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Das Erdbeben vom 23. Februar.
Man kann jetzt die Ausdehnung des Erdbebens vom
23. Februar ziemlich genau übersehen. Der Erschütterungs-
kreis reichte im Süden bis Corsika, im Westen noch etwas
über Marseille hinaus, im Norden bis tief in die Schweiz
herein und im Osten bis Spezzia. Professor de Rossi
von der geodynamistischen Central-Station in Nom sagt,
das Erdbeben habe dieselbe Ausdehnung gehabt und die-
selben Ortschaften heimgesucht wie das Erdbeben von 1818.
Das -Centrum der Erschütterung sei submarin gewesen.
Ausführlich verbreitet sich der Pariser Naturforscher
Camille Flammarion in einem Artikel des „Voltaire" über
das Ergebniß. Die bisherigen Nachrichten, führt er aus,
lassen erkennen, daß das Centrum des Erdbebens zwischen
Nizza und Genua liegt. Der Vorgang ist ganz ähnlich
wie das Erdbeben, das vor zwei Jahren Spanien heim-
gesucht Hal. Ueber die Ursachen drückte sich Flammarion
nur unbestimmt aus; er hält es für das Wahrscheinlichste
daß eine durch Dämpfe, vom cindringenden Meerwasser
herrührend, veranlaßte innere Explosion die Ursache gewesen
sein möge. Flammarion machte auch darauf aufmerksam,
daß gleichzeitig Neumond gewesen sei und eine Sonnen-
finsterniß stattgefunden habe. Sein Schluß lautet: „Es
ist leider wahrscheinlich, daß noch einige Erschütterungen
stattfindcn werden, doch darf man hoffen, daß sie die Hef-
tigkeit der ersten nicht übersteigen werden."
Wir lassen jetzt noch einige Berichte über Einzelheiten
folgen. So wird dem „Figaro" aus Nizza berichtet, daß
obgleich zwar Beruhigung bei der Bevölkerung einzutreten
beginnt, doch noch Besorgnisse genug vorhanden sind.
Augenzeugen erzählen, daß die Panik geradezu unbeschreib-
lich war. Bis jetzt haben mehr als 10000 Personen Nizza
verlassen. 12 Häuser sind eingeftürzt, über 40 haben
Sprünge. Beim ersten Stoße war der ganze Himmel
feurig; die Einwohner verließen halbnackt im furchtbaren
Schrecken die Häuser und flüchteten auf die Plätze, in die
Gärten oder die Ufer entlang, überall hin, wo die Gefahr
geringer schien. Manche sprangen aus den Fenstern oder
von dm Dächern herab. Der General Jamais, Unter-
Dre Geheimnisse der Residenz.
10) Roman von F. Klink.
(Fortsetzung.)
Auch Mathilde fühlte sich glücklich, nun sie einen
Liefern Blick in das Thun und Treiben ihres Gatten ge-
worfen hatte. Da gab es nichts zu verbergen und nichts
zu verrathen, höchstens konnte man ihm seinen Brief-
wechsel mit freidenkenden Männern zur Last legen und da
hinein konnte Niemand einen Blick werfen.
Mathilde war noch mit keinem ihrer Bekannten wieder
zusammen getroffen, nicht einmal die nothwendigsten Be-
suche wurden gemacht und kein Mensch fühlte sich veran-
laßt, ihnen das übel zu nehmen. Mathilde schien fast ein
Zusammentreffen mit bekannten Menschen zu fürchten, sie
saß am liebsten in dem gemeinschaftlichen Wohnzimmer
und unterhielt sich mit ihrem Gemahl über die Tages-
ereignisse, die Stoff zur Unterhaltung genug boten.
Tag aus Tag ein liefen Nachrichten darüber ein,
daß der Aufruhr immer größere Dimensionen anzunehmen
beginne, aus allen Städten kamen Berichte, wie die Re-
volutionsfackel hell und Heller auflodere. Zitternd und
zagend, was der folgende Morgen bringen würde, legte
man sich zur Ruhe und dankte Gott, wenn ein Tag ruhig
verflossen war.
Herr von Lichtcnfcls, der in seiner Gattin das ge-
funden zu haben glaubte, was die Frau dem Manne
immer sein sollte, eine treue Gefährtin, mit der er seine
Gedanken, Sorgen und Befürchtungen austauschen konnte,
verlebte glückliche, heitere Tage in Mathildens Gegenwart.
Ihm entging ihr oftmals bekümmertes, sorgenvolles Wesen
ganz, oder er schrieb es auf Rechnung der unruhigen
Zeiten, die jedes fühlende Herz in steter Aufregung hielten,
nicht der leiseste Gedanke tauchte in ihm auf, daß ein an-
derer Grund seine Gattin oft traurig mache.
Welche Sorgen konnte sie auch haben? Sie, das
gouvernmr von Nizza, mußte sich an einem Betttuch zum
Fenster herablassen. Auch aus der eingestürzten Villa
Natha wurden 5 Personen durchs Fenster gerettet. Nach-
dem der erste Schrecken vorüber war, holte man Kleider,
Betten und die nöthigsten Möbel aus den Häusern und
richtete Lager im Freien ein. Die Eisenbahn beförderte
8 Sonderzüge mit 6000 Reisenden nach Paris, 3000
Reisende nach Italien. Andere, die auf der Bahn nicht
fort konnten, mietheten Postwagen und sonstige Fuhrwerke
zu hohen Preisen. Etwa 2000 Amerikaner, Engländer
und Russen, die noch geblieben sind, haben sich auf die
Hügel neben der Stadt geflüchtet und lagern dort im
Freien. Andere haben am Meeresuser Badehäuschen für
ungeheures Geld gemicthet. Auch der Graf und dicGräfin
von Eu und der Herzog von Nemours haben sich in ihre
Gärten geflüchtet. Auf Gesuch der städtischen Behörde
hat die Militärverwaltung gestern Abend für lie Kinder
und Frauen Zelte auf den öffentlichen Plätzen errichtet.
Soldaten bewachen alle verlassenen Häuser. Die Draht-
verbindung mit Korsika und Italien ist unterbrochen. In
Vence wurde ein 6jühriges Kind in seinem Bett durch
einen stürzenden Balken getödtet. In Cannes und Antibes
fiel das Meer beim ersten Stoße um 1 Meter und stieg
dann wieder um 2 Meter. Im Dorfe Bar bei Grasse
stürzte ein alter Thurm aus dem 14. Jahrhundert auf
3 Häuser, wobei 5 Personen schwer verwundet und eine
Frau getödtet wurde. In Castillon wurden 2 Personen
getödtet und viele verwundet, ebenso in Bollone. Auch in
Chateauneuf sanden zahlreiche Verwundungen statt. In
Digne hörte man während der 3 heftigen Stöße, von
welchen der zweite der stärkste war und 30 Sekunden
dauerte, ein donnerartiges unterirdisches Geräusch. In
Baucaire und Tarascon waren die Stöße von mittlerer
Stärke, in Lyon nur leicht. In Menetone sind 150
Häuser, darunter die Post, das Rathhaus und die Kasernen
unbewohnbar geworden. Die meisten Backöfen sind zer-
stört, weshalb Brod aus Nizza geholt werden mußte.
Deutsches MeLch.
Berlin, 26. Febr. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt:
Die dritte päpstliche Kundgebung besteht nicht in einem
neuen «schreiben, sondern in einem Ende Januar an den
Nuntius in München gerichteten Telegramme. Sie schärft
dem Nuntius wiederholt ein, beim Centrum darauf zu
dringen, daß dasselbe zur Durchführung des Septennats
alle Kräfte aufbiete. Inwieweit die Centrumsleitung in
vollständigem Widerspruche mit der päpstlichen Weisung
gehandelt hat, ist aus den Wahlergebnissen bekannt.
Berlin, 26. Febr. Wie dem „Bert. Tageblatt" aus
Rom depeschirt wird, liegt Cardinal Jacobini im Sterben;
verwöhnte Kind des Glücks, die kaum den Schmerz dem
Namen nach kannte?
Er hatte gehofft, ihr im Laufe des Winters ein
Uebermaß von Freuden und Vergnügungen zu bieten.
Das ging nun freilich nicht, denn wer dachte inmitten der
Unruhen an Genüsse und Zerstreuungen? Am allerwenigsten
Herr von Lichtenfels, der jede Stunde, die er dem allge-
meinen Interesse raubte, für verloren hielt, und Mathilde
wiederholte ihm immer und immer wieder, daß auch sie
keinen Sinn für dergleichen Dinge habe.
War etwas im Stande, die beiden Gatten einander
näher zu bringen, so war cs Mathildens Gleichgültigkeit
gegen die Welt und die sogenannte Gesellschaft, die sie seit
dem Tage ihrer Berheirathung gezeigt hatte. Wenn Herr
von Lichtenfels seine Gattin auch niemals so lieben konnte,
wie er einst geliebt, er vertraute ihr, und achtete sie höher
als irgend ein weibliches Wesen. Immer mehr weihte er
sie in alle Geheimnisse und Pläne ein, denn wo er selbst
nicht handelnd auftrat, da war er doch immer ein Schutz
der Bedrängten und seine patriotischen Gesinnungsgenossen
fanden einen vortrefflichen Halt an ihm.
Eine dunkle, unheimliche Nacht senkte sich herab. Der
Regen goß in Strömen und der Wind peitschte die blätter-
losen Zweige eines hohen Liudenbaumes gegen ein kleines,
abseits von der Landstraße liegendes Wohnhaus. Man
konnte das Haus auch einen Sommer-Pavillon nennen,
es war kaum größer und ebenso leicht und luftig gebaut.
Schon seit die Dämmerung einbrach, waren dicht
verhüllte Gestalten gekommen und einer nach dem andern
in der niedern Thür lautlos verschwunden. Ein Mann
nahm sie in Empfang, wenn sie leise die Parole: „Gott
und Vaterland!" geflüstert hatten.
Etwa um sieben Uhr war der letzte Mann gekommen
und dann drehte sich ein Schlüssel um, schwere Riegel
wurden vorgeschoben und das Häuschen lag wieder stumm
und düster in dem strömenden Regen, als sei meilenweit
in der Runde keine lebende Seele.
er erhielt bereits die letzte Oelung. — Die „National-
zeitung" meldet aus Rom: Robilant ist definitiv mit der
Cabinetsbilduug beauftragt. — Im Falle der Kaiser ge-
sundheitlich verhindert sein sollte, eröffnet nach officiöser
Lesart der Kronprinz den Reichstag.
Darmstadt, 25. Febr. Ueber die Erkrankung resp.
das Befinden des Fürsten Alexander wird folgendes Bul-
letin veröffentlicht: Se. Hoheit der Fürst Alexander leiden
an Variolois (Pocken), die in nicht gelinder Form aufge-
treten ist. Schüttelfröste auf der Reise gingen dem hier
sehr heftig aufgetretenen Fieber (bis zu 42 Grad C.)
voraus. Das Exanthem entwickelte sich mit Ablauf des
Fiebers, ist vollkommen charakteristisch und verursacht durch
die Spannung der Haut, insbesondere des Kopfes, sehr
heftige Schmerzen, welche noch fortdauern. Wenn eine
eigentliche Lebensgefahr auch mit dem Fallen der Tem-
peratur nicht wohl mehr vorhanden ist, so wird der hohe
Patient doch noch einige schwere Stunden infolge der Kopf-
schmerzen durchzukämpfen haben. Die Jnfection fand nach
der Berechnung zur Zeit des Aufenthaltes Se. Hoh. des
Fürsten in Marseille statt, wo der Besuch des Hafens
und der Schiffe in demselben reichlich Gelegenheit gab.
Dr. Weil. Dr. Küchler.
Gesterreich-M«garu.
Wien, 25. Febr. Nach Lemberger Telegrammen sind
dort zwei Arbeiter der Karl-Ludwigsbahn als russische
Spione verhaftet worden, bei dem einen, dem Weichensteller
Pankiewicz, sollen 200 Rubel, bei dem andern, dem Ar-
beiter Kozak, russische Schriften aufrührerischen Inhalts
gefunden worden sein.
Italien.
Rom, 24. Febr. Das Banditenwesen in Sardinien
dauert fort. Gestern überfiel eine Bande die Fahrpost von
Cagliari, machte den Kutscher und zwei bewaffnete Diener-
nieder und plünderte die Post aus. Von den Reisenden,
die heftigen Widerstand leisteten, wurden zwei getödtet,
zwei, darunter ein Deutscher schwer verwundet. Die Be-
völkerung ist sehr erregt.
Neapel, 25. Febr. Ein drittes Bataillon Ver-
stärkungen hat sich hier nach Massaua eingeschifft. — De-
peschen aus Rom schätzen die Zahl der Opfer des Erd-
bebens auf 2000.
England.
London, 24. Febr. Für die Ende Mai zu Ehren
des Regierungsjubiläums der Königin Victoria abzuhal-
tende Flottenschau werden jetzt 16 Kanonenboote nnd eine
ganze Flotille von Jvrpedobooten in Portsmouth bereit
gestellt. Außer den vielen Reserveschiffen werden drei ver-
schiedene Geschwader an der Flottenschau theilnehmen.
Aber dann wurde es abermals lebendig, man ver-
nahm leises Säbelgeklirr, unterdrückte Commandoworte und
dann wurde das Häuschen umstellt, Mann an Mann bil-
deten eine lebendige Mauer.
Doch im Häuschen rührte sich nichts, kein Geräusch
wurde laut, kein Lichtschimmer erhellte die Fenster und
dennoch standen die Soldaten breit, jeden Augenblick vor-
zurücken, während der Officier, das Ohr an das Schlüssel-
loch gedrückt, gespannt lauschte.
Droben im ersten Stock des Häuschens saß eine
ernste Gesellschaft beisammen. Es waren Patrioten, an-
gesehene Männer des Staates, die die Rechte des Volkes
gewahrt wissen und dennoch Ruhe und Frieden stiften
wollten. Leise flüsternd wurde die Berathung geführt,
nur ein einziges kleines Licht erhellte nothdürftig den
kleinen Raum.
„Im Namen des Königs!" ertönte Plötzlich draußen
eine schrille Stimme.
Die Versammelten sprangen auf.
„Verrath!" schallte es wie aus einem Munde.
„Ruhe, meine Herren, keine Unvorsichtigkeit, rühren
Sie sich nicht", mahnte einer der Männer, indem er das
Licht auslöschte und dann an das Fenster trat, wo er
durch die schweren Vorhänge einen Blick in's Freie werfen
konnte.
„Das Haus ist ganz umstellt, uns bleibt dort kein
Ausweg, nur Muth und Besonnenheit können uns retten.
Folgen Sie mir.
Der Mann schritt voran, indem er schnell eine kleine
Blendlaterne angezündet hatte. Lautlos folgte ihm die
Versammlung, während schwere Kolbenstöße gegen die
schwache Thür geführt wurden, die solchem Andringen
bald weichen mußte. Schon hörte man das Krachen des
Holzes, als die Männer eine Treppe des Hinterhauses
hinabstiegen, von wo sie durch eine Fallthür in den Keller
gelangten. Diese schloß sich, keine Spur verrieth mehr,
daß hier ein menschlicher Fuß geweilt hatte. Unten im