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klei«-
Hasp^
rpreis mil
für Heidel-
M ii»
1888
Donnerstag, IO. Mai
ii)
Druck und Verlag von Carl Pfeffer
vorm. Wurm L Pfeffer in Heidelberg.
^erKLmdigungs-BlaLr für die Kezirke Heidelberg, Meinheim, Schwetzingen, Meslsch, Sinsheim, Eppinges, Mosbach, Neckarbischofshei«, Eberbach, KschtH
>duchdruckerei und Expedition: Brunnengaffe 24. MaübNlN, AbklsheiM, §0!0krg, ^aNbekbischo^SheiM NNb MerlhelM« Buchdruckerei und Expedition: Brunxengsffe 84-
Verantwortl. Redacteur PH. Klausner
in Heidelberg.
Schattenseite der Straße lag, reflectirtcn die Fenster der
gegenüberliegenden Häuser dagegen den vollsten Sonnen-
schein, der heute vom Himmel herniederstrahlte. Ganz
besonders funkelten die hohen Spiegelscheiben der Bel-
Etage, welche Frau Lessing gemiethet und die Gräfin
Schönmark bewohnte, in diesen Sonnenstrahlen wie flüs-
siges Gold, so daß die Hinaufblickenden sich fast geblendet
fühlten. Aber doch wandten sich die Augen derselben nicht,
im Gegcntheil erhoben sich immer mehr Blicke zu dem
ersten Stockwerk jenes prächtigen Eckhauses, und zwar zu
dem einzigen Fenster, das den Reflex des Sonnenlichts
nicht zurückwarf, weil seine beiden Flügel weit geöffnet
standen.
Dies geöffnete Fenster bildete den Rahmen zu einem
Bilde, das in seiner Schönheit wirklich seines Gleichen
suchte. Oben zeigte sich die thronartige Draperie herab-
hängender, silberweißer Spitzengardinen, die an den Seiten
durch die weitgeöffneten Fensterflügel auseinander gehalten
wurden. Auf dem Fensterbrett stand eine ganze Reihe von
Blumentöpfen, in welchen nur Veilchen blühten, die ihre
dunkelblauen Blumenhäupter in seltener Fülle aus dichten
Büscheln saftgrüner Blätter erhoben. An diesem geöffneten
Fenster saß in einem Sessel nachlässig zurückgelehnt die
Gräfin Schönmark, deren rothblonde Lockenpracht in dem
sie voll treffenden Sonnenschein so eigenthümlich reizvoll
strahlte, daß kein Pinsel, auch nicht des genialsten Malers,
diese wunderbare Farbennuance hätte nachahmen können.
Die schöne Frau war wieder in Schwarz gekleidet. Hinter
ihr stand der Blumentisch mit dunkelgrünen Blattpflanzen,
der von Frau Lessing ursprünglich dicht an das Fenster
placirt worden war, den aber die Gräfin mehr in den
Salon hineingerückt hatte, und zwar so, daß er, wenn sie
an diesem mit Veilchentöpfen decoririen Fenster saß, ihrer
Erscheinung das vortheilhafteste Relief gab. Wundervoll hob
sich ihr schöner Kopf und der obere Theil ihrer herrlichen Büste
von dem durch die Blattpflanze gebildeten dunkelgrünen Hinter-
gründe ab, während sie andererseits sich aus den vor ihr blühen-
Die Conservativen haben in mehreren Orten den Re-
publikanern Niederlagen bereitet, so in Nantes, Simiane,
Martignac. Im Norddepartement, dem Sitze Boulan-
gers, haben die Republikaner an so vielen Stellen
gesiegt, daß ihnen der Sieg, auch bei der Wahl eines
Senators am 21. Juni so gut wie sicher ist. Die Oppor-
tun ist en haben im Allgemeinen ihre Stellung behauptet,
sogar verbessert. In Narbonne und Chollet siegten die
Socialisten. Die Radicalen haben mehr Sitze ver-
loren als gewonnen. In Marseille siegte die Liste der
republikanisch-radicalen Vereinigung mit 28 000 Stimmen;
die Liste der Socialisten und Intransigenten erhielt 4658,
die Liste Pyats sogar nur 3058. Die Boulangisten fanden
nicht den erwarteten Anklang. In Clermont-Ferrand so-
gar, wo die Boulangisten mit den Vonapartisten
stimmten, erhielt der erste der Boulangistcnliste 900 Stimmen
weniger als der letzte der republikanischen Liste. Nur in
Tülle (Correze) wurde Boulanger zum Gemeinde-
rath gewählt. Der Verlauf der Wahlen war im Allge-
meinen ungestört; nur in Castries wurden Unruhe-
stifter durch Truppen zersprengt. — In St. Oudre de
Tallano wurde bei einer Rauferei der Wähler eine Frau
getödtet; die Frau des Bürgermeisters und ein junger
Mann wurden schwer verwundet. General Bo »langer
hatte durch die „Agentur Havas" erklären lassen, der Be-
richt des „Matin" über seine Unterredung mit dem Schneider-
gesellen Avronsart sei erfunden; jetzt erklärt dieser
Avronsart in einer Zuschrift an die „Agentur Havas", er
müsse die vollständige Richtigkeit dieser Berichte aufrecht
erhalten und könne nur bedauern, „daß das Gedächtniß
des Generals ihn wieder einmal im Stiche gelassen habe."
Avronsart schließt mit den Worten: „Alle, die mich kennen,
werden mir keine Lüge zutrauen."
Paris, 8. Mai. Der Senator Bernard ist heute
gestorben.
. NW" Des Christi Hirnmelfahrtssestes
Eege« erscheint morgen kein Blatt.
den Veilchenbüschen wie die Fee berauschender Frühlingslust
zu erheben schien.
Unbedingt mußte es in der Absicht der Gräfin liegen,
Aufsehen erregen zu wollen, Aufsehen um jeden Preis,
selbst aus Kosten ihres eigenen Wohlbehagens, denn sie
konnte sich in diesem grellen Sonnenschein, der ihre Augen
blendete, unmöglich wohl befinden.
Wer diese seltsame Frau, deren Schönheit in ihrem
Genre nicht übertroffen werden konnte, vor zwei Abenden
in der Loge des Opernhauses gesehen und sie jetzt in
dieser raffinirt interessanten Blumen-Umgebung am geöff-
neten Fenster sich allen Blicken wieder preisgeben sah, der
konnte nicht im Zweifel bleiben, daß sie mit dieser Schau-
stellung ihrer Person einen bestimmten Zweck verbinden
mußte. Aber welchen? Das blieb räthselhaft. Niemals
senkte sie ihren Blick aufdic Straße hinab, noch viel weniger
lag auf ihrem Gesicht ein Zug von Freundlichkeit oder
Ermuthigung, der für irgend ein Entgegenkommen gehalten
werden konnte.
Die Hände der Gräfin ruhten über einem Buch ge-
faltet, das auf ihrem Schooße lag. Ihre Gedanken schienen
sich aber nicht mit dem Buche zu beschäftigen; schon meh-
rere Male hatte sie eine kleine Uhr aus dem Gürtel ge-
zogen und das Fortschreiten des Zeigers auf dem Ziffer-
blatt derselben verfolgt.
Noch immer nicht, murmelte sie leise vor sich hin,
die Börsenzeit naht, sollte er die Börse eben so wenig be-
suchen wie vorgestern die Oper? Dann wäre ich schlecht
unterrichtet worden. Sie hatte sich etwas aufgerichtct und
fühlte hierbei das Buch unter ihren Händen.
Ja so, sprach sie weiter zu sich selbst, ich vergesse
Eins über das Andere. Dann schlug sie das Buch auf
und sing an, in demselben zu blättern. So seltsam und
räthselhaft Vieles bei der Gräfin war, so merkwürdig war
auch die Lectüre, welche sie sich gewählt hatte.
(Fortsetzung folgt.)
Itnkie«.
Rom, 7. Mai. Die Ausstellung in Bologna
ist gestern in Gegenwart des Königspaares feierlich eröffnet
worden. Der „Allgem. Ztg." wird von dort gemeldet:
Die heutige Einweihung der nothdürftig fertiggestellten
Ausstellung war vom herrlichsten Wetter begünstigt. Der
Ausstellungspark glich einem strahlenden Festsaal, der von
Tausenden belebt war. In Gegenwart des Hofes hielten
Nachmittags um 1 Uhr im Musikpavillon vor einer glän-
zenden Versammlung von Geladenen der Vorsitzende des
Ausschusses, Codronchi, sowie die Minister Crispi und
Grimaldi patriotisch gefärbte und mit lebhaftem Beifall
aufgenommene Reden. Das Königspaar empfing bei der
Durchwanderung des Ausstellungsraumes überall begeisterte
Huldigungen.
Ungefähr zu derselben Zeit, als die arme Therese
Mr der Wucht ihres Seclenleidens, geschwächt von
^Nger und den beiden am Krankenbett ihres Kindes durch-
Mten Nächten auf der Straße zusammengebrochen war
mit blutiger Stirn und besudelten Kleidern unter dem
Umwege lag, zu dieser selben Zeit hatten die Passanten
ei« Stwße, in welcher der Bankier Ortmann wohnte,
bezaubernden Anblick, eine Verkörperung raffinirtesten
und höchster irdischer Glückseligkeit.
Wie die Wohnung des Bankier Ortmann auf der
^riHktnt täglich außer Msniag. MonnrmentsjrreiS mit
wöchentl. UntsrhllltLNgSbiatt „Alt Heidelberg", für Heidel-
'lrg: monatlich 5» Pfg. mit Trägerlohn, durch die Post be-
zogen viertel). Mk. 1-25 ohne Zustellungsgebühr.
Die Derlchendarne.
Roman von Carl Görlitz.
(Fortsetzung.)
Therese entledigte sich der Sachen, die sie trug, eilte
Msk an das Bett ihrer kleinen Tochter und drückte einen
«5» auf deren Stirn. Dann trat sie an das Bett ihres
. Mues, der wieder auf sein Lager zurückgesunken war,
reichte ihm ein frisches Weißbrod.
. Mein Gott, bist Du endlich mit Deiner Hülfe bei
Ns erschienen! rief Paul, ergriff mit seiner gesunden
Md das Brod und verschlang es gierig. Er fragte nicht
jZter, ob Therese bei Ortmann Hülfe gefunden hätte,
genügte, daß sie da war.
- Wenige Minuten darauf prasselte ein lustiges Feuer
w. dem eisernen Ofen, eine angenehme Wärme erfüllte den
,Mm und gleich nachher verbreitete der würzige Geruch
Ms auf dem Ofen schmorenden Fleischstückes einen Hauch
M Behaglichkeit sogar über diesen Ort, wo der Knochen-
- schon längst mit seiner Sense drei Menschenleben
drohte.
Für den Augenblick war der Streich seiner Sense
M einmal abgewehrt. Auf wie lange — wird die Zu-
lehren. —
Mtzerger Tageblatt
«SV- tz «»zeigen: die-l-spaltige PetiiMe rt,r deren Raum für «mS«
* bedeutenden Rabatt, Gratis-Verbreitung durch Mauer.Auschlag.
Bologna, 8. Mai. Die Königin Marguerite,
welche heute einer Messe in der Peterskirche beiwohnte,
wurde am Eingänge in die Kirche von einer Abordnung
des erzbischöflichen Capitels empfangen. Auch der Erz-
bischof Pataglini wohnte der Messe bei.
KrrgkkKK,
London, 8. Mai. Die „Morning Post" erfährt, die
belgische Regierung habe der Zuckerprämien-
Conferenz mitgetheilt, daß sie die vorgeschlagene Aende-
rung des gegenwärtigen Systems der Zuckerfabcication in
Belgien nicht durchführen könne.
Glasgow, 8. Mai. Die Ausstellung ist heute in
Gegenwart des Prinzen und der Prinzessin von Wales,
welche bei ihrem Erscheinen begeistert begrüßt wurden,
feierlich eröffnet worden.
Hlnmänien.
Bukarest, 8. Mai. Gestern Abend gegen 10 Uhr
gab ein ehemaliger Polizeib e amter, welcher verurtheilt
gewesen und dann begnadigt worden war, zwei Flinten-
schüsse auf das königliche Palais ab und zer-
trümmerte dadurch mehrere Fensterscheiben. Derselbe wurde
alsbald verhaftet, wobei er Drohungen gegen den König
ausstieß. Die Schüsse waren in die Fenster des Biblio-
thekzimmers abgegeben worden. Wie es heißt, hatte der
Verbrecher als Grund seiner That angegeben, daß er keinen
Fremden auf dem Throne dulden werde und daß er ge-
hofft habe, von denjenigen unterstützt zu werden, auf
welche bei den Vauernunruhen geschossen worden sei. Ver-
letzt wurde Niemand.
Spanien.
Madrid, 8. Mai. Der Senat genehmigte den H a n-
delsvertrag mit Rußland. — Der oberste Ge-
richtshof hat wieder einmal bewiesen, daß Spanien
noch immer kein moderner Staat ist. Er hat auf Grund
des Art. 240 des St.-G.-B. einen Zeitungsredacteur wegen
kritischer Besprechung der Religion verurtheilt und seine
Entscheidung auf die Concile von Nicäa und Trient zurück-
geführt. Das Provinzgericht hatte den Angeschuldigten
freigesprochen. Die Verfassung von 1876 gewährt zwar
Religionsfreiheit — zu der doch auch die Erörterung reli-
giöser Gegenstände gehört — aber sie erklärt zugleich die
katholische Kirche zur Staatsreligion und läßt es an einer
Sanction der proclamirten Freiheit fehlen, so daß daneben
das alte Strafgesetz besteht, welches den Richtern gestattet,
einen Spanier auf Grund des im Jahre 325 gehaltenen
Concils von Nicäa zu verurtheilen. (Traurig aber —
spanisch! D. Red.)
Men.
Mandalay (Birma), 5. Mai. Während 9 britische
Soldaten vom Royal Munster Füsilier-Bataillon und
Derrtschss Meich.
. Berlin, 8. Mai. Aus Charlottcnburg wird berichtet:
M gestern Abend eingetretene bessere Wendung in dem
"Minden Kaiser Friedrichs, welche auch der heutige
Miche Bericht ankündigt, hat sich auch bis Mittag cr-
^uen uud womöglich noch gesteigert. Der reichliche Eiter-
?chuß hat nachgelassen, der Kaiser fühlt sich, wie er
Überholt aussprach, leichter und Wohler, das Fieber ist
geschwunden; gleichwohl wünschten die Aerzte, daß
Mer Friedrich heute das Bett nicht verlassen möchte.
M Annahme der Aerzte, daß rS sich um den Erguß
'des neuen Abscesscs handle, erhält sich. Der Kron-
Mnz mar heute Vormittag im Schlosse, um sich nach
M Befinden seines kaiserlichen Vaters zu erkundigen.
M es heißt, wird die Kaiserin Victori a heute mit
M Nachtzuge sich nach Dirschau begeben, um das dortige
^erschwemmungsgebiet zu besichtigen.
Berlin, 8. Mai. Kronprinz Wilhelm, der gestern
Zmittag den Minister Grafen Bismarck zum Vor-
M empfangen, dann mit dem Negierungsrath v. Branden-
M gearbeitet hatte, wohnte heute Vormittag den Truppen-
Mngen bei und begab sich von da nach Charlottcnburg
Schloß. Später arbeitete der Kronprinz mit dem
Cabinctsrath v. Wilmowski und nahm militärische
Übungen entgegen.
, München, 8. Mai. Der frühere Kriegsminister Frci-
Mr v. Pranckh ist heute früh einem langen Leiden
Mcgeri. fSigmund Freiherr v. Pranckh, seit 1876
Meral der Infanterie, Staatsrath im a. o. Dienst, Mit-
Aed Rcichsrathskammer, Generalcapitän der Leibgarde
Hartschiere, war zusammen mit Lutz und Bray in der
^ȧen Wendung von 1870 Kriegsminister gewesen und
M als solcher an den Vertragsverhandlungen in Ver-
Mes, welche zur Gründung des deutschen Reiches führten,
" hervorragender Weise bctheiligt. Er litt seit Monden
? einer „Verdickung des Kehlkopfes" (Krebs?), welche
zuletzt qualvolle Leiden bcrcitcte.j
Schweiz.
. Bern, 8. Mai. Deutschland hat für sein west-afri-
Misches Schutzgebiet Togo auf den 1. Juni, für
Marsch allinseln auf 1. October 1888 seinen Bei-
zum Weltpostverein erklärt.
KrrmKreiK.
Paris, 7. Mai. Bis jetzt sind noch zu wenige Er-
Msse derGcmeinderathswahlen bekannt, als daß
^über den Ausfall im Ganzen ein Urtheil bilden ließe.
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klei«-
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für Heidel-
M ii»
1888
Donnerstag, IO. Mai
ii)
Druck und Verlag von Carl Pfeffer
vorm. Wurm L Pfeffer in Heidelberg.
^erKLmdigungs-BlaLr für die Kezirke Heidelberg, Meinheim, Schwetzingen, Meslsch, Sinsheim, Eppinges, Mosbach, Neckarbischofshei«, Eberbach, KschtH
>duchdruckerei und Expedition: Brunnengaffe 24. MaübNlN, AbklsheiM, §0!0krg, ^aNbekbischo^SheiM NNb MerlhelM« Buchdruckerei und Expedition: Brunxengsffe 84-
Verantwortl. Redacteur PH. Klausner
in Heidelberg.
Schattenseite der Straße lag, reflectirtcn die Fenster der
gegenüberliegenden Häuser dagegen den vollsten Sonnen-
schein, der heute vom Himmel herniederstrahlte. Ganz
besonders funkelten die hohen Spiegelscheiben der Bel-
Etage, welche Frau Lessing gemiethet und die Gräfin
Schönmark bewohnte, in diesen Sonnenstrahlen wie flüs-
siges Gold, so daß die Hinaufblickenden sich fast geblendet
fühlten. Aber doch wandten sich die Augen derselben nicht,
im Gegcntheil erhoben sich immer mehr Blicke zu dem
ersten Stockwerk jenes prächtigen Eckhauses, und zwar zu
dem einzigen Fenster, das den Reflex des Sonnenlichts
nicht zurückwarf, weil seine beiden Flügel weit geöffnet
standen.
Dies geöffnete Fenster bildete den Rahmen zu einem
Bilde, das in seiner Schönheit wirklich seines Gleichen
suchte. Oben zeigte sich die thronartige Draperie herab-
hängender, silberweißer Spitzengardinen, die an den Seiten
durch die weitgeöffneten Fensterflügel auseinander gehalten
wurden. Auf dem Fensterbrett stand eine ganze Reihe von
Blumentöpfen, in welchen nur Veilchen blühten, die ihre
dunkelblauen Blumenhäupter in seltener Fülle aus dichten
Büscheln saftgrüner Blätter erhoben. An diesem geöffneten
Fenster saß in einem Sessel nachlässig zurückgelehnt die
Gräfin Schönmark, deren rothblonde Lockenpracht in dem
sie voll treffenden Sonnenschein so eigenthümlich reizvoll
strahlte, daß kein Pinsel, auch nicht des genialsten Malers,
diese wunderbare Farbennuance hätte nachahmen können.
Die schöne Frau war wieder in Schwarz gekleidet. Hinter
ihr stand der Blumentisch mit dunkelgrünen Blattpflanzen,
der von Frau Lessing ursprünglich dicht an das Fenster
placirt worden war, den aber die Gräfin mehr in den
Salon hineingerückt hatte, und zwar so, daß er, wenn sie
an diesem mit Veilchentöpfen decoririen Fenster saß, ihrer
Erscheinung das vortheilhafteste Relief gab. Wundervoll hob
sich ihr schöner Kopf und der obere Theil ihrer herrlichen Büste
von dem durch die Blattpflanze gebildeten dunkelgrünen Hinter-
gründe ab, während sie andererseits sich aus den vor ihr blühen-
Die Conservativen haben in mehreren Orten den Re-
publikanern Niederlagen bereitet, so in Nantes, Simiane,
Martignac. Im Norddepartement, dem Sitze Boulan-
gers, haben die Republikaner an so vielen Stellen
gesiegt, daß ihnen der Sieg, auch bei der Wahl eines
Senators am 21. Juni so gut wie sicher ist. Die Oppor-
tun ist en haben im Allgemeinen ihre Stellung behauptet,
sogar verbessert. In Narbonne und Chollet siegten die
Socialisten. Die Radicalen haben mehr Sitze ver-
loren als gewonnen. In Marseille siegte die Liste der
republikanisch-radicalen Vereinigung mit 28 000 Stimmen;
die Liste der Socialisten und Intransigenten erhielt 4658,
die Liste Pyats sogar nur 3058. Die Boulangisten fanden
nicht den erwarteten Anklang. In Clermont-Ferrand so-
gar, wo die Boulangisten mit den Vonapartisten
stimmten, erhielt der erste der Boulangistcnliste 900 Stimmen
weniger als der letzte der republikanischen Liste. Nur in
Tülle (Correze) wurde Boulanger zum Gemeinde-
rath gewählt. Der Verlauf der Wahlen war im Allge-
meinen ungestört; nur in Castries wurden Unruhe-
stifter durch Truppen zersprengt. — In St. Oudre de
Tallano wurde bei einer Rauferei der Wähler eine Frau
getödtet; die Frau des Bürgermeisters und ein junger
Mann wurden schwer verwundet. General Bo »langer
hatte durch die „Agentur Havas" erklären lassen, der Be-
richt des „Matin" über seine Unterredung mit dem Schneider-
gesellen Avronsart sei erfunden; jetzt erklärt dieser
Avronsart in einer Zuschrift an die „Agentur Havas", er
müsse die vollständige Richtigkeit dieser Berichte aufrecht
erhalten und könne nur bedauern, „daß das Gedächtniß
des Generals ihn wieder einmal im Stiche gelassen habe."
Avronsart schließt mit den Worten: „Alle, die mich kennen,
werden mir keine Lüge zutrauen."
Paris, 8. Mai. Der Senator Bernard ist heute
gestorben.
. NW" Des Christi Hirnmelfahrtssestes
Eege« erscheint morgen kein Blatt.
den Veilchenbüschen wie die Fee berauschender Frühlingslust
zu erheben schien.
Unbedingt mußte es in der Absicht der Gräfin liegen,
Aufsehen erregen zu wollen, Aufsehen um jeden Preis,
selbst aus Kosten ihres eigenen Wohlbehagens, denn sie
konnte sich in diesem grellen Sonnenschein, der ihre Augen
blendete, unmöglich wohl befinden.
Wer diese seltsame Frau, deren Schönheit in ihrem
Genre nicht übertroffen werden konnte, vor zwei Abenden
in der Loge des Opernhauses gesehen und sie jetzt in
dieser raffinirt interessanten Blumen-Umgebung am geöff-
neten Fenster sich allen Blicken wieder preisgeben sah, der
konnte nicht im Zweifel bleiben, daß sie mit dieser Schau-
stellung ihrer Person einen bestimmten Zweck verbinden
mußte. Aber welchen? Das blieb räthselhaft. Niemals
senkte sie ihren Blick aufdic Straße hinab, noch viel weniger
lag auf ihrem Gesicht ein Zug von Freundlichkeit oder
Ermuthigung, der für irgend ein Entgegenkommen gehalten
werden konnte.
Die Hände der Gräfin ruhten über einem Buch ge-
faltet, das auf ihrem Schooße lag. Ihre Gedanken schienen
sich aber nicht mit dem Buche zu beschäftigen; schon meh-
rere Male hatte sie eine kleine Uhr aus dem Gürtel ge-
zogen und das Fortschreiten des Zeigers auf dem Ziffer-
blatt derselben verfolgt.
Noch immer nicht, murmelte sie leise vor sich hin,
die Börsenzeit naht, sollte er die Börse eben so wenig be-
suchen wie vorgestern die Oper? Dann wäre ich schlecht
unterrichtet worden. Sie hatte sich etwas aufgerichtct und
fühlte hierbei das Buch unter ihren Händen.
Ja so, sprach sie weiter zu sich selbst, ich vergesse
Eins über das Andere. Dann schlug sie das Buch auf
und sing an, in demselben zu blättern. So seltsam und
räthselhaft Vieles bei der Gräfin war, so merkwürdig war
auch die Lectüre, welche sie sich gewählt hatte.
(Fortsetzung folgt.)
Itnkie«.
Rom, 7. Mai. Die Ausstellung in Bologna
ist gestern in Gegenwart des Königspaares feierlich eröffnet
worden. Der „Allgem. Ztg." wird von dort gemeldet:
Die heutige Einweihung der nothdürftig fertiggestellten
Ausstellung war vom herrlichsten Wetter begünstigt. Der
Ausstellungspark glich einem strahlenden Festsaal, der von
Tausenden belebt war. In Gegenwart des Hofes hielten
Nachmittags um 1 Uhr im Musikpavillon vor einer glän-
zenden Versammlung von Geladenen der Vorsitzende des
Ausschusses, Codronchi, sowie die Minister Crispi und
Grimaldi patriotisch gefärbte und mit lebhaftem Beifall
aufgenommene Reden. Das Königspaar empfing bei der
Durchwanderung des Ausstellungsraumes überall begeisterte
Huldigungen.
Ungefähr zu derselben Zeit, als die arme Therese
Mr der Wucht ihres Seclenleidens, geschwächt von
^Nger und den beiden am Krankenbett ihres Kindes durch-
Mten Nächten auf der Straße zusammengebrochen war
mit blutiger Stirn und besudelten Kleidern unter dem
Umwege lag, zu dieser selben Zeit hatten die Passanten
ei« Stwße, in welcher der Bankier Ortmann wohnte,
bezaubernden Anblick, eine Verkörperung raffinirtesten
und höchster irdischer Glückseligkeit.
Wie die Wohnung des Bankier Ortmann auf der
^riHktnt täglich außer Msniag. MonnrmentsjrreiS mit
wöchentl. UntsrhllltLNgSbiatt „Alt Heidelberg", für Heidel-
'lrg: monatlich 5» Pfg. mit Trägerlohn, durch die Post be-
zogen viertel). Mk. 1-25 ohne Zustellungsgebühr.
Die Derlchendarne.
Roman von Carl Görlitz.
(Fortsetzung.)
Therese entledigte sich der Sachen, die sie trug, eilte
Msk an das Bett ihrer kleinen Tochter und drückte einen
«5» auf deren Stirn. Dann trat sie an das Bett ihres
. Mues, der wieder auf sein Lager zurückgesunken war,
reichte ihm ein frisches Weißbrod.
. Mein Gott, bist Du endlich mit Deiner Hülfe bei
Ns erschienen! rief Paul, ergriff mit seiner gesunden
Md das Brod und verschlang es gierig. Er fragte nicht
jZter, ob Therese bei Ortmann Hülfe gefunden hätte,
genügte, daß sie da war.
- Wenige Minuten darauf prasselte ein lustiges Feuer
w. dem eisernen Ofen, eine angenehme Wärme erfüllte den
,Mm und gleich nachher verbreitete der würzige Geruch
Ms auf dem Ofen schmorenden Fleischstückes einen Hauch
M Behaglichkeit sogar über diesen Ort, wo der Knochen-
- schon längst mit seiner Sense drei Menschenleben
drohte.
Für den Augenblick war der Streich seiner Sense
M einmal abgewehrt. Auf wie lange — wird die Zu-
lehren. —
Mtzerger Tageblatt
«SV- tz «»zeigen: die-l-spaltige PetiiMe rt,r deren Raum für «mS«
* bedeutenden Rabatt, Gratis-Verbreitung durch Mauer.Auschlag.
Bologna, 8. Mai. Die Königin Marguerite,
welche heute einer Messe in der Peterskirche beiwohnte,
wurde am Eingänge in die Kirche von einer Abordnung
des erzbischöflichen Capitels empfangen. Auch der Erz-
bischof Pataglini wohnte der Messe bei.
KrrgkkKK,
London, 8. Mai. Die „Morning Post" erfährt, die
belgische Regierung habe der Zuckerprämien-
Conferenz mitgetheilt, daß sie die vorgeschlagene Aende-
rung des gegenwärtigen Systems der Zuckerfabcication in
Belgien nicht durchführen könne.
Glasgow, 8. Mai. Die Ausstellung ist heute in
Gegenwart des Prinzen und der Prinzessin von Wales,
welche bei ihrem Erscheinen begeistert begrüßt wurden,
feierlich eröffnet worden.
Hlnmänien.
Bukarest, 8. Mai. Gestern Abend gegen 10 Uhr
gab ein ehemaliger Polizeib e amter, welcher verurtheilt
gewesen und dann begnadigt worden war, zwei Flinten-
schüsse auf das königliche Palais ab und zer-
trümmerte dadurch mehrere Fensterscheiben. Derselbe wurde
alsbald verhaftet, wobei er Drohungen gegen den König
ausstieß. Die Schüsse waren in die Fenster des Biblio-
thekzimmers abgegeben worden. Wie es heißt, hatte der
Verbrecher als Grund seiner That angegeben, daß er keinen
Fremden auf dem Throne dulden werde und daß er ge-
hofft habe, von denjenigen unterstützt zu werden, auf
welche bei den Vauernunruhen geschossen worden sei. Ver-
letzt wurde Niemand.
Spanien.
Madrid, 8. Mai. Der Senat genehmigte den H a n-
delsvertrag mit Rußland. — Der oberste Ge-
richtshof hat wieder einmal bewiesen, daß Spanien
noch immer kein moderner Staat ist. Er hat auf Grund
des Art. 240 des St.-G.-B. einen Zeitungsredacteur wegen
kritischer Besprechung der Religion verurtheilt und seine
Entscheidung auf die Concile von Nicäa und Trient zurück-
geführt. Das Provinzgericht hatte den Angeschuldigten
freigesprochen. Die Verfassung von 1876 gewährt zwar
Religionsfreiheit — zu der doch auch die Erörterung reli-
giöser Gegenstände gehört — aber sie erklärt zugleich die
katholische Kirche zur Staatsreligion und läßt es an einer
Sanction der proclamirten Freiheit fehlen, so daß daneben
das alte Strafgesetz besteht, welches den Richtern gestattet,
einen Spanier auf Grund des im Jahre 325 gehaltenen
Concils von Nicäa zu verurtheilen. (Traurig aber —
spanisch! D. Red.)
Men.
Mandalay (Birma), 5. Mai. Während 9 britische
Soldaten vom Royal Munster Füsilier-Bataillon und
Derrtschss Meich.
. Berlin, 8. Mai. Aus Charlottcnburg wird berichtet:
M gestern Abend eingetretene bessere Wendung in dem
"Minden Kaiser Friedrichs, welche auch der heutige
Miche Bericht ankündigt, hat sich auch bis Mittag cr-
^uen uud womöglich noch gesteigert. Der reichliche Eiter-
?chuß hat nachgelassen, der Kaiser fühlt sich, wie er
Überholt aussprach, leichter und Wohler, das Fieber ist
geschwunden; gleichwohl wünschten die Aerzte, daß
Mer Friedrich heute das Bett nicht verlassen möchte.
M Annahme der Aerzte, daß rS sich um den Erguß
'des neuen Abscesscs handle, erhält sich. Der Kron-
Mnz mar heute Vormittag im Schlosse, um sich nach
M Befinden seines kaiserlichen Vaters zu erkundigen.
M es heißt, wird die Kaiserin Victori a heute mit
M Nachtzuge sich nach Dirschau begeben, um das dortige
^erschwemmungsgebiet zu besichtigen.
Berlin, 8. Mai. Kronprinz Wilhelm, der gestern
Zmittag den Minister Grafen Bismarck zum Vor-
M empfangen, dann mit dem Negierungsrath v. Branden-
M gearbeitet hatte, wohnte heute Vormittag den Truppen-
Mngen bei und begab sich von da nach Charlottcnburg
Schloß. Später arbeitete der Kronprinz mit dem
Cabinctsrath v. Wilmowski und nahm militärische
Übungen entgegen.
, München, 8. Mai. Der frühere Kriegsminister Frci-
Mr v. Pranckh ist heute früh einem langen Leiden
Mcgeri. fSigmund Freiherr v. Pranckh, seit 1876
Meral der Infanterie, Staatsrath im a. o. Dienst, Mit-
Aed Rcichsrathskammer, Generalcapitän der Leibgarde
Hartschiere, war zusammen mit Lutz und Bray in der
^ȧen Wendung von 1870 Kriegsminister gewesen und
M als solcher an den Vertragsverhandlungen in Ver-
Mes, welche zur Gründung des deutschen Reiches führten,
" hervorragender Weise bctheiligt. Er litt seit Monden
? einer „Verdickung des Kehlkopfes" (Krebs?), welche
zuletzt qualvolle Leiden bcrcitcte.j
Schweiz.
. Bern, 8. Mai. Deutschland hat für sein west-afri-
Misches Schutzgebiet Togo auf den 1. Juni, für
Marsch allinseln auf 1. October 1888 seinen Bei-
zum Weltpostverein erklärt.
KrrmKreiK.
Paris, 7. Mai. Bis jetzt sind noch zu wenige Er-
Msse derGcmeinderathswahlen bekannt, als daß
^über den Ausfall im Ganzen ein Urtheil bilden ließe.