Außenluft, die er unter gewöhnlichen Verhältnissen ohne
jeden Schaden ertragen haben würde, ihm eine Erkältung
zuzieht, so wird auch unsere politische Haut durch die
ewigen Reden von dem unmittelbar drohenden Kriege so
empfindlich und unsere politische Stimmung so nervös,
daß schließlich grade von dieser Seite eine direkte Gefahr
erwächst. Wir halten es deßhalb für angebracht, zum so
und so vielsten Male zu wiederholen und beruhigend da-
raus hinzuweisen, daß eine unmittelbare Kriegsgefahr nicht
besteht, d. h. daß ein einzelnes Vorkommniß, welches zur
Kriegserklärung Anlaß geben könnte, zur Stunde nicht
vorliegt. Deutschland und Frankreich leben im Frieden;
die offiziellen Beziehungen beider Länder sind gut; Fürst
Bismarck hat feierlich erklärt, daß Deutschland nicht daran
denke, Frankreich anzugreifen. Von deutscher Seite liegt
also nicht die geringste Gefahr einer Friedensstörung vor.
Posen, 28. Jan. Ueber einen Fall von Verwendung
des Velozipeds in der Armee berichtet das hiesige „Tagbl." :
Das 1. Bataillon des 21. Regiments, welches am 1. April
nach Thorn übersiedelt und in dem auf dem linken
Weichseluser gelegenen Fort VII und in den Rudacker
Baracken Unterkunft finden wird, hat zur Erleichterung
des durch die großen Entfernungen zwischen den Kaserne-
ments und der Stadt sehr erschwerten Ordonnanzdienstes
ein dreirädriges Veloziped beschafft. Von jeder Kompagnie
werden schon jetzt einige Leute in der Handhabung dieses
Geräths unterrichtet. Die Fahrübungen finden täglich unter
Leitung des Lieutenants M. auf dem Platze an der
Kaserne Rinkau statt. Wie die „Elb. Ztg." meldet, be-
absichtigt überhaupt das Kriegsministerium die Einführung
des Velozipeds und hat neuerdings eine Verfügung er-
lassen, wonach vom nächsten Frühjahr den Truppentheilen.
welche in größeren Festungen auf Außenforts liegen, drei-
rädrige Velozipeds zur Verfügung gestellt werden. Es
sollen nach Köln vier dieser Verkehrsmittel kommen.
Hesterreich-Ilrrgaru.
Wien, 31. Jan. Eingeweihte Kreise wollen dem
„Frkf. Journ." zu Folge wissen, der eigentliche und
Hauptgrund zu den in der nächsten Zeit höchst wahr-
scheinlich ein schnelleres Tempo und einen größeren Um-
fang annehmenden Rüstungen Oesterreich-Ungarns sei die
Befürchtung, daß für letzteres der ou8U8 t'osäcmft ein-
treten könne. Bismarck hat bis jetzt keine Neutralitäts-
versprechen für den Fall eines deutsch-französischen Krieges
von Rußland erlangen können. — Mit Berücksichtigung
der vom Ministerrath im Dezember der Kriegsverwaltung
bewilligten 16 Millionen für Anschaffungen werden die
Delegationen 41 bis 46 Mill, zu bewilligen haben. Vor-
gestern wurde im Ministerrath ausdrücklich erklärt, der
Friede sei nach den Anschauungen der Regierung lediglich
durch die zwischen Deutschland und Frankreich herrschende
Spannung bedroht. Die Rückwirkung dieser Verhältnisse
auf die Orientsrage ist allerdings unberechenbar, deßhalb
bereitet sich Oesterreich auf alle Fälle vor.
Wien, 1. Febr. Zur Ausrüstung des ungarischen
Landsturmes werden nach Pester Meldungen von dem
dortigen Reichstag 7 Millionen verlangt. Da von dem
österreichischen Reichsrath außer für den Landsturm auch
eine besondere Bewilligung für die Landwehr gefordert
werden soll, dürfte die Creditvorlage für den diesseitigen
Reichsrath bedeutend höher sein. — Das bevorstehende
Pferdeausfuhrverbot wird eine Ausnahme zulaffen, welche
besonders Serbien zu Gute kommen dürfte. — Die „Neue
Freie Presse", welche ihre französischen Sympathieen nie-
mals abzustreifen vermochte, bringt einen überaus gehäs-
sigen Artikel gegen Deutschland, in welchem mit
einer Coalition der Mächte gegen Deutschland gedroht
wird, falls Deutschland die Abdankung Boulangers ver-
langen sollte.
Ans Nah und Fern»
* Karlsruhe, 30. Jan. Die Eröffnung des neuen
Schlachthauses, ursprünglich auf den 1. Febr. geplant,
verschiebt sich etwas, wird aber im Laufe des Februar
stattfinden und gleichzeitig auch die Eröffnung des neuen
Viehmarkts. Dabei ist eine kleine Festlichkeit, eine Thier-
ausstellung mit Prämien, Festessen, Umzug der Metzger
rc. in Aussicht genommen. Eine Mittheilung des Stadt-
glaubte ich doch kaum, daß Sie jene geheimen Zerwürf-
nisse jemals ganz durchschauten; ich war zu stolz um mein
Leiden nicht zu vergeben. Um diese Zeit boten Sie mir
ihre Hand an, und —"
„Lassen wir das, Leonore!" bat Alfred. „Ich hoffte,
Ihr Herz zu gewinnen, es sollte nicht sein; ich will den
schönen Traum vergessen."
„Aber ich werde es nie vergessen!" versetzte Leonore
„daß Sie edel genug dachten, um tausend Vortheile und
Hoffnungen der Verbindung mit mir opfern zu wollen.
Ich wies Ihren Antrag'zurück; denu jene Liebe, die Sie
von mir forderten, konnte ich Ihnen nicht schenken, und
ebensowenig wollte ich Sie übervortheilen. Wäre mir Ihr
Glück minder theuer gewesen, hätte ich nicht Ihren ganzen
Werth erkannt, vielleicht hätte ich eingewilligt, Ihre Gattin
zu werden, um mir dadurch Freiheit und Unabhängigkeit
zu erkaufen; aber ich hielt Sie zu hoch, um Sie als
Werkzeug und Mittel gebrauchen zu wollen. Ich fühlte,
daß Sie würdig seien, die volle Liebe des edelsten Weibes
zu besitzen und sagte „Nein," weil ich cinsah, daß ich
Ihnen das Glück nicht gewähren könnte, welches Sie
verdienten."
„Hatten Sie keinen andern Grund?" fragte Alfred.
„Sprach in Ihrem Herzen keine andere Stimme gegen
mich?"
„Nein," versetzte sie, und hielt seinen forschenden
Blick ruhig aus.
(Fortsetzung folgt.)
rathts in den hiesigen Blättern bezeichnet die Einführung
der obligatorischen Trichinenschau als schwer ausführbar
und kostspielig, da mindestens 8 Trichinenschauer angestellt
werden müßten, und als unnöthig, da bei den süddeutschen
Schweinen bis jetzt kein Fall von Trichinosis gefunden
worden sei. Sollte freilich in Zukunft der Bezug nord-
deutscher Schweine durch die hiesigen Metzger eintreten,
dann müßte die obligatorische Trichinenschau trotz der
Kostspieligkeit cingeführt werden.
* Karlsruhe, 31. Jan. Ueber den Umfang des Ex-
preßgutverkehrs auf den badischen Eisenbahnen im Jahre
1886 erhält man folgende Mittheilung:
Es beträgt:
die Anzahl der
aufgegebenen
Sendungen
deren Gesammt-
gewicht
die bezahlte
Fracht
Im Jahre
1886
Stück
529158
Kilo
6631063
M. Pf.
214490 55
1885
491416
6285291
197 094 92
somit 1886 mehr 35 742
345 772
17 395 63
* Karlsruhe, 1. Febr. Herr Dillinger (Eigenthümer
des „Bad. Landesb." wird, nach der „Frkf. Ztg.", im 9.
Wahlbezirk (Pforzheim) wahrscheinlich von den Demokraten
und dem Centrum aufgestellt; Herr Schmitt (Bruchsal)
dürfte geschäftlicher Rücksichten halber zurücktreten.
* Karlsruhe, 1. Febr. Wie verlautet, werden im
Laufe der nächsten Wochen nicht nur sämmtliche vier Jahr-
gänge der Reserven, einschließlich der sogenannten Königs-
urlauber, zu den Fahnen einberufen, sondern schon dieser
Tage werden auch jüngere Landwehrleute vorläufig zu
einer 12tägigen Uebung eingezogen. Wenngleich diese Ein-
berufungen officiell mit der Einführung und Handhabung
des neuen Mehrladegewehres begründet werden, so können
wir doch nicht umhin, schwere Bedenken zu äußern, —
daß die Reichsregierung es für gut befindet, nicht 71000,
sondern nach und nach nahezu an 300000 Mann zu den
stehenden Truppen einzuberufen.
* Mannheim, 30. Jan. Gestern Abend fiel in
einem Hause des Quadrats 8 4 eine Frau in der Dunkel-
heit so unglücklich die Stiege herab, daß sie außer einer
starken Wunde am Knöchel einen Beinbruch erlitt und als-
bald nach dem Allgem. Krankenhaus transportier werden
mußte. — Es ist dies wieder eine Mahnung, die Stiegen
nach eingetretener Dunkelheit zu beleuchten.
* Mannheim, 31. Jan. In der heutigen Versamm-
lung des demokratischen Vereins und der Vertrauens-
männer des 3. Bezirks wurde einstimmig Herr Rechts-
anwalt Dr. Friedrich Kohn in Dortmund zum Kandidaten
für Mannheim-Schwetzingen aufgestellt.
* Bruchsal, 31. Jan. Eine auf gestern Abend im
Einhorn ausgeschriebene Wählerversammlung, in welcher
der sozialdemokratische Agitator Geck von Offenburg
sprechen wollte, wurde auf Grund des Sozialistengesetzes
verboten und die rothen Anschlagzettel durch die Polizei
beseitigt.
* Mosbach, 28. Jan. Nachdem der Turnverein
Buchen wegen des Eisenbahnbaues und dadurch späterer
bequemerer Hinfahrt die Abhaltung des Gauturnfestes für
1887 glaubte ablehnen zu müssen, hat sich der Turnverein
Tauberbischossheim mit großer Zuvorkommenheit bereit
erklärt das Fest pro 1887 zu übernehmen. Die Vor-
turnerstunde wird von unserem Gauturnwart demnächst
ausgeschrieben.
* Wertheim, 30. Jan. Die hiesige „Concordia-Ge-
sellschaft" begeht heute die Jubelfeier ihres 50jährigen
Bestehens durch ein solennes Festmahl mit darauffolgendem
Balle. Die Concordia ist eine der angesehendsten bürger-
lichen und in Bezug auf die Mitgliederzahl eine der be-
deutendsten der hiesigen gesellschaftlichen Vereinigungen.
Die umfangreiche Bibliothek derselben erfreut sich einer
sehr fleißigen Benützung.
* Bon der Tauber, 30. Jan. In Tauberretters-
heim ist gestern Abend der dortige Hilfslehrer beim
Schlittschuhlaufen auf der Tauber ertrunken. Angestellte
Wiederbelebungsversuche waren erfolglos.
-ft Neunkirchen, 30. Jan. Bekanntlich herrscht in
manchen religionsgemischten Gemeinden immer eine Span-
nung, die sich ost so zuspitzt, daß nicht nur der Einzelne,
sondern das Allgemeine schwer darunter leidet. Solche
Fälle sind nur zu bedauern, da das Verhältniß bereits
nahezu 400 Jahren besteht und von Anfang nicht zu
dämpfen war, so sollte man sich doch einmal in das Un-
vermeidliche fügen. Das meiste zn einer Einigkeit könnten
Diejenigen beitragen, welche berufen find die Lehre
Christi zu verkündigendes scheint aber daß Manche, die
Antwort auf die Frage: Welches ist das höchste Gebot?
gar nicht kennen, oder kennen wollen. Die Einwohner
gemischter Orte, wären überall recht eineg, wenn sie zur
Einigkeit angehalten würden. — Heute fand hier die evang.
Pfarrwahl statt, gewählt wurde Hr. Pfarrverweser Herrman
aus Adelsheim z. Z. in Sennfeld. Der Gewählte gehört
so viel bekannt der positiven Richtung an.
* Würzburg, 30. Jan. Der Gesundheitszustand in
der neuen Artilleriekaserne ist zur Zeit nicht der beste.
Scharlach und Dyphtheritis herrschen seit einigen Wochen
epidemisch. Von einem Zimmer mußten 10 Soldaten in
das Mälitärlazareth geschafft werden. Von den Aerzten
wurde die von Feuchtigkeit gesättigte Sandsteinaufschüttung
unter dem Fußboden als Krankheitsursache bezeichnet und
deren Beseitigung angeordnet. — Ein Dienstmädchen in
Pfaffenhofen erschlug den 22jährigen Sohn ihres Dienst-
herrn nach vorausgefolgtem Wortwechsel. Die Thäterin
ist verhaftet. — Am Freitag Vormittag verbrannte das
Dienstmädchen Kath. Schöppner in Bamberg ihr heimlich ge-
borenes Kind in dem Kochherd. Die Mörderin, welche die
Thal eingestand, wurde verhaftet. — Soeben durchläuft die
Kunde, daß das Bankhaus Ballin seine Zahlungen einge-
stellt habe, die Stadt. Betheiligt ist außer dem hiesigen
Platze und Umgebung am meisten Frankfurt. Ebenso sollen
Landleute, welche Depots haben, Ansprüche machen. Ueber
die Höhe der Verbindlichkeiten konnte man bisher nichts
erfahren.
Vermischtes.
— sAus der Reichshauptstadt.) Die Um-
wandlung des Kreuzbergs zu einem großen städtischen
Parke ist als gesichert zu betrachten, nachdem die Geneh-
migung zu den erforderlichen Grundstücksverkäufen und
Erwerbungen eingegangen ist. Der Kreuzberg bildet gegen-
wärtig an seinem nördlichen und westlichen Abhang unbe-
gehbare, wüste, steilabfallende Sandfelder, die zwar von
der spielenden Jugend eifrig gesucht und benutzt werden,
in ihrer trostlosen Erscheinung aber dem erhabenen Stand-
punkte des Kreuzbergdenkmals schnurstracks entgegenwirken.
Schon zu den Zeiten Schinkels hatte man Pläne aufge-
stellt, das ganze das Denkmal umgebende Gebiet für
Volksbelustigungen einzurichten, doch ist man aus mannig-
fachen Gründen immer wieder davon abgekommen. Vor
7 Jahren nun ist von dem städtischen Gartendirektor
Mächtig ein neuer, reichgestalteter Entwurf vorgelegt worden,
der vielen Beifall gefunden hat. Der Park soll den Namen
Viktoriapark erhalten.
— Word und Selbstmord in Budapest.)
Ein tragischer Vorfall hält B. Csaba in Aufregung. Der
Kolomann Szemian, ein noch junger Mann, wurde von
seiner Geliebten mittels Revolver erschossen. Letztere kehrte
sodann die Waffe gegen sich selbst und jagte sich eine
Kugel in den Kopf. Das Mädchen war sofort todt,
Szemian dagegen gab erst nach mehrstündigem Leiden den
Geist auf. Die Ursache ist betrogene Liebe. Szemian
hatte mit dem Mädchen seit längerer Zeit ein Liebesver-
hältnis) unterhalten, welches er nun zu lösen beabsichtigte,
wovon die Geliebte jedoch nichts wissen wollte. Als der
junge Mann trotzdem aus seinem Borsatz beharrte, voll-
führte das Mädchen die schreckliche That.
— sZu Fuß über die Donau.) Ein aufregen-
des Schauspiel Lot sich in Pest den Passanten am oberen
Rudolfskai dar. Die Donau war ihrer ganzen Breite
nach mit Eisplatten bedeckt, welche langsam abwärts
trieben. Inmitten des Eises sah man von der Ofener
Seite her einen Mann, gemächlich nach Pest hinüber-
steuern. Bald passirte er eilenden Schrittes eine größere
Eisplatte, um am Rande derselben plötzlich stehen zu bleiben,
da eben nur kleinere Eisschollen vorbeischwammen. Im
nächsten Augenblicke hatte der tollkühne Mensch, durch
einen Sprung wieder auf einer größeren Eisplatte Posto
gefaßt. Hin und wieder strauchelte er, kam aber jedesmal
wieder auf die Beine. Diese Promenade dauerte nahezu
eine Viertelstunde. Der Mann erreichte schließlich das
Ufer. Auf Befragen, was ihn zu diesem Wagniß be-
wogen habe, erzählte der Mann, er sei ein Maurergehilfe s
— daß er in übermüthiger Laune gewettet habe, er werde s
über den Eisstoß nach Pest gelangen. Als Preis der
Wette galt ein — Liter Wein.
— London, 24. Jan. Der in Monte Carlo »er- '
storbene Sir Joseph Whitworth war einer der ersten Me-
chaniker dieses Jahrhunderts. Er war der Schmied seines s
Glückes. Gegen den Willen .seiner Eltern, die ihn zum
Baumwollspinner ausbilden wollten, zog er nach London, '
arbeitete bei verschiedenen Mechanikern und ließ sich dann
in Manchester als Werkzeugfabrikant nieder. Durch Ge-
duld und Diplomatie führte er die allgemeine Schraube
ein und veranlaßte alle Maschinenbauer, deren Erzeugnisse
bis dahin besondern Größenverhältnissen folgten, sich gleicher
Schraubenwerthe zu bedienen und dadurch die Ausbesserung
aller Maschinen aus der ganzen Erde zu erleichtern.
Später warf er sich auf die Herstellung von Flinten und
Geschützen, deren Schußgenauigkeit er in erstaunlicher
Weise bestimmte. Er starb als mehrfacher Millionär.
Lokales.
* Heidelberg, 2. Febr. (Ausgestellt.) Im Schaufenster
der Guttenberger'schen Musikalienhandlung ist seit gestern das
Profil der combinirten Drahtseil- und Zahnradbahn vomKlmgen-
teich bis zur Molkenkur ausgestellt. Der Plan ist sehr sauber
angefertigt und hat jedermann ein klares Bild von dem Projekt
des Herrn Franz Mai und Consorten. Ob dieses, oder überhaupt
eines der drei geplanten Projecte zur Ausführung kommt, kann
mit Bestimmtheit noch nicht gesagt werden, denn die Meinungen
gehen in Bezug auf die drei Projecte sowohl, als auf die Noth-
wendigkeit einer solchen Bahn überhaupt, himmelweit ausein-
ander. Nun die Zukunft wirds lehren, ob man durch diejFort-
schritte der Technik in einigen Secunden bequem und billig
von der Ebene hinauf bis zum Schloß oder der Molkenkur be-
fördert wird, oder ob's beim Alten bleibt und die trauliche
Waldeinsamkeit nicht durch das Geräusch einer Zahnradbahn
gestört werd. Daß das Mai'sche Project übrigens vieles für
sich hat, kann und wird nicht geleugnet werden.
* Heidelberg, 2. Febr. (Umschlag der Witterung.) Gestern
Nachmittag trat plötzlich ein Umschlag der Witterung ein. Das
anhaltend kalte Wetter wich linder Witterung und ist von gestern
früh bis heute eine Differenz von mindestens 6—7 Gr. Reaumur
wahrzunehmen, denn während gestern das Thermometer noch
4 Grad Kälte zeigte, weist es heute 3 Grad Wärme auf.
* Heidelberg, 2. Febr. (Aus Rache.) Dieser Tage kaiN
es zwischen einem im Bahnhofstadttheil wohnenden Dienstherrn
und dessen Knecht zu kleinen Auseinandersetzungen. Den robusten
Knecht verdroß dies aber derart, daß er den Entschluß faßte, sich
an seinem Dienstherrn zu rächen, weil sich dieser unterstanden
hatte, ihm einen leichten Tadel zn ertheilen. Weil sich aber
keine andere Gelegenheit darbot, zertrümmerte der Knecht die
Sturmlaterne seines Dienstherrn und kühlte so seinen Rachedurst.
Daß er sich aber wegen Sachbeschädigung Hierwegen vor Ge-
richt zu verantworten haben wird, daran dachte der gute ManN
wohl kaum.
* Heidelberg, 2. Febr. (In Fehde.) Schon seit Bestehen
der Schuhfabrik in Schlierbach herrscht zwischen den Arbeitern
derselben und den jungen Bürgern Schlierbachs eins gewisse
Animosität, die sich schon öfters in unliebsamen Auftritten oder
sonstigen Exzessen bekundete. So saßen am Montag eine Anzahl
in genannter Fabrik beschäftigte Schuhmacher in einer Schlier-
bacher Wirthschaft uud labten sich an einem ziemlich umfang-
reichen Faß Bier. An einem anderen Tisch hatte sich eine An- !
zahl junger Bürger aus Schlierbach niedergelassen und gar bald
wurde hüben und drüben gestichelt, bis einer der Schuhmacher!
derart in Harnisch gerieth, daß er ein Bierglas ergriff und dieses!
jeden Schaden ertragen haben würde, ihm eine Erkältung
zuzieht, so wird auch unsere politische Haut durch die
ewigen Reden von dem unmittelbar drohenden Kriege so
empfindlich und unsere politische Stimmung so nervös,
daß schließlich grade von dieser Seite eine direkte Gefahr
erwächst. Wir halten es deßhalb für angebracht, zum so
und so vielsten Male zu wiederholen und beruhigend da-
raus hinzuweisen, daß eine unmittelbare Kriegsgefahr nicht
besteht, d. h. daß ein einzelnes Vorkommniß, welches zur
Kriegserklärung Anlaß geben könnte, zur Stunde nicht
vorliegt. Deutschland und Frankreich leben im Frieden;
die offiziellen Beziehungen beider Länder sind gut; Fürst
Bismarck hat feierlich erklärt, daß Deutschland nicht daran
denke, Frankreich anzugreifen. Von deutscher Seite liegt
also nicht die geringste Gefahr einer Friedensstörung vor.
Posen, 28. Jan. Ueber einen Fall von Verwendung
des Velozipeds in der Armee berichtet das hiesige „Tagbl." :
Das 1. Bataillon des 21. Regiments, welches am 1. April
nach Thorn übersiedelt und in dem auf dem linken
Weichseluser gelegenen Fort VII und in den Rudacker
Baracken Unterkunft finden wird, hat zur Erleichterung
des durch die großen Entfernungen zwischen den Kaserne-
ments und der Stadt sehr erschwerten Ordonnanzdienstes
ein dreirädriges Veloziped beschafft. Von jeder Kompagnie
werden schon jetzt einige Leute in der Handhabung dieses
Geräths unterrichtet. Die Fahrübungen finden täglich unter
Leitung des Lieutenants M. auf dem Platze an der
Kaserne Rinkau statt. Wie die „Elb. Ztg." meldet, be-
absichtigt überhaupt das Kriegsministerium die Einführung
des Velozipeds und hat neuerdings eine Verfügung er-
lassen, wonach vom nächsten Frühjahr den Truppentheilen.
welche in größeren Festungen auf Außenforts liegen, drei-
rädrige Velozipeds zur Verfügung gestellt werden. Es
sollen nach Köln vier dieser Verkehrsmittel kommen.
Hesterreich-Ilrrgaru.
Wien, 31. Jan. Eingeweihte Kreise wollen dem
„Frkf. Journ." zu Folge wissen, der eigentliche und
Hauptgrund zu den in der nächsten Zeit höchst wahr-
scheinlich ein schnelleres Tempo und einen größeren Um-
fang annehmenden Rüstungen Oesterreich-Ungarns sei die
Befürchtung, daß für letzteres der ou8U8 t'osäcmft ein-
treten könne. Bismarck hat bis jetzt keine Neutralitäts-
versprechen für den Fall eines deutsch-französischen Krieges
von Rußland erlangen können. — Mit Berücksichtigung
der vom Ministerrath im Dezember der Kriegsverwaltung
bewilligten 16 Millionen für Anschaffungen werden die
Delegationen 41 bis 46 Mill, zu bewilligen haben. Vor-
gestern wurde im Ministerrath ausdrücklich erklärt, der
Friede sei nach den Anschauungen der Regierung lediglich
durch die zwischen Deutschland und Frankreich herrschende
Spannung bedroht. Die Rückwirkung dieser Verhältnisse
auf die Orientsrage ist allerdings unberechenbar, deßhalb
bereitet sich Oesterreich auf alle Fälle vor.
Wien, 1. Febr. Zur Ausrüstung des ungarischen
Landsturmes werden nach Pester Meldungen von dem
dortigen Reichstag 7 Millionen verlangt. Da von dem
österreichischen Reichsrath außer für den Landsturm auch
eine besondere Bewilligung für die Landwehr gefordert
werden soll, dürfte die Creditvorlage für den diesseitigen
Reichsrath bedeutend höher sein. — Das bevorstehende
Pferdeausfuhrverbot wird eine Ausnahme zulaffen, welche
besonders Serbien zu Gute kommen dürfte. — Die „Neue
Freie Presse", welche ihre französischen Sympathieen nie-
mals abzustreifen vermochte, bringt einen überaus gehäs-
sigen Artikel gegen Deutschland, in welchem mit
einer Coalition der Mächte gegen Deutschland gedroht
wird, falls Deutschland die Abdankung Boulangers ver-
langen sollte.
Ans Nah und Fern»
* Karlsruhe, 30. Jan. Die Eröffnung des neuen
Schlachthauses, ursprünglich auf den 1. Febr. geplant,
verschiebt sich etwas, wird aber im Laufe des Februar
stattfinden und gleichzeitig auch die Eröffnung des neuen
Viehmarkts. Dabei ist eine kleine Festlichkeit, eine Thier-
ausstellung mit Prämien, Festessen, Umzug der Metzger
rc. in Aussicht genommen. Eine Mittheilung des Stadt-
glaubte ich doch kaum, daß Sie jene geheimen Zerwürf-
nisse jemals ganz durchschauten; ich war zu stolz um mein
Leiden nicht zu vergeben. Um diese Zeit boten Sie mir
ihre Hand an, und —"
„Lassen wir das, Leonore!" bat Alfred. „Ich hoffte,
Ihr Herz zu gewinnen, es sollte nicht sein; ich will den
schönen Traum vergessen."
„Aber ich werde es nie vergessen!" versetzte Leonore
„daß Sie edel genug dachten, um tausend Vortheile und
Hoffnungen der Verbindung mit mir opfern zu wollen.
Ich wies Ihren Antrag'zurück; denu jene Liebe, die Sie
von mir forderten, konnte ich Ihnen nicht schenken, und
ebensowenig wollte ich Sie übervortheilen. Wäre mir Ihr
Glück minder theuer gewesen, hätte ich nicht Ihren ganzen
Werth erkannt, vielleicht hätte ich eingewilligt, Ihre Gattin
zu werden, um mir dadurch Freiheit und Unabhängigkeit
zu erkaufen; aber ich hielt Sie zu hoch, um Sie als
Werkzeug und Mittel gebrauchen zu wollen. Ich fühlte,
daß Sie würdig seien, die volle Liebe des edelsten Weibes
zu besitzen und sagte „Nein," weil ich cinsah, daß ich
Ihnen das Glück nicht gewähren könnte, welches Sie
verdienten."
„Hatten Sie keinen andern Grund?" fragte Alfred.
„Sprach in Ihrem Herzen keine andere Stimme gegen
mich?"
„Nein," versetzte sie, und hielt seinen forschenden
Blick ruhig aus.
(Fortsetzung folgt.)
rathts in den hiesigen Blättern bezeichnet die Einführung
der obligatorischen Trichinenschau als schwer ausführbar
und kostspielig, da mindestens 8 Trichinenschauer angestellt
werden müßten, und als unnöthig, da bei den süddeutschen
Schweinen bis jetzt kein Fall von Trichinosis gefunden
worden sei. Sollte freilich in Zukunft der Bezug nord-
deutscher Schweine durch die hiesigen Metzger eintreten,
dann müßte die obligatorische Trichinenschau trotz der
Kostspieligkeit cingeführt werden.
* Karlsruhe, 31. Jan. Ueber den Umfang des Ex-
preßgutverkehrs auf den badischen Eisenbahnen im Jahre
1886 erhält man folgende Mittheilung:
Es beträgt:
die Anzahl der
aufgegebenen
Sendungen
deren Gesammt-
gewicht
die bezahlte
Fracht
Im Jahre
1886
Stück
529158
Kilo
6631063
M. Pf.
214490 55
1885
491416
6285291
197 094 92
somit 1886 mehr 35 742
345 772
17 395 63
* Karlsruhe, 1. Febr. Herr Dillinger (Eigenthümer
des „Bad. Landesb." wird, nach der „Frkf. Ztg.", im 9.
Wahlbezirk (Pforzheim) wahrscheinlich von den Demokraten
und dem Centrum aufgestellt; Herr Schmitt (Bruchsal)
dürfte geschäftlicher Rücksichten halber zurücktreten.
* Karlsruhe, 1. Febr. Wie verlautet, werden im
Laufe der nächsten Wochen nicht nur sämmtliche vier Jahr-
gänge der Reserven, einschließlich der sogenannten Königs-
urlauber, zu den Fahnen einberufen, sondern schon dieser
Tage werden auch jüngere Landwehrleute vorläufig zu
einer 12tägigen Uebung eingezogen. Wenngleich diese Ein-
berufungen officiell mit der Einführung und Handhabung
des neuen Mehrladegewehres begründet werden, so können
wir doch nicht umhin, schwere Bedenken zu äußern, —
daß die Reichsregierung es für gut befindet, nicht 71000,
sondern nach und nach nahezu an 300000 Mann zu den
stehenden Truppen einzuberufen.
* Mannheim, 30. Jan. Gestern Abend fiel in
einem Hause des Quadrats 8 4 eine Frau in der Dunkel-
heit so unglücklich die Stiege herab, daß sie außer einer
starken Wunde am Knöchel einen Beinbruch erlitt und als-
bald nach dem Allgem. Krankenhaus transportier werden
mußte. — Es ist dies wieder eine Mahnung, die Stiegen
nach eingetretener Dunkelheit zu beleuchten.
* Mannheim, 31. Jan. In der heutigen Versamm-
lung des demokratischen Vereins und der Vertrauens-
männer des 3. Bezirks wurde einstimmig Herr Rechts-
anwalt Dr. Friedrich Kohn in Dortmund zum Kandidaten
für Mannheim-Schwetzingen aufgestellt.
* Bruchsal, 31. Jan. Eine auf gestern Abend im
Einhorn ausgeschriebene Wählerversammlung, in welcher
der sozialdemokratische Agitator Geck von Offenburg
sprechen wollte, wurde auf Grund des Sozialistengesetzes
verboten und die rothen Anschlagzettel durch die Polizei
beseitigt.
* Mosbach, 28. Jan. Nachdem der Turnverein
Buchen wegen des Eisenbahnbaues und dadurch späterer
bequemerer Hinfahrt die Abhaltung des Gauturnfestes für
1887 glaubte ablehnen zu müssen, hat sich der Turnverein
Tauberbischossheim mit großer Zuvorkommenheit bereit
erklärt das Fest pro 1887 zu übernehmen. Die Vor-
turnerstunde wird von unserem Gauturnwart demnächst
ausgeschrieben.
* Wertheim, 30. Jan. Die hiesige „Concordia-Ge-
sellschaft" begeht heute die Jubelfeier ihres 50jährigen
Bestehens durch ein solennes Festmahl mit darauffolgendem
Balle. Die Concordia ist eine der angesehendsten bürger-
lichen und in Bezug auf die Mitgliederzahl eine der be-
deutendsten der hiesigen gesellschaftlichen Vereinigungen.
Die umfangreiche Bibliothek derselben erfreut sich einer
sehr fleißigen Benützung.
* Bon der Tauber, 30. Jan. In Tauberretters-
heim ist gestern Abend der dortige Hilfslehrer beim
Schlittschuhlaufen auf der Tauber ertrunken. Angestellte
Wiederbelebungsversuche waren erfolglos.
-ft Neunkirchen, 30. Jan. Bekanntlich herrscht in
manchen religionsgemischten Gemeinden immer eine Span-
nung, die sich ost so zuspitzt, daß nicht nur der Einzelne,
sondern das Allgemeine schwer darunter leidet. Solche
Fälle sind nur zu bedauern, da das Verhältniß bereits
nahezu 400 Jahren besteht und von Anfang nicht zu
dämpfen war, so sollte man sich doch einmal in das Un-
vermeidliche fügen. Das meiste zn einer Einigkeit könnten
Diejenigen beitragen, welche berufen find die Lehre
Christi zu verkündigendes scheint aber daß Manche, die
Antwort auf die Frage: Welches ist das höchste Gebot?
gar nicht kennen, oder kennen wollen. Die Einwohner
gemischter Orte, wären überall recht eineg, wenn sie zur
Einigkeit angehalten würden. — Heute fand hier die evang.
Pfarrwahl statt, gewählt wurde Hr. Pfarrverweser Herrman
aus Adelsheim z. Z. in Sennfeld. Der Gewählte gehört
so viel bekannt der positiven Richtung an.
* Würzburg, 30. Jan. Der Gesundheitszustand in
der neuen Artilleriekaserne ist zur Zeit nicht der beste.
Scharlach und Dyphtheritis herrschen seit einigen Wochen
epidemisch. Von einem Zimmer mußten 10 Soldaten in
das Mälitärlazareth geschafft werden. Von den Aerzten
wurde die von Feuchtigkeit gesättigte Sandsteinaufschüttung
unter dem Fußboden als Krankheitsursache bezeichnet und
deren Beseitigung angeordnet. — Ein Dienstmädchen in
Pfaffenhofen erschlug den 22jährigen Sohn ihres Dienst-
herrn nach vorausgefolgtem Wortwechsel. Die Thäterin
ist verhaftet. — Am Freitag Vormittag verbrannte das
Dienstmädchen Kath. Schöppner in Bamberg ihr heimlich ge-
borenes Kind in dem Kochherd. Die Mörderin, welche die
Thal eingestand, wurde verhaftet. — Soeben durchläuft die
Kunde, daß das Bankhaus Ballin seine Zahlungen einge-
stellt habe, die Stadt. Betheiligt ist außer dem hiesigen
Platze und Umgebung am meisten Frankfurt. Ebenso sollen
Landleute, welche Depots haben, Ansprüche machen. Ueber
die Höhe der Verbindlichkeiten konnte man bisher nichts
erfahren.
Vermischtes.
— sAus der Reichshauptstadt.) Die Um-
wandlung des Kreuzbergs zu einem großen städtischen
Parke ist als gesichert zu betrachten, nachdem die Geneh-
migung zu den erforderlichen Grundstücksverkäufen und
Erwerbungen eingegangen ist. Der Kreuzberg bildet gegen-
wärtig an seinem nördlichen und westlichen Abhang unbe-
gehbare, wüste, steilabfallende Sandfelder, die zwar von
der spielenden Jugend eifrig gesucht und benutzt werden,
in ihrer trostlosen Erscheinung aber dem erhabenen Stand-
punkte des Kreuzbergdenkmals schnurstracks entgegenwirken.
Schon zu den Zeiten Schinkels hatte man Pläne aufge-
stellt, das ganze das Denkmal umgebende Gebiet für
Volksbelustigungen einzurichten, doch ist man aus mannig-
fachen Gründen immer wieder davon abgekommen. Vor
7 Jahren nun ist von dem städtischen Gartendirektor
Mächtig ein neuer, reichgestalteter Entwurf vorgelegt worden,
der vielen Beifall gefunden hat. Der Park soll den Namen
Viktoriapark erhalten.
— Word und Selbstmord in Budapest.)
Ein tragischer Vorfall hält B. Csaba in Aufregung. Der
Kolomann Szemian, ein noch junger Mann, wurde von
seiner Geliebten mittels Revolver erschossen. Letztere kehrte
sodann die Waffe gegen sich selbst und jagte sich eine
Kugel in den Kopf. Das Mädchen war sofort todt,
Szemian dagegen gab erst nach mehrstündigem Leiden den
Geist auf. Die Ursache ist betrogene Liebe. Szemian
hatte mit dem Mädchen seit längerer Zeit ein Liebesver-
hältnis) unterhalten, welches er nun zu lösen beabsichtigte,
wovon die Geliebte jedoch nichts wissen wollte. Als der
junge Mann trotzdem aus seinem Borsatz beharrte, voll-
führte das Mädchen die schreckliche That.
— sZu Fuß über die Donau.) Ein aufregen-
des Schauspiel Lot sich in Pest den Passanten am oberen
Rudolfskai dar. Die Donau war ihrer ganzen Breite
nach mit Eisplatten bedeckt, welche langsam abwärts
trieben. Inmitten des Eises sah man von der Ofener
Seite her einen Mann, gemächlich nach Pest hinüber-
steuern. Bald passirte er eilenden Schrittes eine größere
Eisplatte, um am Rande derselben plötzlich stehen zu bleiben,
da eben nur kleinere Eisschollen vorbeischwammen. Im
nächsten Augenblicke hatte der tollkühne Mensch, durch
einen Sprung wieder auf einer größeren Eisplatte Posto
gefaßt. Hin und wieder strauchelte er, kam aber jedesmal
wieder auf die Beine. Diese Promenade dauerte nahezu
eine Viertelstunde. Der Mann erreichte schließlich das
Ufer. Auf Befragen, was ihn zu diesem Wagniß be-
wogen habe, erzählte der Mann, er sei ein Maurergehilfe s
— daß er in übermüthiger Laune gewettet habe, er werde s
über den Eisstoß nach Pest gelangen. Als Preis der
Wette galt ein — Liter Wein.
— London, 24. Jan. Der in Monte Carlo »er- '
storbene Sir Joseph Whitworth war einer der ersten Me-
chaniker dieses Jahrhunderts. Er war der Schmied seines s
Glückes. Gegen den Willen .seiner Eltern, die ihn zum
Baumwollspinner ausbilden wollten, zog er nach London, '
arbeitete bei verschiedenen Mechanikern und ließ sich dann
in Manchester als Werkzeugfabrikant nieder. Durch Ge-
duld und Diplomatie führte er die allgemeine Schraube
ein und veranlaßte alle Maschinenbauer, deren Erzeugnisse
bis dahin besondern Größenverhältnissen folgten, sich gleicher
Schraubenwerthe zu bedienen und dadurch die Ausbesserung
aller Maschinen aus der ganzen Erde zu erleichtern.
Später warf er sich auf die Herstellung von Flinten und
Geschützen, deren Schußgenauigkeit er in erstaunlicher
Weise bestimmte. Er starb als mehrfacher Millionär.
Lokales.
* Heidelberg, 2. Febr. (Ausgestellt.) Im Schaufenster
der Guttenberger'schen Musikalienhandlung ist seit gestern das
Profil der combinirten Drahtseil- und Zahnradbahn vomKlmgen-
teich bis zur Molkenkur ausgestellt. Der Plan ist sehr sauber
angefertigt und hat jedermann ein klares Bild von dem Projekt
des Herrn Franz Mai und Consorten. Ob dieses, oder überhaupt
eines der drei geplanten Projecte zur Ausführung kommt, kann
mit Bestimmtheit noch nicht gesagt werden, denn die Meinungen
gehen in Bezug auf die drei Projecte sowohl, als auf die Noth-
wendigkeit einer solchen Bahn überhaupt, himmelweit ausein-
ander. Nun die Zukunft wirds lehren, ob man durch diejFort-
schritte der Technik in einigen Secunden bequem und billig
von der Ebene hinauf bis zum Schloß oder der Molkenkur be-
fördert wird, oder ob's beim Alten bleibt und die trauliche
Waldeinsamkeit nicht durch das Geräusch einer Zahnradbahn
gestört werd. Daß das Mai'sche Project übrigens vieles für
sich hat, kann und wird nicht geleugnet werden.
* Heidelberg, 2. Febr. (Umschlag der Witterung.) Gestern
Nachmittag trat plötzlich ein Umschlag der Witterung ein. Das
anhaltend kalte Wetter wich linder Witterung und ist von gestern
früh bis heute eine Differenz von mindestens 6—7 Gr. Reaumur
wahrzunehmen, denn während gestern das Thermometer noch
4 Grad Kälte zeigte, weist es heute 3 Grad Wärme auf.
* Heidelberg, 2. Febr. (Aus Rache.) Dieser Tage kaiN
es zwischen einem im Bahnhofstadttheil wohnenden Dienstherrn
und dessen Knecht zu kleinen Auseinandersetzungen. Den robusten
Knecht verdroß dies aber derart, daß er den Entschluß faßte, sich
an seinem Dienstherrn zu rächen, weil sich dieser unterstanden
hatte, ihm einen leichten Tadel zn ertheilen. Weil sich aber
keine andere Gelegenheit darbot, zertrümmerte der Knecht die
Sturmlaterne seines Dienstherrn und kühlte so seinen Rachedurst.
Daß er sich aber wegen Sachbeschädigung Hierwegen vor Ge-
richt zu verantworten haben wird, daran dachte der gute ManN
wohl kaum.
* Heidelberg, 2. Febr. (In Fehde.) Schon seit Bestehen
der Schuhfabrik in Schlierbach herrscht zwischen den Arbeitern
derselben und den jungen Bürgern Schlierbachs eins gewisse
Animosität, die sich schon öfters in unliebsamen Auftritten oder
sonstigen Exzessen bekundete. So saßen am Montag eine Anzahl
in genannter Fabrik beschäftigte Schuhmacher in einer Schlier-
bacher Wirthschaft uud labten sich an einem ziemlich umfang-
reichen Faß Bier. An einem anderen Tisch hatte sich eine An- !
zahl junger Bürger aus Schlierbach niedergelassen und gar bald
wurde hüben und drüben gestichelt, bis einer der Schuhmacher!
derart in Harnisch gerieth, daß er ein Bierglas ergriff und dieses!