Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
NnNbeyerTugMall

Erscheint täglich außer Ment«g< RLsnnr«rrntvpreiS mit
^>em wöchmtl. UnterhaltunarLratt „M Heidelberg", für Heidel-
berg: monatlich 50 Pfg. mit Tragcrlohn, durch die Post be-
zogen viertelj. Mk. 1.25 ohne ZufieSungsgebühr.


Anzeigen: die'1-spMgc Drtitzrilk »der deren Raum für aus-
wärts 10 Pfg., Lokalanzeigen i» Vfg., Stellengesuche u.rd
Wohnungs-Anz. 3 Pfg., Reclamr 28 Pfg. Bei mehrm. Erschein,
bedeutenden Rabatt. Gratis-VerbreitMüg durch Mauer-Anschlag.

Verkündlgungs-Vlaü für die §e;irke HerdelderZ, Weichem, KchMhingkR, Wieskch, Smsheim, Eppmgr», Mosbach, RelkarbischofshkiN, Eberbach, Sachen
Buchdruckerei und Expedition: Brunnengasse 24. WübbÜrl!, AbeichelU, Ejg.khkkß, 8sWbe?brfchofS^eM Nllb Buchdruckerei und Eppelünan: Brunnengastr §4-

M 82.

Verantwort!. Redacteur PH. Klausner
in Heidelberg.

Samstag, 7. April

Druck und Verlag von Carl Pfeffer
vorm. Wurm L Pfeffer in Heidelberg.

MW.

Unser großer Ueichskarrster.
Der „Köln. Ztg." wird von Berlin gemeldet: In
den hiesigen diplomatischen Kreisen gibt sich große
Aufregung kund. Man spricht in ernster Weise von
der Möglichkeit des baldigen Rücktritt des Fürsten
Bismarck, und bringt dieselbe in Verbindung mit der
so oft schon aufgetauchten und immer wieder bei Seite ge-
schobenen ehelichen Verbindung zwischen dem j
Prinzen Alexander von Battenberg mit der s
Prinzessin Victoria, der zweiten Tochter des Kaisers
Friedrich. Man will aus zuverlässiger Quelle erfahren
haben, daß der Prinz bereits in nächster Zeit zum Zwecke
seiner Bewerbung hierher zu kommen beabsichtige, und daß j
auch die Königin Victoria von England auf ihrer s
öeninüchstigen Rückreise von Florenz über Darmstadt hierher j
reisen gedenke, um Freiwerbcrin für den Schwager -
ihrer Lieblingstochter zu sein. Aus beiden Umständen zieht i
Wan hier den Schluß, daß der so oft erörterte Heiraths- i
gedauke einen bedeutenden Schritt vorwärts zu seiner Er- f
süllung gemacht habe, und folgert daraus, daß der Reichs- -
kanzler einer solchen, seiner bisherigen Politik unbedingt ?
widerstreitenden Entwicklung der Dinge genöthigt sein werde, f
seine Stellung aufzugcben. Der Kreis, in dem ?
diese Gerüchte mit großem Nachdrucke erörtert werden, ist s
ein so ernster, daß man dieselben nicht ohne weiteres un-
berücksichtigt lassen kann. Immerhin möchten wir unsere
Ueberzeugung dahin aussprechen, daß alle jene Betrach-
tungen denn doch in die Zukunft viel zu schwarz sehen.
Es ist ja unzweifelhaft richtig, daß die Horath des -
Prinzen Alexander von Battenberg mit irgend einer preußi- j
scheu Prinzessin von einem ganz anderen Standpunkt be-
jjrtheilt werden muß, als jede andere fürstliche Heirath.
So lange die bulgarische Frage noch nicht gelöst ist,
so lange trägt Prinz Alexander als ein ostaracrbsr in.-
äklidilis das Stempelzeichen an der Stirn, das ihm die
bulgarische Fürstenkrone nun einmal aufgedrückt hat, selbst
setzt noch, wo der Prinz entthront ist. Denn immerhin
bleibt er der Mann, auf dessen Rückkehr die Bulgaren rechnen.
War er es doch in erster Linie, der die Bulgaren dem
russischen Einflüsse entzogen und sie damit in den heftigsten
Gegensatz zu den russischen Machthabern gebracht hat. Er
wird sich also nie der schweren moralischen Verpflichtung
entziehen können, den Bulgaren als ein begeisternder Feld-
herr zu Hilfe zu kommen, falls diese in einem Kriege mit
Rußland, die militärische Unfähigkeit des Coburgers erken-
nend, seine Hilfe in der Roth beanspruchen. Diese mora-
lische Verpflichtung, die dem Prinzen Alexander von Batten-
berg obliegt, verhindert es, daß er, so lauge die bulgarische
Frage in den Augen aller Großmächte ungelöst bleibt, von
Girr ßsl§es Weib.
Von Th. Al mar.
36) (Fortsetzung.)
„Man ist am Hofe empört", fuhr Paula in ihrer
Unterredung mit Arkoni fort, „daß ein Prinz den Muth
besitzt, allen Vorurtheilen zu trotzen und um die Liebe
einer Schauspielerin, welche er zu seiner Gemahlin er-
heben will, zu werben. Sagen Sie der Fürstin, dieser
Mann wiegt mehr als alle Reichthümer und Ehren der
Welt auf. Stefanie Fern schätzt ihn so hoch, daß sie ihm
nicht entsagen kann. Und Ihnen, Baron, soll auch die
Stunde der Freiheit schlagen. Beantragen Sie Schei-
dung — ich willige jetzt darein."
„Und wenn ich nun kein Verlangen habe, die Kette
M lösen, an der Du mich Jahre lang vergebens rütteln
ließest?" fragte Arkoni, indem die Eifersucht gegen seinen
Nebenbuhler immer stärker wuchs.
„So werde ich's thun. Ich werde der Welt erzählen,
wie Baron Arkoni sich ein Weib aus Schwaben geholt "
„Hoffe nicht, mich mit der Oeffentlichkeit zu schrecken;
sch habe das Hofkleid abgestreift. Ich könnte heute Der-
jenige sein, welcher Dich öffentlich auffordert, zu ihm
Zurückzukehren."
Ein Lachen, welches Baron Arkoni bis in die Seele
erschütterte, kam von Paula's Lippen.
„Weil Sie heute einen hohen Nebenbuhler haben,
nicht wahr, Baron? Die arme Paula, die einst jammernd
bvr Ihnen stand, die Sie anflehte, ihr zu sagen, ob sie
entehrt oder Ihr rechtmäßiges Weib sei, die war zu un-
bedeutend, um geschont zu werden. Stefani verspricht weit
höheren Lohn —"
„Ich verstehe Dich nicht; wozu die Vergangenheit
beleben? Hat die Zeit Dich nicht versöhnend gestimmt?"
„Sie verstehen mich nicht? Sie fragen, warum ich
die Vergangenheit belebe? Sie sollten wirklich glauben, die

einem anderen Gesichtspunkte als dem politischen beurtheilt
werden kann. Daraus aber ergibt sich die Nothwendig-
keit, daß eine Verbindung mit einer deutschen
Kaisertochter einfach ein Ding der Unmöglich-
keit ist. Die deutsche Politik wurzelt in erster
Linie in dem Bestreben, alles zu verhindern, was
nur den geringsten Anlaß bieten könnte, Arg-
wohn gegen ihre Haltung zu erwecken. Deutsch-
land muß der bulgarischen Frage gegenüber, wie Fürst
Bismarck im Reichstage so klar überzeugend ausgeführt
hat, so lange es sich lediglich um Bulgarien handelt, voll-
ständig interessenlos dastehen. Diese Jntereffenlosigkeit
allein bietet der deutschen Regierung die Handhabe, in
gleichem Maße das volle Vertrauen der beiden in der bul-
garischen Frage einander am meisten gegenübcrstehenden
Regierungen zu erhalten. Nur dies allseitige Vertrauen
allein kann cs ermöglichen, daß Deutschland nach beiden
Seiten seine guten thatkräftigen Dienste zur dauernden
Wahrung des europäischen Friedens in einer so verwickelten
Frage mit Aussicht auf Erfolg anbisten kann. Dieses
Vertrauen würde selbstverständlich mit einem Schlage für-
lange Jahre hinaus zerstört werden, wenn der vom
Czaren ammeisten gehaßtepcrsönlicheGegner
der Schwiegersohn des deutschen Kaisers würde.
Die Einbuße an moralischem Einfluß, die der deutschen
Regierung daraus erwachsen muß, liegt auf der Hand.
Jeder Deutsche, der sein Vaterland liebt, hat sich längst
von der Richtigkeit dieser Beweisführung überzeugen müssen.
Auch der Prinz Alexander von Battenberg ist
ein Deutscher. Er kann als deutscher Patriot
keinen Schritt thun, der ihm persönlich vielleicht zur Aus-
zeichnung, dem deutschen Vaterlande aber am wenigsten
zum Vortheile gereichen würde. Wir sind in früheren
Jahren wiederholt wegen unserer „Battenbergerei" auf das
schärfste angegriffen und verurtheilt worden. Umsomehr
können wir heute betonen, daß wir die Vaterlands-
liebe und den klugen Verstand des Prinzen so hoch
schätzen, daß wir keinen Augenblick daran glauben
können, daß er im Ern st e eine Bewerbung ver-
suchen wird, die, wenn erfolgreich, nothwendig das
deutsche Volk nm den deutschen Reichskanzler
bring en w ürd e._
Deutsches MsLch.
Karlsruhe, 5. April. Die Kammer tritt am Mitt-
woch wieder zusammen. Die Regierung hat die Fertig-
stellung des Beamtengesetzes beendigt.
Karlsruhe, 6. April. Heute sind es 39 Jahre, seit
ein Theil der badischen Truppen — einBataillon
des damaligen 4. Infanterie-Regiments unter Commando

des Oberstlieutenants v. Porbeck — zum ersten Male seit
dem Jahre 1815 im Feuer gegen einen äußeren Feind
stand und sich im Gefechte bei Ulderup gegen die acht
Mal stärkeren Dänen blutige Lorbeern errang. Es war
ein heilig wichtiger Tag — Charfreitag! Es hatte sich
darum gehandelt, den Hannoveranern, welche imSundewit
(gegenüber der Insel Alscn) seit Morgens 11 Uhr in
heftigem Gefechte gegen die Dänen standen, aber schließ-
lich der Uebermacht hatten weichen müssen, den Rückzug
zu decken, was das Bataillon auch, wie der Erfolg bewies
und dis Anerkennung des commandir-nden Generals v.
Wynecken, sowie die Zeichen der Achtung Seitens der
Hannoveraner und die Verleihung mehrerer Orden an An-
gehörige des Bataillons bestätigte, in glänzender Weise
durchführte. Der Verlust des Bataillons an diesem Tage
betrug 38 Mann an Tobten und Verwundeten; derjenige
der 6 Bataillone Hannoveraner 170. Wir erwähnen dieses
Gefechtes, an dem heutigen Tage, schreibt die „Bad. Ldsztg."
weil wir der Meinung sind, daß man über die glorreichen
Ereignisse des Feldzuges 1870/71 die Thaten früherer
Jahre nicht vergessen soll, sowie ferner zum ehrenden
Andenken, sowohl an Diejenigen, welche damals für die
schleswig-holsteinsche Sache ihr Blut und Leben gelassen
haben, als auch an die übrigen Theilnehmer des die badischen
Truppen ehrenden Gefechtes.
Berlin, 5. April. Ein kaiserlicher Gnaden-
erlaß für den Bereich des Reichslandes Elsaß-
Lothringen steht jetzt ebenfalls bevor. Dem Ver-
nehmen nach wird derselbe sich an das preußische Muster
anschließen. Die Begnadigung der Hoch- und Landes-
verräther erscheint ausgeschlossen, dagegen dürfen die wegen
orts 8säitisux Verurtheilten auf Amnestie rechnen.
Berlin, 4. April. Der „Reichsanzeiger" veröffent-
licht folgenden Erlaß des Kaisers an den Reichskanzler:
„Der Heimgang meines geliebten Herrn Vaters, weiland
Sr. Majestät des Kaisers und Königs Wilhelm, hat zu
einer so überwältigenden Bewegung Anlaß gegeben, wie
sie bisher kaum erreicht worden ist. Um seinen ruhmvollen
Kaiser trauert einmüthig das ganze deutsche Volk, das
mit ihm den milden und gerechten Herrscher, den weisen
und kraftvollen Lenker seiner Geschicke, den Wiederbegründer
seiner Einigung verloren hat. Fast alle fremden Nationen
auf dem weiten Erdenrund nehmen Antheil an diesem Ver-
lust eines Fürsten, in dem sie den sichern Hort des Friedens
erkannten. So zahlreich, so mannigfaltig sind die Kund-
gebungen liebevoller Theilnahme, daß es jetzt erst nach
Wochen möglich gewesen ist, einen Uebcrblick über die große
Fülle der Spenden zu gewinnen. In allen Theilen Deutsch-
lands, in ganz Europa, selbst in fernen Welttheilen, wo
nur deutsche Herzen schlagen, ist gewetteifert worden, dem

Zeit könnte zwischen uns versöhnend wirken?" rief Paula, -
und Ruhe und Kälte waren von ihr gewichen."
„Paula!"
„Unterbrechen Sie mich nicht, ich bin noch nicht zu
Ende. Zur verhängnißvollen Stunde zerstörten Sie das
Lebensglück einer Frau, die Sie angebetet hatte, welche die
Erde hätte küssen mögen, die Ihr Fuß berührte, die Ihnen
selbst das Verbrechen der Doppelehe verziehen und selbst
wie eine Verbrecherin vor den Menschen sich verborgen
gehalten hätte, aber doch noch immer ihren Max lieben
konnte. -- Erinnern Sie sich, daß mich die Liebe in
meinem Schmerz Ihnen noch die Hand, die Arme ent-
gegenstrecken ließ, und Sie — o, der Becher sollte bis
zum Grunde geleert werden. Ihr Lorenz, der geheime s
Vertraute ihrer Sünden, mußte, gefoltert von seinen Ge-
wissensbissen, Vergessenheit im Weinrausch suchen, um mir
die Wahrheit zu verrathen."
Arkoni stand gebeugten Hauptes da. Endlich wußte
er, wonach er so lange vergebens geforscht, welch'ein Zu-
fall Paula die Wahrheit enthüllt hatte.
„Paula, Deine Vorwürfe treffen mich tief, und mit
Recht, aber sie geben mir auch Hoffnung — wer zürnt,
hat noch Gefühl!"
„Sie irren!" entgegnete sie heftig. „Warum ich so
zu Ihnen spreche, sollen Sie erfahren. Ich nenne Ihnen -
die Gründe, die ich angeben würde, wenn Sie nicht in
eine Scheidung willigten."
„Und wenn ich dieses Alles über mich ergehen ließe, -
wenn ich selbst ertrüge, daß man mich öffentlich verspottete
und doch von Dir nicht geschieden sein wollte?"
„Dann, Baron, gibt es nur ein Mittel, diesen Willen
mit Gewalt zu brechen! Kann Stefanie Fern nicht Prinz
Waldemar's Gemahlin werden, so wird Paula von Arkoni
seine öffentliche Geliebte. Noch habe ich diesen Namen
nicht genannt, Sie würden mich zwingen, ihn zu tragen!"
Der Baron zuckte zusammen und rief erschüttert:

„Paula, dämonisches Weib! — Doch nein, Dein
Stolz würde diesen Weg Dich nicht beschreiten lassen!"
„Mein Stolz wird schwinden, wo es heißt. Sie zu
verwunden!"
„Du liebst den Prinzen?" fragte er mit forschendem
Blick und näherte sich ihr.
Ein Pause entstand, da ging die Thür auf, die kleine
Klaudine hüpfte leicht und graciös in's Zimmer hinein,
Barbara folgte ihr. Während die Bäuerin in Schreck und
Bestürzung vor dem unerwarteten Gast die Hände auf ihre
Augen legte, als sehe sie Arkoni's Geist, eilte die Kleine
auf Paula zu und fragte: „Mama, werden wir heute
spazieren fahren?"
Arkoni starrte auf das Kind, und seine Brust hob
und senkte sich. Er faßte der Kleinen Hand, zog sie an
sich und betrachtete die blauen Augen, das feine blasse
Gesichtchen mit unsagbaren Empfindungen. Kein Zweifel,
das war sein Kind — und die Mutter wollte von ihm
geschieden sein!
„Wie heißt Du, Kleine?" fragte er.
„Klaudine", antwortete das Kind und lächelte Arkoni
freundlich an.
„Wie alt bist Du?" forschte er weiter.
„Sechs Jahre."
Mit einer hastigen Bewegung riß er das Kind an
seine Brust.
„Paula, könntest Du Dich jetzt noch von mir scheiden
lassen?"
„Ja!" entgegnete die junge Fran bestimmt.
„Paula, das ist unser Kind?"
„Nein!" sagte die junge Frau ebenso bestimmt, während
sie mit Barbara Blicke des Einverständnisses wechselte:
diese fing der Baron auf, und argwöhnisch rief er:
„Ihr werdet mich nicht täuschen. Endlich zeigt sich, Du
stolzes Weib, auf Deinem Schilde auch ein Fleck. Mit einer
Lüge willst Du dem Vater sein Kind entziehen; aber umsonst
ist Dein Mühen, ich halte fest, was ich mein nenne!"
 
Annotationen