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Hetzer, Theodor; Giotto; Giotto [Ill.]
Giotto di Bondone - die Geschichte von Joachim und Anna — Der Kunstbrief, Band 33: Berlin: Verlag Gebr. Mann, 1946

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Von der Geburt der Seligen Jungfrau Maria
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https://doi.org/10.11588/diglit.55557#0035
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VON DER GEBURT DER SELIGEN JUNGFRAU MARIA
Aus der Legenda aurea des Jacobus de Voragine.
Deutsch von Richard Benz. Abgedruckt mit freund-
licher Erlaubnis des Verlages Eugen Diederichs, Jena.
Es nahm Joachim aus Galiläa von der Stadt Nazareth Sankt
Anna zum Weibe aus der Stadt Bethlehem. Die wandelten
beide in Gerechtigkeit und erfüllten ohne Tadel die Gebote
des Herrn. Sie teilten alles ihr Gut in drei Teile: einen gaben
sie dem Tempel und seinen Dienern, den anderen den Pilgern
und Armen, den dritten behielten sie zu ihrer Notdurft für
sich und ihr Gesinde. Zwanzig Jahre lebten sie zusammen, daß
sie kein Kind hatten; also gelobten sie: wollte Gott ihnen eine
Frucht verleihen, die wollten sie seinem Dienste weihen. Darum *
fuhren sie jedes Jahr an den drei Hauptfesten gen Jerusalem.
Also zog zum Fest der Tempelweihe dieser Joachim einstmals
mit seinen Stammesgenossen hinauf gen Jerusalem und trat
mit den anderen vor den Altar und wollte seine Opfer dar-
bringen. Aber da ihn der Priester sah, stieß er ihn mit großem
Zorn hinweg und schalt ihn, daß er es wage, an den Altar des
Herrn zu treten, denn es sei nicht ziemlich, daß er dem Herrn
des Gesetzes sein Opfer bringe, der dem Fluch des Gesetzes
verfallen; wie dürfe der Unfruchtbare unter den Fruchtbaren
stehen, der das Volk Gottes nicht hätte gemehret. Da Joachim
sich also geschändet sah, trauete er sich vor Schani nicht,
wieder heimzufahren; auf daß seine Stammesgenossen, die
dasselbe mit hatten angehört, ihm nicht den gleichen Schimpf
erböten. Also machte er sich auf und ging zu seinen Hirten.
Als er daselbst eine Zeit gewesen war, erschien ihm eines
Tages, da er allein war, der Engel des Herrn in großer Klar-
heit. Und da er vor der Erscheinung erschrak, mahnte ihn der
Engel, daß er sich nicht sollte fürchten, und sprach zu ihm:
„Ich bin der Engel des Herrn und bin zu dir gesandt, dir zu
künden, daß deine Gebete erhört sind und deine Almosen auf-
gestiegen vor Gottes Angesicht. Denn ich sah deine Schande
und den Vorwurf der Unfruchtbarkeit, den du unschuldig hast

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