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Koch, Alexander [Hrsg.]; Hessische Landesausstellung für Freie und Angewandte Kunst <1908, Darmstadt> [Hrsg.]; Städtisches Ausstellungsgebäude auf der Mathilden-Höhe <Darmstadt> [Hrsg.]
Hessische Landes-Ausstellung Darmstadt 1908: [23. Mai bis Ende Oktober] — Darmstadt, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.24093#0116
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Hessische Landes-Ausstellung Dannstadt hjoS.

BILDHAUER H. JOBST DARMSTADT.

dürfte an erster Stelle ge-
nannt werden müssen. Es
wäre eine banale Phrase,
wollte man hier Worte wie
Rhythmus, Klangfarbe und
Harmonie zur Verstärkung
der vollendeten Raum-
schöpfung anwenden. Denn
ein Raum, der nur durch
den hineingestellten Flügel
zum Musikraum wird, ist
eher alles andere, denn
ein solcher, selbst wenn
tausend symbolischer Hin-
weise für seine Benutzung
gegeben wären. In unserm
feineren Empfinden wissen
wir nachgerade, wie sehr
uns Musikgenuß an solchen
Orten zur Qual wird, wo
die Wände von Beethoven,
die Decke von Mozart
reden. Müller rechnet mit
den Tatsachen, mit Wesen
und Technik der Musik
an sich; er schafft ihr
Resonanz in dem Mit-
klingen aller Teile des
Raums, und Konzentration
bei den Hörern mit ganz
natürlichen Mitteln, ohne
sie absichtlich zu mysti-
fizieren. Ich habe den

Pfeiler-Schäfte im keramischen Hof.

Raum mit und ohne Musik aut mich wirken
lassen; ich sah ihn bei natürlichem und künst-
lichem Licht. In keiner Situation versagte der
Raum; ich bedurfte keines Rausches, keiner
Suggestion, um ihn in dem Wechsel der Ton-
und Lichtschwingungen, der Stille und Ge-
räusche als unwandelbare Einheit festzuhalten
und mich immer wiederzufinden. Es ist ein
Großes in diesem Raum, das sich nicht um-
schreiben läßt. Und bis ins Kleinste hinein
reicht das Fühlen der Erfindung, die Sorgfalt
der Arbeit. Die Intarsiaarbeit dominiert;
schönflammige Birkenmaser gibt ihr den Grund-
akkord, Palisander-Pilaster und die tektonische
Gliederung der Wandschränke, der Fenster-
wand und der Türen bringen eine gewisse
Straffheit hinein, die die Stimmungen und
Reflexe ordnet, sie zu einer einzigen Melodie
zusammenführt. Bescheiden ordnet sich das
aus Palisanderholz gefertigte Mobiliar ein;
auch der kostbare Phonola-Flügel, von Hup-
feld - Schiedmayer, scheint sich ganz in der

Raumstimmung zu verlieren, um lediglich
innerlich den Raum zu füllen. Trunkenen,
träumenden Blickes gleitet das Auge zur
lichten Decke hinauf, deren rhythmisches Or-
nament uns anzudeuten scheint, daß auch die
Musik dem Gesetz und der Ordnung tribut-
pflichtig ist.

Dem Musikraum völlig ebenbürtig, uns
nur noch physischer packend, ist der große
Dreiklang, den Albin Müller in dem ehe-
lichen Schlafzimmer mit anschließendem An-
kleideraum und Badezimmer geschaffen hat.
Der Künstler, der naturgemäß dem Leben in
allen seinen Höhen und Tiefen nachsinnt,
hat hier Stätten für der Menschen höchste
Wonnen und Freuden geschaffen, die das
Dasein bedingen aus göttlicher Bestimmung
heraus. Hier ist das Schlafzimmer in
Wirklichkeit eine Kultstättc für Körperschön-
heit und Sinnenfreude. Und doch spielt der
Künstler nirgends darauf an, sowenig in ver-
steckten Symbolen wie in sinnlichen Bildern
 
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