Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hirt, Aloys Ludwig
Die Baukunst nach den Grundsätzen der Alten (Text) — Berlin, 1809

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1740#0024
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Entwürfe seiner Baue, bald im Ganzen, bald theilweise durch ein Modell deutlich machen
zu müssen. Um also nicht in die unangenehme Lage zu kommen, in dieser Rücksicht
fremder Hülfe zu bedürfen, thut er wohl, die nöthige Uebung im Modelliren sich selbst
eigen zu machen. Denn der Baumeister ist nicht immer so glücklich, solche ihm unterge-
ordnete Bauhandwerker, als Zimmerleute, Maurer, Steinmetzen, Tischler, Ziegelbrenner,
Gipsverzierer u. s. w. unter seiner Leitung zu haben, welche nach einer blofsen Zeichnung,
besonders wenn sie etwas neues oder ungewöhnliches darstellt, hinreichend geschickt sind,
eine freye und genaue Arbeit zu verfertigen. Eine gewisse Uebung, Modelle in Thon, in
Wachs, in Gips, in Pappe, oder in Holz zu machenj ist daher dem Baumeister nicht nur
nützlich, sondern in manchen Fällen nothwendig.

IIL Das Rechnen: In dem Rechnen mufs der Architekt eine grofse Fertigkeit besitzen;
denn in der Baukunst geht gewissermafsen alles aus einem richtigen Kalkül hervor. Bey
der Construction ist zu berechnen: Kraft, Druck, Gegendruck, Schwere, Volumen, Verhält-
nisse, Distanzen, Höhen, Breiten, Material u. s. w. Festigkeit, richtige Eintheilung, verstän-
dige Wahl und Verbindung des Materials, ja selbst jede Schönheit der Verhältnisse hängt
von einem genauen Kalkül ab. Welche geübte Rechner erfordert allein das Verfertigen
richtiger Bauanschläge!

IV. Die Geometrie; Diese Wissenschaft lehrt den Baumeister die Werkzeuge kennen
und gebrauchen, als das Lineal, das Richtscheit, den Zirkel, das Winkelmafs, die Setz-
wage, die Schnur und das Senkbley. Hierdurch wird er in den Stand gesetzt, jede Art Bau-
risse zu verfertigen, die Lage einer Baustelle aufzunehmen, die Flachen nach ihren Höhen
und Senkungen abzuwägen, und zu ebnen; jeden Theil an einem Bau nach Höhe, Breite,
Länge und Tiefe auszumessen und zu bestimmen: die Baukörper zu richten, und jedes Bau-
stück einzeln gehörig bearbeiten und ausführen zu lassen.

V. Die Perspektiv und die Optik: Durch die richtige Kenntnifs der Regeln von der
Perspektiv sieht sich der Architekt im Stande, die Risse seiner Gebäude aus jedem beliebigen
Standpunkte, theilweise und im Ganzen, äufserlich und innerlich, so zu zeichnen, dafs er die
Wirkung derselben so beurtheilen kann, als wenn sie vor dem Auge erbaut dastünden.

Man theilet sie in die Linien- und Luftperspektiv. Die erste lehrt die Weise, einen
Gegenstand in seinen Umrissen und Linien so zu bestimmen, dafs die Abbildung davon dem
angenommenen Augen- oder Standpunkte genau entspricht. Durch die zweyte lernt der
Architekt einsehen, wie nach der Beleuchtung, und nach Mafsgabe der Nähe und der
Ferne, die Schatten bald stärker, bald schwächer sich zeigen, und die Lokalfarben in ihren
Tönen wechseln, bis in der Ferne das ganze Farbenspiel in den allgemeinen Luftton gleich-
sam verschmilzt.

Der geometrische Rifs stellt den Gegenstand vor, wie er ist, der perspektivische aber,
wie er dem Auge nach dem angenommenen Standpunkte erscheint.

Nicht weniger wichtig für den Architekten ist die Kenntnifs der optischen Gesetze; denn
die Fälle kommen ohne Unterlafs vor, wo er hievon Gebrauch zu machen hat. Von den
optischen Gesetzen hängt die gute Beleuchtung in den innern Abtheilungen der Gebäude
ab: sie lehren den wahren Schein der Gegenstände nach ihrer Ferne und Nähe, nach ihrem
höhern, oder niedrigem Standpunkt. Hiernach müssen sich also die Verhältnisse der archi-
tektonischen Körper, die Bearbeitung der Verzierungen und die Farbengebung richten. Yon
denselben hängt ab z. B. die verschiedene Weise der Verjüngung und Kannelirang der Säu-
len, das Vorspringen und die Stärke mancher Theile und Glieder, die äufsere Bearbeitung des
Mauerwerks, die schickliche Gröfse der aufzustellenden Statuen, die Erhabenheit der Verzie-
rungen u. s. w.

VI. Die Statik und Maschinenlehre: Erstlich wird nach den Gesetzen der Statik die Fe-

str

traf

K
«eine ]

und

leKff,

%

V

\

v
 
Annotationen