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Juni
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(billigste Zeitung in ganz Baden), werden fortwährend von
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sowie von unseren hiesigen und den Trägern und Träge-
rinnen der nächsten Umgebung zum Preise von 50 Pfg.
monatlich cntgegengenommen. Die Expedition.

Die Lage des Kleingewerbes in Baden.
Ein mühseliges und vielleichtpraktisch nicht sehr wirk-
sames Doppelwcrk ist soeben amtlicherschienen: zweiBände
Berichterstattungen über die Lage des Kleingewerbes in
den Amtsbezirken Mannheim und Adelsheim. Diese Unter-
suchung ist aus den Beschlüssen der Kammer von 1883
hervorgegangen und unmittelbar durch die landwirthschaft-
lickien Erhebungen veranlaßt worden. Man wußte zum
voraus, daß es nicht möglich sein werde, die kleingewerb-
lichen Erhebungen auf das ganze Land auszudchnen, weil
die nutzbaren Ergebnisse mit dem Aufwand an Zeit und
Geld in gar keinem Verhältnisse stehen konnten. Am aller-
wenigsten ließ sich Heilung der Schäden durch Staats-
hilfe erhoffen, da es für das Kleingewerbe keinerlei Heil-
mittel gibt, welches annähernd dem Getreidezoll für die
Landwirthschaft gleichkäme. Und selbst dieser ist von nur
zweifelhaftem Werthe. Die beiden nun erstatteten um-
fassenden und von eigens dazu ernannten Commissionen
auf Grund eingehender Frage-Formulare erhobenen und
geprüften Berichte ergänzen sich gegenseitig, weil Mann-
heim den rein städtischen, Adelsheim den ländlichen meisten-
theils mit der Landwirthschaft verbundenen Gewerbebetrieb
veranschaulicht. Und doch ist in beiden dieselbe Erscheinung
zu Tage getreten.
Das Handwerk hat seinen schweren Kampf ums Da-
sein zu kämpfen, aber dieser Kampf ist kein hoffnungsloser,
wenn der Handwerker in persönlicher Tüchtigkeit und Spar-
samkeit den Kampf aufnimmt, wenn die individuelle Aus-
bildung sich erhöht, wenn namentlich das Gesellen- und
Lehrlingswesen von seinen auch in diesen Berichten aner-
kannten Schäden nach Möglichkeit geheilt wird. Aber das
darf man sich nicht verhehlen, daß im Handwerk selbst die
Gewerbefreiheit vielfach nicht als Ansporn zur höchsten
Persönlichen Leistung, sondern grade umgekehrt als „Frei-
brief zur Pfuscherei" betrachtet worden ist. Hier muß das
Handwerk selbst den Hebel ansetzen, denn mit Zwangs-
zünften und dergleichen Hilfsmitteln kann man die Gegen-
wart nicht in das Mittelalter zurückschrauben, noch die ge-
waltigen Errungenschaften des Maschinenwesens aus der

Der Trödler.
17) Roman von A. E. Brachvogel.
(Fortsetzung.)
„Morgen ist der erste August", sagte Schätzlein eines
Tages beim Mittagsessen, „in etwa zwei Tagen wird
Edmund kommen! — Da ich weiß, Herzenstochter, wie
sehr es ihm bei den vornehmen Leuten sowie den feinen
Mamsells in S . . . gefällt, bin ich auch überzeugt, Du
hast genug Mädchenstolz, ihm den Abschied vom „kalten
Stein" nicht wieder so schwer zu machen, wie's erste Mal.
Er kommt sonst am Ende nicht wieder! Wenn Du ihn
sprechen mußt, zufällig eben nicht umhin kannst, — richt's
so ein, daß ich mich nicht drein zu mischen brauche, und
kannst Du es ermöglichen, laß es — dasf,letzte Gespräch sein!"
Edmund war nach der Heimath unterwegs. —Seine
Gedanken wie seine Stimmung waren sehr gctheilt. Einer-
seits weilte er mit Vergnügen bei den Genüssen der letzten
Saison zu S . . ., bei den gewählten Gesellschaften, den
schönen Augen und blendenden Nacken, den Unterhaltungen
voll Witz und Grazie, welchen er soeben entflattert, andern-
theils regte sich in ihm eine brennende Erwartung Dessen,
was er in der Heimath wiederzufinden hoffte, zugleich eine
leise Ahnung, daß wohl nicht Alles so sein dürfte, wie
seine Phantasie ihm vorspiegelte. Mathildens und seines
Vaters Bild malte er sich in den leuchtendsten Farben,
doch die Erinnerung an Schätzlein, Christinen und Beaten
hatten für ihn etwas Peinliches, das er umsonst zu unter-
drücken strebte. Er war der Einfachheit und bürgerlichen
Naivetät dieser Leute entwachsen, und der Gedanke machte
chm großes Unbehagen, daß sie sich auf denselben Stand-
punkt wie früher zu ihm stellen könnten, ihn mit der zu-
traulichen, derben Rücksichtslosigkeit behandeln würden,
welche sie ihm sonst gewidmet hatten. Die alte Hof-
weisterei «nd Cordialstät hatte für ihn etwas Erniedrigen-
de, und er beschloß eine Haltung und einen Ton anzu-

Welt schaffen. Man kann es nicht wollen und man könnte
es nicht, selbst wenn man wollte.
Der Bericht von Mannheim, der im übrigen die zu-
weitgehenden Forderungen des Zünftlerthums zurückweist,
steht immerhin auf dem Boden, daß er u. a. die Einfüh-
rung von Gewerbekammern, von obligatorischen Arbeits-
büchern und die höhere Besteuerung des Hausirhandels
befürwortet. Aber selbst der die rein ländlichen Verhält-
nisse in sich schließende Bericht von Adelsheim, von dem
man den engeren handwerklichen Gesichtskreis vermuthen
durfte, gelangt zu dem Schluffe, daß die staatliche Hilfe
dem Handwerkerstand wohl da und dort in der Hauptsache
aus dem Gebiete des gewerblichen Bildungswesens und im
Wege fortgesetzter Belehrung zu Theil werden kann, daß
aber in erster Reihe die eigene unverdrossene Thätigkeit
des Handwerkers selbst nöthig ist, um eine Abstellung der
unleugbaren Mißstände und eine Besserung seiner Lage
herbeizuführen. Der Gewerbtreibende wird von der bis-
herigen Art seines Gewerbebetriebes vielfach ganz abgehen
müssen und er wird aller Energie, fortgesetzer Arbeit und
Weiter-Bildung bedürfen, um den Anforderungen, die die
jetzige Zeit an ihn stellt, zu genügen. Die glänzende
Stellung, die das Handwerk vordem einnahm, wird es
wohl niemals mehr erreichen. Aber der technisch gut aus-
gebildete, fleißige, solide und rechnende Meister wird in
demselben sicher auch künftighin seinen auskömmlichen Ver-
dienst finden.
Es sei noch beigefügt, daß den leitenden Beamten ein
eigener Beirath beigegeben war und zwar von Personen,
die theils selbst Handwerker waren oder als besonders
vertraut mit dem Handwerkerwesen gelten durften. Es
erfolgte theils die persönliche Einvernahme der Gewerbe-
treibenden selbst, theils eine systematische Reihenfolge stati-
stischer Erhebungen. Man darf wohl annehmen, daß die
Ergebnisse einer weiteren Untersuchung durch das ganze
Land hin nicht zu wesentlich anderen Grundlagen derBe-
urtheilung führen könnten, als sie in diesen beiden Er-
hebungsbczirken gefunden wurden.
Deutsches Meich.
Berlin, 28. Mai. Die Versetzung des russischen
Botschafters Grafen Schuwalow von seinem hiesigen Posten
gilt jetzt als sicher; dieselbe wird vom Hofe und von der
Diplomatie lebhaft bedauert. — Die Ernennung des
Bischofs von Fulda zum Fürstbischof von Breslau
erfolgte ohne Befragen des Domkapitels durch den Papst
auf besonderen diesseitigen Wunsch. Es heißt, Dr. Kopp
verlasse Fulda ungern.
Hesterreich-Mgar».
Wien, 28. Mai. Der Gemeinderath von Wien

nehmen, welche eine übergroße Vertraulichkeit nicht auf-
kommen ließen.
Als er bei sinkender Sonne am Oberhofs vorbeisuhr,
überkam ihn indeß die Erinnerung des damaligen Ab-
schieds so mächtig, wurde so Herr über ihn, daß er sich
plötzlich in die alte Zeit zurückversetzte im Geiste Vater
Justus lächelnd vor sich sitzend sah mit der alten Guitarre
im Arm und dem rührenden, einfachen Liede auf der Lippe.
Tausendmal bessere Melodien, herrlichere Stimme, reizen-
dere Lieder hatte er seitdem gehört, aber den Zauber dieser
Klänge, verwebt mit allen strahlenden Stunden der Kinder-
jahre, erreichte keins.
„Drei Dinge gibt's im Leben,
Die nimmermehr vergehn!"
summte er selig vor sich hin. — Er sang das Lied indeß
nicht zu Ende, der Text ärgerte ihn, der einfältige, pedan-
tische Text voll Ungereimtheiten und einer rechten Schul-
meisterlangweiligkeit. — Am Kirchhof vorüberkommend,
lenkten sich seine Betrachtungen besonders auf Mathilden,
und wie er sich ihr Bild in den strahlendsten Farben ächter
Schwärmerei ausmalte, bemerkte er kaum, daß der Wagen
das Thor von B. bereits passirt hatte. Die Abenddämme-
rung war eingetreten, als die Postchaise vor dem Hause
hielt, der Schwager sein fröhliches Trallira blies und Papa
Hennings aus dem Laden eilte, seinen Sohn zu empfangen.
„Willkommen, willkommen! Tausendmal willkommen,
lieber Sohn!" rief Herr Josua, seinem Edmund aus dem
Wagen helfend und ihn umarmend.
„Guten Abend, bester Vater! Da hast Du mich wieder.
Viele Grüße aus S. . .!" —
„Danke, danke! Komm nur erst hinein und laß den
Leuten die Sorge für die Sachen. Dein Zimmer ist ja
schon seit vierzehn Tagen in Ordnung!"
Darauf führte Hennings seinen Sprößling in den Laden,
wo derselbe von Schurrig und dem Personal begrüßt wurde.
— Nach einigen kurzen Erkundigungen, welche er des An-
stands wegen an Diesen und Jenen richtete, folgte er dem

,? überwies den Unterstützungsantrag für die durch den
! Theaterbrand in Paris Geschädigten an die Finanz-
j section. Wahrscheinlich werden 5000 Franken bewilligt
werden, entsprechend dem Pariser Gemeinderathsbeschluß
f bei Gelegenheit des Ringtheaterbrandes. — In Preß-
burg fanden Juden kr awalle statt, weil ein jüdischer
Kaufmann, Jellinek, eine christliche Magd scherzweise mit
Abschlachtcn bedroht hatte. Militär räumte mit gefälltem
Bajonett die Straßen.
Irankreich.
Paris, 28. Mai. Der „Temps" meldet, Rouvier
sei mit der Bildung des neuen Ministeriums nahezu
fertig. Infolge der Ablehnung der Deputaten der Radi-
calen und äußersten Linken, in das neue Ministerium ein-
zutreten, beschloß Rouvier, ein rein opportunistisches
Ministerium zu bilden, das gewissermaßen ein bloßes Ge-
schäftsministerium werden würde. Indeß hat Rouvier die
Hoffnung noch nicht aufgegeben, einige Mitglieder der
radikalen Linken zum Eintritt zu bewegen. Da Rouvier
Auftrag erhielt, ein Ministerium ohne vorwiegend poli-
tischen Charakter zu bilden, so wird Grevy, wie das
Gerücht geht, falls Rouvier mit seinem Versuche scheitern
sollte, den Senat um den Beschluß der Auflösung
der Kammer ersuchen. Sollte der Senat aber dieser
Aufforderung nicht entsprechen, so würde Grevy von der
Prä sidentscha ft der Republik zu rücktreten. Rou-
vier wird erst diesen Abend dem Präsidenten Grevy
die Ergebnisse seiner Verhandlungen vorlegen.
Hngkaud.
London, 27. Mai. Die englische Waffen-Unter-
suchungs-Commission hat ihren Bericht erstattet. In dem-
selben wird die kolossalste Mißwirtschaft, Unkenntniß und
Unfäbigkeit in allen Departements constatirt; jedoch spricht
der Bericht die Beamten von der Corruption frei. Die
Commission erklärt als erwiesen, daß die gelieferten Säbel
und Bajonette vollständig unbrauchbar seien, ebenso die
Gewehrpatronen. Eine ganze Classe schwerster Geschütze
sei werthlos; das ganze jetzige System sei zwecklos, schäd-
lich und ungeeignet.
Nus Muh und Ferm.
* Karlsruhe, 27. Mai. Eine militärischeUebung
von höchstem Interesse auch für Nichtmilitärs fand heute
in Gegenwart des Großherzogs statt. Es galt, die Wir-
kung des Repetiergewehres gegen Kavallerie zu erproben.
Nach einigen Gefechtsübungen der beiden Bataillone In-
fanterie formirte sich plötzlich das Dragoner-Regiment zur
Attake und beider Infanterie wurde Magazin-Feuer abge-
geben. Man kann, was nun erfolgte, nicht mehr mit den
bisherigen Schußdetonationen vergleichen, es ist ein förm-

Vater hinauf in's Wohnzimmer, wo bereits Alles zu einem
delikaten Souper vorbereitet war. — Nachdem Edmund in
sein altes trauliches Stübchen geeilt war, sich der Reise-
kleider wie des Staubes zu entledigen und verschiedene
Briefe aus dem Koffer zu nehmen, welche er dem Alten
übergab, fanden Vater und Sohn endlich Muße, sich
auszuplaudern. —
„Ich hatte Dich schon gestern erwartet, lieber Ed-
mund, und war deshalb nicht ausgegangen, aber wer-nicht
kam, warst Du!" —
„Ganz bestimmt wäre ich, meinem Schreiben gemäß,
schon gestern eingetroffen, aber ich bin inS... mit Visiten
nicht fertig geworden und durste eine Einladung Wulfens'
auf seinen Landsitz unmöglich ausschlagen, denn ich bin
ihm in jeder Beziehung die größte Achtung schuldig!" —
„Ei gewiß, gewiß! Kann mir denken, wie man Dich
ausgenommen hat, hab's aus allen Briefen ersehn! Na
gut, daß Du da bist. Ein herzliches Glas zum Will-
kommen im „kalten Stein!"
Josua Hennings klingelte darauf, und Beate erschien
mit dem Essen. Auf ihr altes Anrecht pochend, begrüßte
die Mute ihren „Musje" in herzlicher, derber Weise,
bewunderte sein nobles Aussehen, und daß es ihr vor-
käme, als sei er ordentlich noch gewachsen, erstaunte
über seinen gewichsten Schnurrbart, und hätte gern mit
gutgemeinter Zudringlichkeit ein Langes und Breites ge-
fragt, doch das kurze, verlegen lächelnde Nicken Edmund's,
sein abweisendes: „Ein ander Mal, Beate!" wie der be-
deutsame Wink des Vaters machten die Alte sofort ver-
stummen und verschwinde».
„Er ist vor mir die ersten vierundzwanzig Stunden
gewiß sicher! — Die arme Mathilde! — Nein, hat sich
Der geändert. Du lieber Himmel! Und hab' ihn doch
gehegt und gepflegt, als er noch unterm Küchentisch be-
quem durchlaufen konnte!" —-
„Lieber Vater, eh' wir essen, willst Du nicht erst die
Briefe von Wulfens, Tsldt nnd Wedel lesen?" —
 
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