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Hugo Helbing <München> [Hrsg.]
Antiquitäten, besonders Schmuck, Miniaturen, Kleinplastik, Holzskulpturen, Möbel, Textilien, Gemälde, Stiche und Bücher: Sammlung des Herrn Universitätsprofessors Dr. Robert Piloty, Würzburg ; [Auktion in der Galerie Helbing in München, Dienstag, den 14., Mittwoch, den 15. und Donnerstag, den 16. November 1911] — München, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.15821#0013
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MEINE SAMMLUNG.

Jede Sammlung hat neben ihrem objektiven Kunstbestand auch noch ihr individuelles Gepräge. Wird
sie versteigert, so fragt man mit Recht: Was enthält sie ? Wie kam sie zustande und warum wird
sie versteigert? Uber den Inhalt meiner Sammlung gibt dieser Katalog Aufschluß. Über das Woher
und das Warum will ich den Besuchern der Versteigerung und allen, die an dem Katalog Interesse nehmen,
gern mit Wenigem Auskunft geben.

Als ich mich im Jahre 1895 von München nach Würzburg verpflanzt fand, da war mir an den
verschiedenen Veränderungen der Umgebung nichts so auffallend als der starke Gegensatz der künst-
lerischen Atmosphäre. Dort der Großbetrieb einer lebenden Kunst, welcher die Stadt in Wettbewerb
mit den ersten Kunstzentren der Welt erscheinen läßt und wo seit längerer Zeit die bildende Kunst die
Beherrscherin des geistigen Lebens ist, hier dagegen ein stilles, idyllisches Weinbergstädtchen, welches
in Landschaft uns in Erinnerungen lebt, vom Pulsschlag der lebenden Kunst wenig berührt, Denkmäler
der großen Perioden deutscher Kunst in feinster Auswahl und bester Erhaltung birgt. Daß mich dieses
historische Element der alten Frankenstadt sogleich mächtig anzog, ist selbstverständlich. Damit aber
war ich vom Treiben und Kampf der lebenden Kunstrichtungen in die Traumwelt abgeschlossener Kunst-
geschichte versetzt, und da ich mich in diesem neuen Milieu nicht untätig verhalten konnte und mein
Wissen durch Anschauung vermehren und vertiefen wollte, so wurde ich zum Sammler —
nicht gegen, aber fast ohne meinen Willen.

Die feinen geistigen Fäden, welche Wissenschaft und Kunst verbinden, zu erkennen und zu pflegen,
glaube ich in Würzburg besser und ungestörter gerade durch diese Beschäftigung erlernt zu haben, als
es mir anderswo hätte gelingen können.

Es waren mir aber Grenzen gesetzt, räumliche, zeitliche und andere Grenzen, die mich hinderten,
das Sammeln so zu betreiben, wie es meinem Sinn eigentlich entsprochen hätte. Ich fing mit den kleinsten
Formen an, mit Gemmen, Schmuck, Miniaturen, Kleinkunst aller Art, fand aber bald, daß Bilder, Skulp-
turen, Möbel usw. nicht auszuschließen seien. Da es nun meinem Sinne nicht entsprach, mich als Spezial-
sammler auf irgend ein Einzelgebiet »zu werfen«, so war eben die Grenze des möglichen bald erreicht.
Zugleich wuchs unter der Kunst das stärkere Element meines Lebens, die Wissenschaft, auch in ihren
äußeren Bedürfnissen, es wuchs die Bücherei so sehr heran, daß ich mich eines Tages entschließen mußte:
»Entweder — oder« — so kam es zur Auktion.

Von dem, was meine Sammelei mir brachte, will ich das Wissen und die Erinnerung behalten,
die Sachen gebe ich her.

Uber die Sachen brauche ich nichts zu sagen, der Katalog gibt gründlichen Aufschluß. Ich füge
nur bei, daß aus dem Elternhaus nur wenige Gegenstände beigegeben sind und daß ich, von wenigen Aus-
nahmen abgesehen, alles bei deutschen Antiquaren erworben habe.

Würzburg, im Herbst 1911.

ROBERT PILOTy.
 
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