen bewohntes Zimmer, jedoch nicht etwa um sich
die Zeit zu verkürzen, vielmehr nur um Streithändel anzufangen.
Als der Scandal zu arg wurde, erachtete es der Wirth als seine
Pflicht, den Störenfried vor die Thürs zu setzen. Dies brachte
den Menschen aber erst recht in Harnisch, er schimpfte und tobte,
bis ihn die Polizei zur Rcnson brachte.
* Heidelberg, 31. Dezember. (Fremdenliste.) Die heutige
Fremdenliste der hiesigen Gasthöfe führt an Fremden auf 152
Personen. _.
Schöffengericht Keidelöerg.
Sitzung vom 30. Dez. Vorsitzender Herr Oberamtsrichter
Süpfle, Vertreter der Großh. Staatsbehörde Herr Referendär
Bonne, Gerichtsschreiber Herr Aktuar Dietrich. Schöffen die
Herren Professor Gustav Holzer in Neuenheim und Landwirth
Peter Miltner von Dossenheim. Zur Verhandlung kamen fol-
gende Straffälle:
1) Jakob Link von hier, wegen Thätlichkeiten. Derselbe
unterwarf sich vor der Verhandlung der polizeilichen Strafver-
fügung.
2) Johann Ellenwanger Eheleute wurden von der Anklage
des Bettels kostenlos freigesprochen.
3) Adam Fischer von Heddesbach, wegen Körperverletzung.
Derselbe warf dem Küfer Friedrich Elsner von Langenthal, Gr.
Hessen, nach vorher gegangenem Wortwechsel ein Bierglas an