Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Irankreich.
Paris, 25. Mai. Freycinet übernahm die Bildung
des neuen Cabinets.
Hkußkand.
Petersburg, 24. Mai. Ein heute veröffentlichter
Ukas an den Senat enthält Bestimmungen über die Er-
werbung und Benutzung von unbeweglichem Eigenthum
durch Ausländer in einigen Gouvernements, und zwar in
Polen, Bessarabien, dem Wilnaschen, Witebskischen, Wol-
hynischen, Grodnoschen, Kiewschen und Kownoschen Gou-
vernement, in Kurland, Livland, Minsk und Podolien.
Nach demselben können Ausländer nicht außerhalb der
Hafenplätze und Städte Immobilien und Rechte auf Be-
nutzung derselben erwerben, in Polen dürfen Ausländer
außerhalb der Städte nicht als Verwalter fungiren, die
Begrenzung der Rechte von Ausländern erstreckt sich nicht
auf das Mieten von Häusern, Quartieren und Villen.
Die Erbschaft von Immobilien in gerader Descendenzlinie
und zwischen Eheleuten wird gesetzmäßig gestattet, falls
der Erbe in Rußland vor Veröffentlichung des Ukas an-
gesiedelt war, andernfalls muß der Ausländer nach drei-
jähriger Frist seinen Besitz au einen Russen verkaufen.
Geschieht dies nicht, so wird das Eigenthum meistbietend
verkauft und der Erlös den Erben übergeben.

Mus Nutz Nud Fern.
* Karlsruhe, 26. Mai. Se. Königl. Hoh. der
Großherzog haben geruht, den Amtsrichter Wilhelm Frei-
herrn Marschall von Bieberstein in Mosbach an das
Amtsgericht Emmendingen zu versetzen und den Referendär
Dr. Otto Schneider von Mannheim zum Amtsrichter in
Mosbach zu ernennen.
* Karlsruhe, 25. Mai. Heute Nachmittag nach 5
Uhr fuhr plötzlich ein greller Blitzstrahl aus den Wolken,
dem unmittelbar ein kolossaler Donnerschlag folgte. Merk-
würdig an dieser Erscheinung ist, daß weder vor noch nach
dem Schlag etwas von Gewitter zu sehen oder zu hören
war; nur ein leichter Regen ging nieder. Dem Vernehmen
nach hat der Blitz in der Waldhornstraße (Realgymnasiums-
gebäude) eingeschlagen, jedoch außer der Demolirung
mehrerer Ziegel keinen Schaden angerichtet. Begreiflicher-
weise Hat der Blitzstrahl und der folgende Donnerschlag
Alles in momentanen Schrecken versetzt. Möge diese un-
gewohnte Erscheinung endlich einen Umschlag in der
Witterung mit sich bringen. Leider hat es dazu nicht
den Anschein.
* Bom Odenwald, 24. Mai. Ein köstliches Ge-
schichtchen ereignete sich im Orte N.: Dort sollte bei
einem Wirthe eine auswärtige Hochzeit am Donnerstag
abgehalten werden und die Hochzeitsgäste sammt Braut
mit dem Frühzug eintrefsen. Dieselben waren aber bereits
den Abend zuvor gekommen und hatten in einer anderen
Wirthschaft Wohnung genommen. Es war verabsäumt
worden, den Bräutigam hievon zu verständigen und als
dieser pünktlich mit seinen Verwandten eintraf, und von
der Braut und deren Freundschaft Niemand da war, konnte
er nicht anders denken, als daß dieselbe noch im letzten
Augenblicke zurücktrete. Kurz entschlossen setzte sich der
Bräutigam mit seiner Gesellschaft in den einigen Minuten
darauf zurückfahrenden Zug und fuhr heimwärts. Unter-
wegs aber noch erhielt er telegraphisch Aufklärung von
dem Sachverhalt und wurde ein späterer Zug zur Rück-
kehr benützt. Die Hochzeit konnte endlich ohne weitere
Störung abgehalten werden.
* Billigheim, 23. Mai. Bei einem heute Nachmittag
gegen 5 Uhr stattgehabten Gewitter traf der Blitz den
hiesigen Kirchthurm und zündete. Dank der längeren
Zeit hindurch vorangegangenen feuchten Witterung gerieth
das Holzwerk nicht sehr Drasch in Brand, so daß die
Löschthätigkeit unserer Feuerwehr mit sofortigem Erfolg

nennen, aber ein Vatersöhnchen im Sinne Edmund's, ist
vielleicht noch schlimmer. Wenn unter schwachen Frauen-
händen alle Männlichkeit geknickt und die ganze Indivi-
dualität des Knaben, die geistige wie leibliche, eine lar-
moyante, weibische Weichheit und Kraftlosigkeit erhält, wenn
da gewissermaßen das Herz überentwickelt wird auf Kosten
alles Andern, so ist der Knabe unter Manneshand der
Gefahr ausgesetzt, daß sein Herz hinter seinem Verstände,
die zarte seelische Entwicklung, das weite Gebiet der Em-
pfindung ungefördert bleiben, während die Leidenschaft, der
kecke Wille, der Geist mächtige Jahresringe ansetzen. Was
von Edmund's Gemüth wirklich entwickelt war, hatte er
dem alten Schätzlein, seiner Gespielin Mathilde, seinen
innersten guten Anlagen und den schwärmerischen, ewig an-
geregten Phantasie zu verdanken. Das Gefühl, eine Mutter
zu haben, war ihm gänzlich fremd, und wenn er seinen
Vater auch liebte, herrschte zwischen ihnen weder das rechte
Vertrauen, noch die eigentliche Innigkeit, denn Beides er-
zeugt sich nur durch steten Umgang und genaues Zu-
sammenleben. Hätte Edmund selber mit einer geistigen
Sonde sein Inneres untersuchen können, hätte er bald ge-
funden, daß er eigentlich den alten Justus viel lieber
hatte, ihm viel mehr vertraute, so oft er auch Spott,
Tadel, selbst Schläge von ihm erhalten hatte, als seinen
leiblichen Vater, für den er eine Art Furcht und Kälte
empfand, obwohl derselbe doch meist nur für ihn wohl-
wollende Mienen, Entschuldigungen seiner Unarten und
Geschenke hatte. Zu Schätzleins's Familie zu gehören,
war ihm etwas Natürliches, das gar nicht erst in Frage
kam. Der Sohn seines Vaters zu sein, war etwas
Besonderes, worauf er sich ordentlich einrichten mußte,
glich fast einer Charge, die ihm besondere Vortheile brachte
und eine besondere Würde aufnöthigte.
(Fortsetzung folgt.)

eingreifen konnte. Die Beschädigung durch das Feuer wird
daher nicht sehr bedeutend sein.

begann ein allgemeiner Schrecken. In dem Gedränge
wurden viele Personen getödtel und verwundet. Das Feuer

* Breitfurt, 22. Mai. Vor etwa 3 Wochen stieß
der Steinbruchbesitzer Daniel Müller von hier beim Ab-
räumen von Erdschichten in seinem unterhalb des Dorfes
unmittelbar an der Bliesthalstraße gelegenen Steinbruche
auf künstlerisch behauene Steine. Obgleich dieselben nur
mit Zweispitze hergestellt waren, machte sich Müller an
die theilweise Beseitigung der die Formen deckenden und
umgebenden Erde und nach einiger Zeit hatte er zwei
Reiterstatuen vor sich. Dieselben sind etwa 4—5 Meter-
tief mit Erde bedeckt und konnten bis jetzt nur insoweit
freigemacht werden, als die darüber liegende Erdschichte es
gestattet. Die Statuen sind etwa 2 Meter hoch und die
Pferde sind den römischen Pferden in früheren Zeiten ent-
sprechend mit geschorenen Mähnen und Kämmen Hochge-
bildet. Der historische Verein der Pfalz hat die beiden
anscheinend aus dem 6. Jahrhundert herrührenden Statuen
um 500 Mark angekauft.
* Mainz, 24. Mai. Der neue Zollhafen ist gestern
unter zahlreicher Betheiligung dem allgemeinen Verkehr-
übergeben worden, so daß sämmtliche zu Schiff hier ein-
laufende zollpflichtige Güter im neuen Hafen abgefertigt
werden; eine Ausnahme machen bis jetzt nur noch die
Güter der mit den Niederländischen und Köln-Düssel-
dorfer Gesellschaften hier einlaufenden Schiffe. Für diese
Güter findet die Zollabfertigung noch wie seither statt und
zwar so lange, bis die für diese Schiffe im Zollhafen an-
zubringenden Landungsbrücken vollendet sind.
* Chemnitz, 24. Mai. Eine Bestie in Menschen-
gestalt stand dieser Tage vor der Strafkammer. Eine
ledige Fabrikarbeitern besaß ein dreijähriges Töchterchen,
das ihr augenscheinlich im Wege war, denn sie ließ dem-
entsprechende lieblose Aeußerungen des Oefteren fallen.
In der Gerichtsverhandlung wurde nun festgcstellt, daß
die Megäre ihr unglückliches Kind in folgender Weise
marterte. Sie legte der Kleinen in das eine Händchen
glühende Kohlen und drückte das andere auf die glühend-
heiße Ofenplatte. Nicht genug an diesen Qualen, nahm
sie das wimmernde Kind und schob zuerst den Unterkörper
und dann auch den Oberkörper desselben in die Röhre
des glühenden Ofens! Die Kleine erlitt schreckliche
Brandwunden, wurde jedoch am Leben erhalten. Da sich
in der Gerichtsverhandlung herausstellte, daß der Ange-
klagten schon früher drei Kinder unter ganz eigenthüm-
lichen Umständen gestorben sind, so konnte sich die Straf-
kammer der Ueberzeugung nicht verschließen, daß durch
die grausame Marter eine Tödtung des Kindes herbei-
geführt werden sollte und verwies daher die Sache an
das Schwurgericht.
* Aus Baden, 26. Mai. In Säckingen kam es
vor einigen Tagen zu Streit zwischen einem 21jährigen
Burschen aus Höttingen (Schweiz) und dem Polizeidiener
S. Hiebei verwundete der Bursche den Letzteren durch
mehrere gefährliche Schnittwunden im Gesichte und schnitt
demselben ein Stück von der Nase ab. — Auf dem Wald
bei Säckingen liegt der Schnee ein Fuß tief. — Wie die
Bürger der württemb. Stadt Freudenstadt, so sind auch
die des badischen Städtchens Möhringen, A. Engen, in
der angenehmen Lage, nicht nur keine Gemeindeumlagen
zu zahlen, sondern sogar noch eine Bürgergabe zu bekommen.
Freudenstadt gibt bekanntlich Geld, Möhringen 10 Ster
Buchen- und Tannenholz und 150 Wellen, welche Gabe,
soweit sie nicht selbst verbraucht wurde, genossenschaftlich
versteigert, aus den Kopf dieses Jahr 49 Mark einbrachte.
— In Mörsch schluckte das Söhnchen des Anton Ra-
stetter daselbst einen metallenen Knopf und erstickte daran,
noch ehe ärztliche Hilfe eingreifen konnte. — JnVillin-
g e n mißhandelte ein Bursche aus Dürrheim einen Neben-
buhler „Fensterlns" wegen. Als der Rivale halb todt-
geschlagen war — er verlor 8 Zähne dabei, auch wurde
ihm die Oberlippe gespalten — stellte es sich heraus, daß
der Dürrheimer Recke den Unrechten erwischt hatte,
einen Weißputzer, dem es noch gar nie eingefallen
war, auf den Wegen zu wandeln, die dem Dürrheimer
nicht gefielen.
Vermischtes.
— fDie armen Fremdwörter.) Sergeant (tritt
in eine Wirthschaft, bemerkt einige Freiwillige seiner Schwa-
dron und fragt im Vorbeigehen): „Was essen denn die
Herren da?" — „Anchovis und Caviar," antworteten die
Gefragten, ohne jedoch den lüsternen Sergeanten zur Theil-
nahme an ihrem Frühstück einzuladen. Am andern Tage
läßt der gekränkte Sergeant seine Abtheilung exerciren und
macht endlich seinem Aerger mit den Worten Luft: „Na
ja, da sieht man's wieder, Fremdwörter essen, das können
die Einjährigen, aber ihren Dienst versehen, das können
sie nicht!"
— Paris, 26. Mai. In der Opera Comigue brach
gestern Abend Feuer aus. Soweit bisher bekannt ist, sind
16 Personen um's Leben gekommen; 42 sind verwundet
und zwar meist dadurch, daß sie zu den Fenstern hinaus-
sprangen. Man fürchtet, daß es mehreren weiblichen Per-
sonen und Figuranten nicht gelungen ist, das brennende
Gebäude zu verlassen. Zahlreiche Personen wurden durch
die Fenster der oberen Stockwerke gerettet. Die benach-
barten Gebäude wurden gegen das Feuer geschützt. —
Von dem ganzen Gebäude der komischen Oper stehen nur
noch die vier Außenwände. Bis heute 9 Uhr vormittags
wußte man von 19 Tobten und 58 Verwundeten; aber
man glaubt daß unter den Trümmern noch 20 Choristen
und 60 bis 100 Zuschauer liegen. Die Darsteller, die sich
bei Ausbruch des Feuers auf der Bühne befanden, zeigten
großen Muth; sie blieben auf der Bühne stehen und riefen
den Zuschauern zu, daß keine Gefahr vorhanden sei. Die
Zuschauer begannen mit ziemlicher Ruhe das Haus zu
verlassen. Da stürzte plötzlich eine Decoration herab. Nun

breitete sich rasend schnell aus; in 5 Minuten war die
Bühne ein Feuermeer. Gegen 9 Uhr brannte das Theater
lichterloh. Die riesigen Flammen waren von allen Punkten
der Stadt Paris wahrnehmbar bis nach 11 Uhr, um welche
Zeit das Dach zusammenstürzte. Heute Vormittag gegen
10 Uhr entdeckten die Feuerwehrleute in der Künstlerloge
drei männliche und zwei weibliche Leichen, die vollständig
verkohlt waren. Man befürchtet, die Zahl der Tobten
werde nicht weit unter hundert bleiben. Die Straßen
welche zum Schauplatz des entsetzlichen Unglücks führen, !
sind abgesperrt. Bis heute 7 Uhr Abends wurden gegen
sechzig Leichen aus den Trümmern hervorgezogen.
— (Ein Viel begehrter.) Wie aus Livorno ge-
schrieben wird, haben dort drei junge Mädchen, die in
inniger Freundschaft mit einander lebten, Gift genommen,
da sich alle drei in denselben jungen Mann verliebten.
Glücklicherweise konnten die Selbstmörderinnen noch gerettet
werden. Der junge Mann kennt sich nun nicht aus, welche
von den Dreien er yeirathen soll.

Lokales.
* Heidelberg, 27. Mai. (Extrazüge.) Auch in diesem
Jahre läßt die Generaldirection der Großh. Bad. Staatseisen-
bahnen den Pfingstausflüglern die Vergünstigung zu Theil
werden, daß über Pfingsten, falls schönes Wetter eintritt, folgende
Extra-Personen-Züge zwischen Heidelberg und Schwetzingen
zur Ausführung kommen: Sonntag, 29. Mai: aus Heidel-
berg 4° Nachm., in Schwetzingen 4^ Nachm.; aus Schwetzingen
6" Nachm., in Heidelberg (>'" Nachm. Montag, 30. Mai: aus -
Heidelberg 9" Worin., in Schwetzingen 9^ Vorm.; aus Heidel- -
berg 4" Nachm., in Schwetzingen 4" Nachm. ; aus Schwetzingen
9^ Bonn., in Heidelberg 10°Vorm.; aus Schwetzingen 6" Nachm.,
in Heidelberg 6^ Nachm. Auf den Zwischenstationen wird nicht
angehalten.
* Heidelberg, 27. Mai. (Messe.) Mit dem gestrigen Tage
hatte die heurige Frühjahrsmesse ihr Ende erreicht und sind,
nach uns gewordenen Informationen, die Meßleute, trotz der
fast permanenten regnerischen Witterung während der ganzen
Messe, doch mit ihren Einnahmen ziemlich zufrieden, wogegen
die Schaubudenbesitzer auf dem Jubiläumsplatze lebhaft Klage
darüber führen, daß die, allerdings erstmalige, so zu sagen nur
probweise Vertheilung der Plätze keine glückliche war. Die
Passage sei viel zu eng und dadurch das richtige Präsentiren
der einzelnen Schaubuden unmöglich gewesen. Im klebrigen
glauben die Leute, daß ihnen beim richtigen Vertheilen der
Plätze der Jubilünmsplatz viel mehr Raum und Vortheile bietet,
als der seither inne gehabte Bismarckplatz. Nun, aller Anfang
ist schwer und so war es auch offenbar mit dem erstmaligen
Vertheilen der Plätze, das nächste Mal wird man die entstandenen
Mängel gewiß in's Auge fassen und Abhilfe schaffen. Fast alle
Meßleute verlassen mit dem heutigen Tage unsere Stadt und
so wird wieder die gewohnte Stille einkehren.
* Heidelberg, 27. Mai. (Jugendliche Diebin.) Gestern
Vormittag kam ein ländlich gekleidetes, noch ziemlich jugendliches
Mädchen, mit einem Reisesack in der Hand, in ein Haus in der
Unterenneckarstraße und erkundigte sich nach einer Stellenver-
mittlerin. Obgleich eine solche in genanntem Hause nicht wohnt,
verfügte sich die Fremde in den zweiten Stock genannten Hauses,
drehte, als sie die daselbst von einem Geschäftsmanns innehabende
Wohnung zwar verschlossen fand, den Schlüssel aber stecken sah,
diesen herum, verfügte sich in die Wohnung, öffnete den ebenfalls
verschlossenen Secretär, in dessen Schlüsselloch sich gleichfalls der
Schlüssel befand, zog eine Schieblade und entnahm einem da-
selbst aufbewahrten Portemonnaie dessen Inhalt, in Höhe von
Mk. 1.69, das leere Portemonnaie wieder in den Secretär legend.
Die freche Eindringerin, Katharina Hinkel aus Beerfelden ver-
schloß hierauf den Secretär, ebenso nach dem Verlassen des
Zimmers dieses selbst und drückte sich, schon in dem Bewußtsein,
ungestört ein ganz profitliches Geschäftchen gemacht zu haben.
Leider hatte die Diebin in ihrem Geschäftseifer es nicht wahr-
genommen, daß die Frau eines im dritten Stocke des gleichen
Hauses wohnenden hiesigen Kaufmanns die „Kleine" aus dem
Zimmer treten sah und sofort den begründeten Verdacht hegte,
daß da etwas nicht richtig sein könne. Sie theilte der inzwischen
zurückgekehrten Bewohnerin des zweiten Stockes ihre Wahrneh-
mungen mit und so kam der Diebstahl sofort an's Licht. Eine
von beiden Frauen alsbald angestellte Verfolgung der frechen
Diebin, war vom schönsten Erfolg gekrönt, denn man wurde
nicht nur ihrer selbst habhaft, sondern traf sie noch im vollen
Besitz des Geldes und übergab sie einem gerade dos Weges
kommenden Diener der Gerechtigkeit zur gefälligen Aufbewahrung.
Es ist geradezu erstaunlich, mit welcher Frechheit und Unver-
schämtheit manchmal fremdes Volk die hiesige Einwohnerschaft
belästigt und an ihrem Eigenthum schädigt. So wird uns mit-
getheilt, daß dieser Tage em Hansirer, der die Leute mit Cattun
und sonstigen Stoffen zu beglücken sucht, in ein Haus der Brun-
nengasse kam, im zweiten Stockwerke jedoch die Corridorthüre
verschlossen fand. Mehrmaliges Ziehen der Glocke hatte die In-
haberin der Wohnung herbeigerufen, doch erklärte diese, den
Hausirer wahrnehmend, ihren Bedarf nur von hier ansäßigen
Geschäftsleuten zu beziehen, den Hausirer stehen lassend. Diese
gewiß correkte und löbliche Handlung brachte jedoch den Hau-
sirer derart in Harnisch, daß er aus Rache für „diese Behänd-
jung" den an der Corridorthüre angebrachten Briefkasten des
Gemahls obengenannter Dame wegriß. Wie gesagt, derartige
Leute besitzen eine geradezu unverschämte Frechheit, weßhalb
man ihnen nicht nur die Thüre zeigen, sondern sie auch gleich
auf die Straße weisen sollte, will man sich nicht den Folgen
ihres Grolles aussetzen.
* Heidelberg. 27. Mai. (Herabgestürzt.) In Folge einer,
wie man annimmt, leichten Senkung des Bodens bei dem öst-
lichen Eingang der hiesigen Jesuitenkirche, fiel heute früh der
rechte Arm von einer auf dem First der Kirche stehenden stei-
nernen Figur eines Heiligen, herab. Da sich zu genannter Zeit
noch Niemand an der Stelle befand, auf welche der steinerne
Arm fiel, wurde ein Unglück verhütet und blieb es bei der
durch diese Senkung des Bodens herbeigeführten Verstümmelung
des Steinbildes.
* Heidelberg, 27. Mai. (Zum Fall Cohn.) Unsere ver-
ehrlichen Leser wissen bereits davon, daß Lotteriecollecteur Cohn
in Hamburg die halbe deutsche Presse dessentwegen gerichtlich
belangte, weil Hunderte von Redacteure in guten Treuen einem
bedeutenden deutschen Blatte die Notiz nachgedruckt hatten, daß
sich Herr Cohn einer strafbaren Handlung schuldig gemacht habe.
Diese Nachricht erwies sich jedoch als total falsch, was wir hier-
mit zur öffentlichen Kenntniß bringen, zugleich bemerkend, daß
die betr. Notiz früher schon von uns gebührend revocirt wurde.
' Heidelberg, 27. Mai. <Memoenlrste.) Die heutige
Fremdenliste der hiesigen Gasthöfe führt an Fremden auf 280
Personen.

tsrichter
isrendär
Gut.
von

Sitzung vom 26. Mai. Vorsitzender Herr l
Tüpfle, Vertreter der Großh. Staatsbehörde j
Schöffen die Herren "^Johannes Hwrbold,

Schöffengericht Keidelöerg.
>err Ober

Dr. v. Dusch, Gerichtsschreiber Herr Recht
 
Annotationen