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Koch, Alexander [Hrsg.]; Hessische Landesausstellung für Freie und Angewandte Kunst <1908, Darmstadt> [Hrsg.]; Städtisches Ausstellungsgebäude auf der Mathilden-Höhe <Darmstadt> [Hrsg.]
Hessische Landes-Ausstellung Darmstadt 1908: [23. Mai bis Ende Oktober] — Darmstadt, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.24093#0115
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Otto Schulze-Elberfeld:

BILDHAUER H. JOBST—DARMSTADT.

nische Mängel, Vergewal-
tigung des Holzes, Formen-
armut, Kistenstil und durch
ähnliche Schlagworte ge-
deckte Mißstimmung der
Gegner der modernen
Raumkunst. Die allerbesten
Möbel französischer Schrei-
ner sind um kein Haar
besser, ganz abgesehen da-
von, daß diese innerhalb
der großen Bewegung über-
haupt zurückgeblieben sind.
So hat sich namentlich
in diesem Jahre die Hof-
Möbelfabrik Ludw. Alter
- Darmstadt in der Aus-
führung der Zimmer nach
den Entwürfen von Albin
Müller an erster Stelle ein
hohes Verdienst erworben.
Nicht allein dadurch, daß
sie sich die verhältnis-
mäßig großen finanziellen
Opfer dabei auferlegte,
sondern auch, daß sie die
allerbesten Werkkräfte zu
diesen ganz ungewöhnlich
weitgehenden Anforder-
ungen und Wünschen des
Künstlers zur Verfügung zu
stellen vermochte. Hier ist
eine Fülle technisch vollen-

Pfeüer-Schäfte im keramischen Hof.

deter und absolut mustergültiger Arbeit in so
großen Quantitäten geleistet worden, daß man
erstaunt ist, in einem kleinen und an sich
noch jungen Produktionsort von einer einzigen
Firma solche Zimmerflucht fürstlichen Cha-
rakters vorzufinden. Man kann hiernach
wohl sagen, daß die Firma Ludwig Alter an
dem Ruhme Albin Müllers einen starken An-
teil hat. Was macht der Künstler mit seinen
schönsten Ideen, die die Welt in Staunen
setzen sollen, wenn sie ohne Verwirklichung,
ohne Ausführung bleiben, wenn sich niemand
fände, der ihnen zum Leben verhülfe mit
aller Schönheit, die der Künstler erträumte,
mit allem Reichtum an Arbeit und aller Kost-
barkeit eines echten, edlen Materials, worauf
er oft kaum zu hoffen wagte. Hier steht
der Ausführende, der Übersetzer ebenbürtig
neben dem geistigen und künstlerischen Ur-
heber. Es wäre gut, wenn man sich immer
mehr zu dieser Auffassung bekennen würde,
eben der, daß "solche Kräfte auf einander

angewiesen sind, wenn neben der Tagelöhner-
arbeit des deutschen Handwerks Meisterwerke
in denselben Werkstätten geschaffen werden
sollen.

Wandelt man durch die Räume der Aus-
stellung, dann ist uns, als ginge es auf und
nieder, so verschiedenartig sind die Leistungen,
so wechselnd die Stimmungen, die hier in
kühnem genialem Schaffen, dort in ängstlicher
Kleinarbeit erreicht worden sind. Wie Fest-
und Feiertagsräume muten die von Müller
geschaffenen Räume an. Er hat sich bei
ihrer Erstehung einem Kult der Schönheit
hingegeben, der den Raum als großzügige
künstlerische Einheit bilden sollte in seinen
meßbaren Grenzen und Material- und Arbeits-
werten, darüber hinaus in sittlichen und
ästhetischen Werten, die der Seele den Raum-
begriff zu erschließen vermögen. — Bleiben wir
zunächst bei den von der Hofmöbelfabrik
Ludwig Alter nach den Müllerschen Ent-
würfen hergestellten Räumen. Der Musiksaal
 
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