zu entscheiden. Thatsache ist jedenfalls, daß in weiten Kreisen,
nicht nur in Deutschland, die Stimmung wieder eine besorgtere
und weniger vertrauensvolle geworden ist. Um so gespannter
wird man sein dürfen, in welcher Tonart die Thronrede
sich über die Weltlage äußert. Auch über die colonial-
politischen Verwickelungen und Anliegen werden in der
Thronrede einige Bemerkungen erwartet, welche an dem
Zweifel der Regierung, das auf diesem Gebiet Begonnene
sortzusetzen und zu schützen, keinen Zweifel lassen sollen.
Kiel, 20. Nov. Zur Verstärkung der deutschen
Streitmacht in Sansibar gingen die beiden Schiffe
der kaiserl. Marine Kreuzer „Schwalbe" und Aviso „Pfeil"
dorthin ab. Der neue Kreuzer „Schwalbe", welcher von
Kiel aus die Reise bereits antrat, hat eine bedeutend
größere Bauart, als die übrigen Kreuzer unserer Marine.
Bei einem Raumgehalt von 1300 Tonnen hat das Schiff
Maschinen mit 1500 Pferdckräften, eS führt 8 10-Ctm.-
Geschütze und 4 Revolverkanonen, die Besatzung besteht
aus 114 Mann. Der Aviso Pfeil, von Wilhelmshaven
ausgehend, hat 127 Mann Besatzung und führt 8 Ge-
schütze. Nach Eintreffen dieser beiden Fahrzeuge werden
6 Schiffe der kaiserlich deutschen Marine mit 56 schweren
Geschützen und reichlich 1300 Mann an der ostafrikanischen
Station vereinigt sein, und mit dieser Streitmacht wird
Admiral Deinhardt wohl im Stande sein, die deutschen
Interessen zu schützen. Die Vertheidigung derselben liegt
bei Admiral Deinhardt in guten Händen, davon kann die
deutsche Nation überzeugt sein.
Paris, 20. Nov. Die „Agentur Havas" berichtet
über einen neuen Zwischenfall an der Grenze.
Ein Bahnhofsbeamter in Jgney-Avricourt soll von
einem deutschen Gendarmen auf deutschem Gebiet, wo der
französische Beamte ein Grundstück besitzt, verhaftet worden
sein. Der Unterpräfcct von Lunsville habe telegraphisch
um Verhaltungsmaßregeln gebeten. Weitere Angaben und
Einzelheiten fehlen. Man hofft, daß die Angelegenheit
keine Folgen haben werde. — In dem Duell zwischen
Andri eux und Aves Guyot wurde ersterer an der
Brust schwer, nach anderer Lesart aber leicht verwundet.
Aus Nah und Fern.
* Karlsruhe, 19. Nov. Der Großherzog hat nunmehr
den Durchbruch des markgräflichen Gartens und dessen
Verwendung zu Bauzwecken genehmigt und ist hiermit
nunmehr die Verlängerung der Kceuzstraße bis nach dem
Bahnhofe ermöglicht. — Herr Oberstlieutenant a. D.
Stadtrath H. Vierroth hat unserem Oberbürgermeister zum
Angedenken an eine theure Verstorbene die Summe von
400 Mark mit der Bestimmung übermittelt, daß davon das
Pfründnerhaus, das Waisenhaus, die Diaksnissenanstalt und
das St. Vincentiushaus je 100 Mark erhalten sollen. —
Heute Nachmittag wird mit militärischen Ehren die Leiche
eines Dragoners vom hiesigen Regiment zur Bahn ge-
bracht, um nach Lothringen übergeführt zu werden. Der
junge Mann, ein Lothringer, regte sich Morgens beim
Aufstehen nicht; seine Zimmerkameraden wollten denselben
„aus den Federn" klopfen, entdeckten aber, als er sich noch
immer nicht regte, daß er eine Leiche sei. Er scheint der
Sohn reicher Eltern zu sein, die gestern hierhergekommen
waren. Der Bedauernswerthe starb an einem Herzschlag.
Osficiere und Mannschaften ließen Kränze zur Schmückung
seines Sarges unfertigen.
* Mannheim, 19. Nov. Der Gesangverein „Arion",
Jsenmann'scher Männerchor, veranstaltet am kommenden
Samstag im Saale des Großh. Hoflheaters unter Mit-
wirkung der Cvncertsängerin Fräulein Emma Hiller aus
Stuttgart und der Capelle des hiesigen Grenadier-Regi-
ments unter der Direction des Pianisten Herrn Theodor
Pfefffer ein Concert, dessen Ertrag für die Angehörigen
wie ich Dich betcauerte, als ich Dich todt glaubte, —
wenn Du nur die Hälfte von dem wüßtest, was ich ge-
litten, Du würdest Mitleid mit mir haben."
Ihre zärtlichen Augen füllten sich mit Thränen, doch
sie blieben noch immerzu Boden gesenkt, während sie stotterte:
„Und dann — dann — diese Andere?"
Er erröthete bei der Erinnerung, fuhr jedoch, allen
Muth zusammenuehmend, fort:
„Das war nur ein neuer Beweis meiner Niedrigkeit,
daß ich es wagte, ihr die elenden Ueberreste meiner Liebe
zu Dir anzubieten, Alice! Doch ich glaubte Dich todt;
ich war außer mir vor Verzweiflung und Gewissensbissen
und ihre liebe, schwesterliche Fürsorge machte mich selbst-
süchtig, nach ihrer Hülfe verlangend, mich vor mir selbst
zu schützen. — Ich war schlecht, es war unverzeihlich von
mir, daß ich ihr sagte, ich liebe sie — ich, der niemals
eine andere liebte, als Dich, mein Herzblut, — und sie,
die so gut und großherzig war."
„Ich hörte Dich ihr sagen, — wie sehr — Du sie
liebtest", sagte sie ergeben.
„Mein armes Kind! O, Alice, wie muß Dir das zu
Muthe gcwesen sein! — Doch — o Gott sei Dank!
daß sie mich zurückgewiesen — Entsetzen ergreift mick,
wenn ich daran denke, daß — sie hätte einwilligen können
und meine Frau werden und dann — hätte ich endeckt,
daß Du lebendig bist! Alice, Liebe, Theuerste! Gott hat
mich so viel besser bedacht! als ich es verdiente. Ec hat
uns einander wieder geschenkt. Der gute Mann, den ich
so schwer gekränkt, Mr. Nollis, hat mir freiwillig ver-
geben, Du kennst meine ganze Mitschuld au dem Verbrechen.
Jetzt, Alice, willst Du nicht barmherzig sein —willst Du
mich zurücknehmen und es noch einmal mit mir versuchen?
— So wahr mir Gott helfe, ich will ein Mann sein, Ge-
liebte — tapfer, treu, rechtschaffen und Deiner würdig.
Willst Du, damit Niemand Einspruch erheben kann. Alice!
Komm zu mir — vergib mir, — schenke mir Deine Liebe
wieder! Willst Du —-?" (Forts, folgt.)
des leider noch immer schwer kranken Musikdircctors Herrn
Jsenmann bestimmt ist. Möge der Ertrag ein sehr reicher
sein und dieses Concert auch in den weiteren Kreisen der
badischen Sänger in seinem edlen und wohlverdienten Zwecke
eine recht häufige Nachahmung finden.
* Mannheim, 20. Nov. Heute Früh erschoß sich in
der Grenadierkaserne der Avantageur W., der jugendliche
Sohn des Majors a. D. Herrn W., aus bis jetzt unbe-
kannter Ursache.
* Plankstadt, 18. Nov. Mit dem Abhängen des Tabaks
ist nunmehr begonnen worden. Es sollen auch bereits
einige Parthien verkauft sein. Der Preis beträgt 30 bis
35 Mark.
* Nußloch, 20. Nov. Herr Lehrer Straus von hier
feierte dieser Tage im Kreise seiner Anverwandten seinen
70. Geburtstag in ungetrübter Gesundheit. Derselbe erhielt
von seinen Kindern und Schwägern aus Weinheim sehr
werthvolle Geschenke und von einem Freund aus Mann-
heim eine prachtvoll goldene Dose mit schöner Widmung.
Wir wünschen diesen allgemein geachteten und beliebten
Lehrer noch viele zahlreiche Geburtstage zur Freude seiner
Familienangehörigen und seiner zahlreichen Freunde.
* Weinheim, 19. Nov. Zum Zwecke der Errichtung
eines Denkmals zu Ehren der in dem denkwürdigen Kriege
in den Jahren 1870—71 betheiligten Kämpfer und als
Zeichen der Nachahmung für alle künftigen Geschlechter
fand am Sonntag im Gasthaus zum „Adler" eine aus
allen Ständen zusammengesetzte sehr stark besuchte Ver-
sammlung statt. Nachdem dieselbe von dem Vorsitzenden,
Herrn Bürgermeister Ehret, über das in Aussicht ge-
nommene Project den nöthigen Aufschluß erhalten hatte
wurde die Errichtung eines solchen Denkmals gutgeheißen
und zur Ausführung desselben bezw. zunächst der ein-
leitenden Schritte ein Counts, aus 25 Mitgliedern be-
stehend, erwählt. Eine der nächsten Aufgaben der ernannten
Commission wird nun die Platz- und Geldfrage sein, wo-
nach sich dann die Art der Ausführung zu richten haben
wird. In Bezug auf den Ort des Denkmals werden ver-
schiedene Plätze genannt: Marktplatz, die Anlage beim
„Pfälzer Hof", der freie Platz vor den Schulgebäuden
und der Behausung der Wittwe Schäfer, sowie der bei der
Altstadtkirche u. A.
* Bon der Bergstraße, 19. Nov. Die zum Trocknen
des Tabaks bisher recht geeignete Herbstwitterung ermög-
lichte das Abhängen desselben in voriger Woche in den
meisten Orten der Bergstraße. In Lützelsachsen ist auch
schon viel verkauft und wurden dortselbst bis zu 22 Mk.
erlöst. Kenner des Tabaks sollen dessen Güte als recht gut
bezeichnet haben.
HI Ziegelhausen, 20. Nov. Verflossene Nacht traf
der Gcndarmeriewachtmeister von Heidelberg mit zwei
Gendarmen hier ein und verhaftete eine Zigeunerbande,
die die Einwohnerschaft belästigte. Wie wir hören wurden
5 verdächtige Kerle mit einer Weibsperson nach Heidelberg
transportirt. Ein solch entschiedenes Eingreifen kann nur
den besten Erfolg haben, anders werden wir die Plage
nicht los werden. Dieses Beispiel verdient Nachahmung.
8 Waldwimmersbach, 20. Nov. Bezüglich der
gestrigen Bürgermeisterwahl ist noch nachzutragen, daß der
Tag sich zu einem wahren Freudentag gestaltete. Herrschte
schon am Mittag reges Leben auf der Straße, so war
dies in erhöhtem Maße am Abend der Fall. Der Männer-
gesangverein „Kirchenchor", dirigirt von Herrn Lehrer
Haag und Hauptlehrer Wolfert, brachten dem Herrn Bürger-
meister Geiß ein Fackelständchen. Nach Vortrag einiger
Lieder toastirte Hauptlehrer Wolfert auf das Wohl des
Herrn Geiß und ein kräftiges „Hoch" bekundete die mit Bei-
fall aufgenommene Ansprache. Der Tag wird Jung und
Alt lange in schönster Erinnerung bleiben. Daß in den
Wirthslokalen auch dem Gotte Gambrinus der gehörige
Tribut gezollt und dem §11 stramm gehuldigt wurde, braucht
kaum erwähnt zu werden. Unsere Gemeinde aber darf
sich glücklich preisen, da sie in der Person des Herrn Geiß
den richtigen Mann gesunden hat, der zum Wohle der Ge-
meinde wirken wird.
H Grömbach, 20. Nov. Gestern Mittag kam die
Leiche des in Karlsruhe verstorbenen Generallieutenant
v. Degenfeld Exc. auf der hiesigen Station an, um nach
dem benachbarten Stammgut Neuhaus überführt zu werden.
Viele Kriegervereine, namentlich sämmtliche des diesseitigen
Amtsbezirks unter Führung des Herrn Amtsrichter Schind-
ler von Sinsheim, dem sich eine große Anzahl, theilweise
von größerer Entfernung herzugekommener Leidtragender
angeschlossen hatte, bildete das Geleite bis zur Kirche,
woselbst der Sarg in die Familiengruft beigesetzt wurde.
Der Geistliche von Ehrstedt, welcher den Trauergottesdienst
abhielt, gedachte u. A. in schwungvoller Rede der großen
Verdienste des Verstorbenen; ein höherer Officier sprach
in ähnlichem Sinn und gedachte der Waffenbrüderschaft
vom Jahre 1870, indem er im Auftrag der würtlem-
bergischen Kriegcrvereine einen Lorbeerkranz auf den Sarg
legte. Dem Adersbacher Kriegeroerein war die Aufgabe
zugefallen, bei Einscnkung in die Gruft die drei Ehren-
salven abzugeben. Von der Beliebtheit, deren sich der
Verstorbene zu erfreuen hatte, zeigte die große Bethciligung
der Nachbarorte Grömbach und Ehrstedt, von denen die
meisten Bürger der Beisetzung anwohnten.
X Eubigheim, 14. Nov. Heute scheidet von uns
Herr Expeditor Jung, der zwei Jahre hier stationirt war,
um seine neue Stellung in Pforzheim anzutreten. Jung
war hier eine beliebte Persönlichkeit und sehen wir den-
selben sehr ungern von uns scheiden, indem derselbe durch
sein liebevolles entgegenkommendes Wesen allgemeinen Bei-
fall erhielt, und wünschen ihm zu seiner neuen Stellung
viel Glück und Segen. — Bei dem vorige Woche hier
stattgehabten Trcibjagen wurde als Seltenheit eine graue
wilde Katze in der Größe eincZ Fuchses erlegt. — Bürger-
meister Merkert von hier wurde zum dritten Mal als
solcher gewählt, trotzdem noch zwei weitere Candidaten vor-
handen waren, erhielt derselbe doch die Majorität der
Stimmen und wird derselbe Donnerstag verpflichtet.
* Ludwigshafen, 20. Nov. Herr Reichstagsabge-
ordneter Clemm hat aus Anlaß seiner silbernen Hochzeit
20 000 Mark gestiftet, aus deren Zinsen Schüler und
Schülerinnen hiesiger Lehranstalten behufs weiterer Aus-
bildung unterstützt werden sollen.
* Kusel, 18. Nov. Se. Kgl. Hoheit der Prinzregent
hat bei dem 7. Sohne des Postboten Th. Bauer in Kusel
die Patenstelle übernommen.
* Aus der Pfalz, 19. Nov. Auf dem Marktplatze
zu Edenkoben soll nach einem Entwürfe von Professor
Perron in München ein Reiterstandbild für König Lud-
wig I. errichtet werden. Der Entwurf hat sowohl den
Beifall als auch die Genehmigung zur Ausführung Seitens
unseres Prinzregenten gefunden.
* Bom Bauland, 19. Nov. Allenthalben ist ein
großes Gefrage nach Früchten aller Art. Die Landleute
machen vergnügte Gesichter, denn die Waare wird den
Leuten auf der Tenne weg geholt und sehr gut bezahlt.
Nicht minder sind Futterarlikel begehrt und sehr theuer be-
zahlt. Auch für Vieh werden gute Preise erzielt und die
Landwirthe könnten zufrieden sein, wenn nur eine reich-
lichere Ernte gewesen wäre.
* Freiburg, 20. Nov. Im Socialistenproceß er-
hielten Arnts 3, Frau Pinkert 3, Holzwarth 14/^, Weber
2, Ziehm 2, Geck 4, Frau Zwick 3, Dotter 3, Ketterer 1,
Strütt 1 Monat Gefängniß. Bei Pinkert werden 3, bei
Geck 2, Zwick 2, Dotter 2^ Monate Untersuchungshaft
abgerechnet. Lehmann, Basler und Eckert werden frei-
gesprochen.
* Bon der bayerischen Grenze, 18. Nov. Der Guts-
besitzer B. in W. hatte sich gelegentlich eines Besuches in
Pforzheim vor einigen Jahren ein kostbares goldenes Pet-
schaft machen lasten, das er als Rarität oft zeigte. Im
Frühjahr vermißte er dasselbe und alles Suchen war ver-
geblich. Vorige Woche machten dessen Taglöhner Dick-
wurzeln aus und einem derselben fiel etwas glänzendes
zwischen den Wurzeln auf. Beim Nachsehen fand er das
vermißte Siegel, welches in die Wurzel beinahe einge-
wachsen war. Herr B., dem der Taglöhner den Fund
sofort ablieferte, war hocherfreut und belohnte die Ehrlich-
keit reichlich.
* Würzburg, 15. Nov. Ein hier stationirter Heizer
der badischen Staatsbahn wird seit gestern vermißt.
* Halle a. d. S-, 19. Nov. Gestern hat in Golpa
bei Gräfenhainichen, eine Dynamit Explosion stattgefunden,
wodurch der Arbeiter Huth und seine 5 Söhne das Lebeo
verloren. Die Leichen sind gräßlich verstümmelt.
Vermischtes.
— fGute Strecke.j Nach dem sfficiellen Strecken-
Rapport der Königlichen Hofjagd bei Ohlau, am Freitag,
den 16. ds., erlegte der Kaiser 4 Rehböcke, 1 Ricke, 164
Fasanen, 62 Hasen, 4 Rebhühner, Prinz Albrecht von
Preußen 37 Fasanen, 36 Hasen, der Fürst von Hohen-
zollern 62 Fasanen, 38 Hasen. — Die Gesammtstrecke
gab 8 Rehe, 538 Fasanen, 540 Hasen, 27 Rebhühner,
in Summa 1113 Stück.
— fEin verkohlter Säugling.j Ein entsetz-
licher Unfall wird vom Donnerstag aus Klein-Glienicke bei
Potsdam gemeldet. Die Ehefrau eiues Arbeiters, der dort
im Park des Prinzen Friedrich Leopold beschäftigt wird,
hatte jenem in der Mittagsstunde Essen gebracht und
während dessen ihr kleines Kind, einen Säugling, allein zu
Hause gelassen. Das Kind lag in einem Kinderwagen,
den die Frau, der Kälte wegen, dicht an den eisernen
Ofen geschoben hatte, während etwas Kinder-
wäfche über den Wagen zum Trocknen hing. Durch die
Gluthhitze des Ofens fing nun das Zeug Feuer, theilte
sich dem Wagen und durch diesen den Kinderbetten mit,
in welchen der Säugling schlummerte. Als die Frau bald
darauf nach Hause kam, fand sie das Kind halb verkohlt
als Leiche in dem noch brennenden Wagen liegend vor.
Aus Verzweiflung über den schrecklichen Tod ihres Lieb-
lings stürzte hierauf die Frau fort und hat sich bis jetzt
noch nicht wieder eingesunden, so daß man annimmt, die-
selbe habe sich das Leben genommen.
— Folgende Erinnerung aus dem Leben des Kaisers
Nicolaus erzählt der „Swet" anläßlich des Eisenbahn-
unglückes bei Borki. Kaiser Nicolaus fuhr im Jahr 1851
auf der Nicolaibahm Damals betrug die Geschwindigkeit
des Zuges nicht über 25 Werst die Stunde. Der Ver-
kehrsminister Kleinmichel war der Erste, der mit einer Ge-
schwindigkeit von 50 Werst fuhr und hierüber dem Kaiser
berichtete. Bei seiner ersten Eisenbahnfahrt befahl der
Kaiser, ihn 50 Werst in der Stunde zu fahren. Der
Minister ertheilte den diesbezüglichen Befehl, aber der Zug
ging nicht schneller. Der Kaiser äußerte seinen Unwillen
und wiederholte den Befehl, aber rascher ging's darum
doch nicht. Es erwies sich, daß der Locomotivführer sich
geweigert hatte, den Befehl zu erfüllen. Auf einer der
Stationen beschied der Kaiser den Maschinisten zu sich und
fragte ihn, was ihn veranlaßt habe, sich seinem Befehl zu
widersetzen. „Ew. Majestät", entgegnete der Maschinist,
„so schnell kann man nicht fahren." „Du hast ja aber
Kleinmichel so schnell gefahren!" „Ja, Majestät, aber das
war sehr gefährlich. Der Unterschied ist der, daß es in
Rußland viele Kleinmichel, aber nur einen Kaiser gibt."
Der Kaiser dankte dem Maschinisten.
— sJagdpech.j „Sie wollen ein leidenschaftlicher
- Jäger sein, Herr Baron, aber sie haben doch nie etwas
geschossen." — „Oho! Gestein noch hatte ich Gelegenheit
s gehabt, ein paar Rebhühner zu schießen; es flog eine Kette
knapp vor mir auf." — Warum haben Sie uns denn
j keine nutgcbracht?" — „Ich hatte zufällig kein Gewehr
i bei mir."
nicht nur in Deutschland, die Stimmung wieder eine besorgtere
und weniger vertrauensvolle geworden ist. Um so gespannter
wird man sein dürfen, in welcher Tonart die Thronrede
sich über die Weltlage äußert. Auch über die colonial-
politischen Verwickelungen und Anliegen werden in der
Thronrede einige Bemerkungen erwartet, welche an dem
Zweifel der Regierung, das auf diesem Gebiet Begonnene
sortzusetzen und zu schützen, keinen Zweifel lassen sollen.
Kiel, 20. Nov. Zur Verstärkung der deutschen
Streitmacht in Sansibar gingen die beiden Schiffe
der kaiserl. Marine Kreuzer „Schwalbe" und Aviso „Pfeil"
dorthin ab. Der neue Kreuzer „Schwalbe", welcher von
Kiel aus die Reise bereits antrat, hat eine bedeutend
größere Bauart, als die übrigen Kreuzer unserer Marine.
Bei einem Raumgehalt von 1300 Tonnen hat das Schiff
Maschinen mit 1500 Pferdckräften, eS führt 8 10-Ctm.-
Geschütze und 4 Revolverkanonen, die Besatzung besteht
aus 114 Mann. Der Aviso Pfeil, von Wilhelmshaven
ausgehend, hat 127 Mann Besatzung und führt 8 Ge-
schütze. Nach Eintreffen dieser beiden Fahrzeuge werden
6 Schiffe der kaiserlich deutschen Marine mit 56 schweren
Geschützen und reichlich 1300 Mann an der ostafrikanischen
Station vereinigt sein, und mit dieser Streitmacht wird
Admiral Deinhardt wohl im Stande sein, die deutschen
Interessen zu schützen. Die Vertheidigung derselben liegt
bei Admiral Deinhardt in guten Händen, davon kann die
deutsche Nation überzeugt sein.
Paris, 20. Nov. Die „Agentur Havas" berichtet
über einen neuen Zwischenfall an der Grenze.
Ein Bahnhofsbeamter in Jgney-Avricourt soll von
einem deutschen Gendarmen auf deutschem Gebiet, wo der
französische Beamte ein Grundstück besitzt, verhaftet worden
sein. Der Unterpräfcct von Lunsville habe telegraphisch
um Verhaltungsmaßregeln gebeten. Weitere Angaben und
Einzelheiten fehlen. Man hofft, daß die Angelegenheit
keine Folgen haben werde. — In dem Duell zwischen
Andri eux und Aves Guyot wurde ersterer an der
Brust schwer, nach anderer Lesart aber leicht verwundet.
Aus Nah und Fern.
* Karlsruhe, 19. Nov. Der Großherzog hat nunmehr
den Durchbruch des markgräflichen Gartens und dessen
Verwendung zu Bauzwecken genehmigt und ist hiermit
nunmehr die Verlängerung der Kceuzstraße bis nach dem
Bahnhofe ermöglicht. — Herr Oberstlieutenant a. D.
Stadtrath H. Vierroth hat unserem Oberbürgermeister zum
Angedenken an eine theure Verstorbene die Summe von
400 Mark mit der Bestimmung übermittelt, daß davon das
Pfründnerhaus, das Waisenhaus, die Diaksnissenanstalt und
das St. Vincentiushaus je 100 Mark erhalten sollen. —
Heute Nachmittag wird mit militärischen Ehren die Leiche
eines Dragoners vom hiesigen Regiment zur Bahn ge-
bracht, um nach Lothringen übergeführt zu werden. Der
junge Mann, ein Lothringer, regte sich Morgens beim
Aufstehen nicht; seine Zimmerkameraden wollten denselben
„aus den Federn" klopfen, entdeckten aber, als er sich noch
immer nicht regte, daß er eine Leiche sei. Er scheint der
Sohn reicher Eltern zu sein, die gestern hierhergekommen
waren. Der Bedauernswerthe starb an einem Herzschlag.
Osficiere und Mannschaften ließen Kränze zur Schmückung
seines Sarges unfertigen.
* Mannheim, 19. Nov. Der Gesangverein „Arion",
Jsenmann'scher Männerchor, veranstaltet am kommenden
Samstag im Saale des Großh. Hoflheaters unter Mit-
wirkung der Cvncertsängerin Fräulein Emma Hiller aus
Stuttgart und der Capelle des hiesigen Grenadier-Regi-
ments unter der Direction des Pianisten Herrn Theodor
Pfefffer ein Concert, dessen Ertrag für die Angehörigen
wie ich Dich betcauerte, als ich Dich todt glaubte, —
wenn Du nur die Hälfte von dem wüßtest, was ich ge-
litten, Du würdest Mitleid mit mir haben."
Ihre zärtlichen Augen füllten sich mit Thränen, doch
sie blieben noch immerzu Boden gesenkt, während sie stotterte:
„Und dann — dann — diese Andere?"
Er erröthete bei der Erinnerung, fuhr jedoch, allen
Muth zusammenuehmend, fort:
„Das war nur ein neuer Beweis meiner Niedrigkeit,
daß ich es wagte, ihr die elenden Ueberreste meiner Liebe
zu Dir anzubieten, Alice! Doch ich glaubte Dich todt;
ich war außer mir vor Verzweiflung und Gewissensbissen
und ihre liebe, schwesterliche Fürsorge machte mich selbst-
süchtig, nach ihrer Hülfe verlangend, mich vor mir selbst
zu schützen. — Ich war schlecht, es war unverzeihlich von
mir, daß ich ihr sagte, ich liebe sie — ich, der niemals
eine andere liebte, als Dich, mein Herzblut, — und sie,
die so gut und großherzig war."
„Ich hörte Dich ihr sagen, — wie sehr — Du sie
liebtest", sagte sie ergeben.
„Mein armes Kind! O, Alice, wie muß Dir das zu
Muthe gcwesen sein! — Doch — o Gott sei Dank!
daß sie mich zurückgewiesen — Entsetzen ergreift mick,
wenn ich daran denke, daß — sie hätte einwilligen können
und meine Frau werden und dann — hätte ich endeckt,
daß Du lebendig bist! Alice, Liebe, Theuerste! Gott hat
mich so viel besser bedacht! als ich es verdiente. Ec hat
uns einander wieder geschenkt. Der gute Mann, den ich
so schwer gekränkt, Mr. Nollis, hat mir freiwillig ver-
geben, Du kennst meine ganze Mitschuld au dem Verbrechen.
Jetzt, Alice, willst Du nicht barmherzig sein —willst Du
mich zurücknehmen und es noch einmal mit mir versuchen?
— So wahr mir Gott helfe, ich will ein Mann sein, Ge-
liebte — tapfer, treu, rechtschaffen und Deiner würdig.
Willst Du, damit Niemand Einspruch erheben kann. Alice!
Komm zu mir — vergib mir, — schenke mir Deine Liebe
wieder! Willst Du —-?" (Forts, folgt.)
des leider noch immer schwer kranken Musikdircctors Herrn
Jsenmann bestimmt ist. Möge der Ertrag ein sehr reicher
sein und dieses Concert auch in den weiteren Kreisen der
badischen Sänger in seinem edlen und wohlverdienten Zwecke
eine recht häufige Nachahmung finden.
* Mannheim, 20. Nov. Heute Früh erschoß sich in
der Grenadierkaserne der Avantageur W., der jugendliche
Sohn des Majors a. D. Herrn W., aus bis jetzt unbe-
kannter Ursache.
* Plankstadt, 18. Nov. Mit dem Abhängen des Tabaks
ist nunmehr begonnen worden. Es sollen auch bereits
einige Parthien verkauft sein. Der Preis beträgt 30 bis
35 Mark.
* Nußloch, 20. Nov. Herr Lehrer Straus von hier
feierte dieser Tage im Kreise seiner Anverwandten seinen
70. Geburtstag in ungetrübter Gesundheit. Derselbe erhielt
von seinen Kindern und Schwägern aus Weinheim sehr
werthvolle Geschenke und von einem Freund aus Mann-
heim eine prachtvoll goldene Dose mit schöner Widmung.
Wir wünschen diesen allgemein geachteten und beliebten
Lehrer noch viele zahlreiche Geburtstage zur Freude seiner
Familienangehörigen und seiner zahlreichen Freunde.
* Weinheim, 19. Nov. Zum Zwecke der Errichtung
eines Denkmals zu Ehren der in dem denkwürdigen Kriege
in den Jahren 1870—71 betheiligten Kämpfer und als
Zeichen der Nachahmung für alle künftigen Geschlechter
fand am Sonntag im Gasthaus zum „Adler" eine aus
allen Ständen zusammengesetzte sehr stark besuchte Ver-
sammlung statt. Nachdem dieselbe von dem Vorsitzenden,
Herrn Bürgermeister Ehret, über das in Aussicht ge-
nommene Project den nöthigen Aufschluß erhalten hatte
wurde die Errichtung eines solchen Denkmals gutgeheißen
und zur Ausführung desselben bezw. zunächst der ein-
leitenden Schritte ein Counts, aus 25 Mitgliedern be-
stehend, erwählt. Eine der nächsten Aufgaben der ernannten
Commission wird nun die Platz- und Geldfrage sein, wo-
nach sich dann die Art der Ausführung zu richten haben
wird. In Bezug auf den Ort des Denkmals werden ver-
schiedene Plätze genannt: Marktplatz, die Anlage beim
„Pfälzer Hof", der freie Platz vor den Schulgebäuden
und der Behausung der Wittwe Schäfer, sowie der bei der
Altstadtkirche u. A.
* Bon der Bergstraße, 19. Nov. Die zum Trocknen
des Tabaks bisher recht geeignete Herbstwitterung ermög-
lichte das Abhängen desselben in voriger Woche in den
meisten Orten der Bergstraße. In Lützelsachsen ist auch
schon viel verkauft und wurden dortselbst bis zu 22 Mk.
erlöst. Kenner des Tabaks sollen dessen Güte als recht gut
bezeichnet haben.
HI Ziegelhausen, 20. Nov. Verflossene Nacht traf
der Gcndarmeriewachtmeister von Heidelberg mit zwei
Gendarmen hier ein und verhaftete eine Zigeunerbande,
die die Einwohnerschaft belästigte. Wie wir hören wurden
5 verdächtige Kerle mit einer Weibsperson nach Heidelberg
transportirt. Ein solch entschiedenes Eingreifen kann nur
den besten Erfolg haben, anders werden wir die Plage
nicht los werden. Dieses Beispiel verdient Nachahmung.
8 Waldwimmersbach, 20. Nov. Bezüglich der
gestrigen Bürgermeisterwahl ist noch nachzutragen, daß der
Tag sich zu einem wahren Freudentag gestaltete. Herrschte
schon am Mittag reges Leben auf der Straße, so war
dies in erhöhtem Maße am Abend der Fall. Der Männer-
gesangverein „Kirchenchor", dirigirt von Herrn Lehrer
Haag und Hauptlehrer Wolfert, brachten dem Herrn Bürger-
meister Geiß ein Fackelständchen. Nach Vortrag einiger
Lieder toastirte Hauptlehrer Wolfert auf das Wohl des
Herrn Geiß und ein kräftiges „Hoch" bekundete die mit Bei-
fall aufgenommene Ansprache. Der Tag wird Jung und
Alt lange in schönster Erinnerung bleiben. Daß in den
Wirthslokalen auch dem Gotte Gambrinus der gehörige
Tribut gezollt und dem §11 stramm gehuldigt wurde, braucht
kaum erwähnt zu werden. Unsere Gemeinde aber darf
sich glücklich preisen, da sie in der Person des Herrn Geiß
den richtigen Mann gesunden hat, der zum Wohle der Ge-
meinde wirken wird.
H Grömbach, 20. Nov. Gestern Mittag kam die
Leiche des in Karlsruhe verstorbenen Generallieutenant
v. Degenfeld Exc. auf der hiesigen Station an, um nach
dem benachbarten Stammgut Neuhaus überführt zu werden.
Viele Kriegervereine, namentlich sämmtliche des diesseitigen
Amtsbezirks unter Führung des Herrn Amtsrichter Schind-
ler von Sinsheim, dem sich eine große Anzahl, theilweise
von größerer Entfernung herzugekommener Leidtragender
angeschlossen hatte, bildete das Geleite bis zur Kirche,
woselbst der Sarg in die Familiengruft beigesetzt wurde.
Der Geistliche von Ehrstedt, welcher den Trauergottesdienst
abhielt, gedachte u. A. in schwungvoller Rede der großen
Verdienste des Verstorbenen; ein höherer Officier sprach
in ähnlichem Sinn und gedachte der Waffenbrüderschaft
vom Jahre 1870, indem er im Auftrag der würtlem-
bergischen Kriegcrvereine einen Lorbeerkranz auf den Sarg
legte. Dem Adersbacher Kriegeroerein war die Aufgabe
zugefallen, bei Einscnkung in die Gruft die drei Ehren-
salven abzugeben. Von der Beliebtheit, deren sich der
Verstorbene zu erfreuen hatte, zeigte die große Bethciligung
der Nachbarorte Grömbach und Ehrstedt, von denen die
meisten Bürger der Beisetzung anwohnten.
X Eubigheim, 14. Nov. Heute scheidet von uns
Herr Expeditor Jung, der zwei Jahre hier stationirt war,
um seine neue Stellung in Pforzheim anzutreten. Jung
war hier eine beliebte Persönlichkeit und sehen wir den-
selben sehr ungern von uns scheiden, indem derselbe durch
sein liebevolles entgegenkommendes Wesen allgemeinen Bei-
fall erhielt, und wünschen ihm zu seiner neuen Stellung
viel Glück und Segen. — Bei dem vorige Woche hier
stattgehabten Trcibjagen wurde als Seltenheit eine graue
wilde Katze in der Größe eincZ Fuchses erlegt. — Bürger-
meister Merkert von hier wurde zum dritten Mal als
solcher gewählt, trotzdem noch zwei weitere Candidaten vor-
handen waren, erhielt derselbe doch die Majorität der
Stimmen und wird derselbe Donnerstag verpflichtet.
* Ludwigshafen, 20. Nov. Herr Reichstagsabge-
ordneter Clemm hat aus Anlaß seiner silbernen Hochzeit
20 000 Mark gestiftet, aus deren Zinsen Schüler und
Schülerinnen hiesiger Lehranstalten behufs weiterer Aus-
bildung unterstützt werden sollen.
* Kusel, 18. Nov. Se. Kgl. Hoheit der Prinzregent
hat bei dem 7. Sohne des Postboten Th. Bauer in Kusel
die Patenstelle übernommen.
* Aus der Pfalz, 19. Nov. Auf dem Marktplatze
zu Edenkoben soll nach einem Entwürfe von Professor
Perron in München ein Reiterstandbild für König Lud-
wig I. errichtet werden. Der Entwurf hat sowohl den
Beifall als auch die Genehmigung zur Ausführung Seitens
unseres Prinzregenten gefunden.
* Bom Bauland, 19. Nov. Allenthalben ist ein
großes Gefrage nach Früchten aller Art. Die Landleute
machen vergnügte Gesichter, denn die Waare wird den
Leuten auf der Tenne weg geholt und sehr gut bezahlt.
Nicht minder sind Futterarlikel begehrt und sehr theuer be-
zahlt. Auch für Vieh werden gute Preise erzielt und die
Landwirthe könnten zufrieden sein, wenn nur eine reich-
lichere Ernte gewesen wäre.
* Freiburg, 20. Nov. Im Socialistenproceß er-
hielten Arnts 3, Frau Pinkert 3, Holzwarth 14/^, Weber
2, Ziehm 2, Geck 4, Frau Zwick 3, Dotter 3, Ketterer 1,
Strütt 1 Monat Gefängniß. Bei Pinkert werden 3, bei
Geck 2, Zwick 2, Dotter 2^ Monate Untersuchungshaft
abgerechnet. Lehmann, Basler und Eckert werden frei-
gesprochen.
* Bon der bayerischen Grenze, 18. Nov. Der Guts-
besitzer B. in W. hatte sich gelegentlich eines Besuches in
Pforzheim vor einigen Jahren ein kostbares goldenes Pet-
schaft machen lasten, das er als Rarität oft zeigte. Im
Frühjahr vermißte er dasselbe und alles Suchen war ver-
geblich. Vorige Woche machten dessen Taglöhner Dick-
wurzeln aus und einem derselben fiel etwas glänzendes
zwischen den Wurzeln auf. Beim Nachsehen fand er das
vermißte Siegel, welches in die Wurzel beinahe einge-
wachsen war. Herr B., dem der Taglöhner den Fund
sofort ablieferte, war hocherfreut und belohnte die Ehrlich-
keit reichlich.
* Würzburg, 15. Nov. Ein hier stationirter Heizer
der badischen Staatsbahn wird seit gestern vermißt.
* Halle a. d. S-, 19. Nov. Gestern hat in Golpa
bei Gräfenhainichen, eine Dynamit Explosion stattgefunden,
wodurch der Arbeiter Huth und seine 5 Söhne das Lebeo
verloren. Die Leichen sind gräßlich verstümmelt.
Vermischtes.
— fGute Strecke.j Nach dem sfficiellen Strecken-
Rapport der Königlichen Hofjagd bei Ohlau, am Freitag,
den 16. ds., erlegte der Kaiser 4 Rehböcke, 1 Ricke, 164
Fasanen, 62 Hasen, 4 Rebhühner, Prinz Albrecht von
Preußen 37 Fasanen, 36 Hasen, der Fürst von Hohen-
zollern 62 Fasanen, 38 Hasen. — Die Gesammtstrecke
gab 8 Rehe, 538 Fasanen, 540 Hasen, 27 Rebhühner,
in Summa 1113 Stück.
— fEin verkohlter Säugling.j Ein entsetz-
licher Unfall wird vom Donnerstag aus Klein-Glienicke bei
Potsdam gemeldet. Die Ehefrau eiues Arbeiters, der dort
im Park des Prinzen Friedrich Leopold beschäftigt wird,
hatte jenem in der Mittagsstunde Essen gebracht und
während dessen ihr kleines Kind, einen Säugling, allein zu
Hause gelassen. Das Kind lag in einem Kinderwagen,
den die Frau, der Kälte wegen, dicht an den eisernen
Ofen geschoben hatte, während etwas Kinder-
wäfche über den Wagen zum Trocknen hing. Durch die
Gluthhitze des Ofens fing nun das Zeug Feuer, theilte
sich dem Wagen und durch diesen den Kinderbetten mit,
in welchen der Säugling schlummerte. Als die Frau bald
darauf nach Hause kam, fand sie das Kind halb verkohlt
als Leiche in dem noch brennenden Wagen liegend vor.
Aus Verzweiflung über den schrecklichen Tod ihres Lieb-
lings stürzte hierauf die Frau fort und hat sich bis jetzt
noch nicht wieder eingesunden, so daß man annimmt, die-
selbe habe sich das Leben genommen.
— Folgende Erinnerung aus dem Leben des Kaisers
Nicolaus erzählt der „Swet" anläßlich des Eisenbahn-
unglückes bei Borki. Kaiser Nicolaus fuhr im Jahr 1851
auf der Nicolaibahm Damals betrug die Geschwindigkeit
des Zuges nicht über 25 Werst die Stunde. Der Ver-
kehrsminister Kleinmichel war der Erste, der mit einer Ge-
schwindigkeit von 50 Werst fuhr und hierüber dem Kaiser
berichtete. Bei seiner ersten Eisenbahnfahrt befahl der
Kaiser, ihn 50 Werst in der Stunde zu fahren. Der
Minister ertheilte den diesbezüglichen Befehl, aber der Zug
ging nicht schneller. Der Kaiser äußerte seinen Unwillen
und wiederholte den Befehl, aber rascher ging's darum
doch nicht. Es erwies sich, daß der Locomotivführer sich
geweigert hatte, den Befehl zu erfüllen. Auf einer der
Stationen beschied der Kaiser den Maschinisten zu sich und
fragte ihn, was ihn veranlaßt habe, sich seinem Befehl zu
widersetzen. „Ew. Majestät", entgegnete der Maschinist,
„so schnell kann man nicht fahren." „Du hast ja aber
Kleinmichel so schnell gefahren!" „Ja, Majestät, aber das
war sehr gefährlich. Der Unterschied ist der, daß es in
Rußland viele Kleinmichel, aber nur einen Kaiser gibt."
Der Kaiser dankte dem Maschinisten.
— sJagdpech.j „Sie wollen ein leidenschaftlicher
- Jäger sein, Herr Baron, aber sie haben doch nie etwas
geschossen." — „Oho! Gestein noch hatte ich Gelegenheit
s gehabt, ein paar Rebhühner zu schießen; es flog eine Kette
knapp vor mir auf." — Warum haben Sie uns denn
j keine nutgcbracht?" — „Ich hatte zufällig kein Gewehr
i bei mir."