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Hetzer, Theodor; Giotto; Giotto [Ill.]
Giotto di Bondone - die Geschichte von Joachim und Anna — Der Kunstbrief, Band 33: Berlin: Verlag Gebr. Mann, 1946

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Die Geschichte von Joachim und Anna in der Arenakapelle zu Padua
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III.
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https://doi.org/10.11588/diglit.55557#0013
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III.
Alle die sechs Fresken unserer Reihe haben etwas Feier-
liches; es steigert sich in einigen bis zum Atemanhaltenden
des Wunders. Giotto nimmt das Tempo ruhig und breit und
läßt doch eine geheime Spannung mitschwingen. Sämtlichen
Fresken der Arena wie auch den späteren in Florenz ist diese
große Würde eigen. Man wird keine hastige Bewegung ent-
decken, selbst nicht in Szenen, die dies nahelegen, wie die
Flucht nach Ägypten oder der Kindermord; und das Bild der
Gefangennahme Christi mit seinem Aufruhr gehört sichtlich
nicht zu denen, die Giotto leicht gefallen sind. Aber doch ist
in den Fresken, die von Joachim, Anna und Maria erzählen,
das Gespannte, Erwartungsvolle der Feierlichkeit am größten,
und dies mag weniger im Thema begründet sein als darin, daß
es die frühesten der Arena sind, die dem Ringen Giottos um
eine neue Kunst am nächsten stehen. Es gibt ein italienisches
Bildchen, um 1280 gemalt, das wie das erste Fresko der Arena
die Zurückweisung Joachims darstellt (Abb. 5). Der Unter-
schied ist schlagend; Joachim wird aus dem Tempel weg-
gejagt, es fehlt der Komposition alles, was Giotto ihr aus der
Größe seiner Auffassung heraus gegeben hat. Fragt man, was
so neu und anders ist, so wird man vielleicht zuerst das Ge-
wichtige, die körperliche Schwere, das Volumen der Figuren
nennen. Weite faltenreiche Gewänder umhüllen sie, die Köpfe
sind groß und kräftig, haben starken Haarwuchs, alle Be-
wegungen sind voll und bedächtig. Giotto gibt in der Malerei,
der Kunst der Fläche, den Menschen p 1 a s t i s c h. Er sieht die
Natur mit anderen Augen, und wir begreifen, daß seine Zeit-
genossen fanden, er habe die Menschen „wie lebend“ gemalt,
aber es wird doch auch wohl so sein, daß die in Blüte stehende
gotische Plastik ihm mit die Augen geöffnet hat. Es ist etwas
betont Statuarisches in seinen Figuren - man betrachte den
Engel auf „Joachims Opfer“ -, und zwar besonders in der
obersten Reihe der Arenafresken. Indem das gedrängte, im

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