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Hirt, Aloys Ludwig
Die Baukunst nach den Grundsätzen der Alten (Text) — Berlin, 1809

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https://doi.org/10.11588/diglit.1740#0162
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1 •

i4o —

Die Wände von Holz.

fi. 2. Es wäre hier der Ort, zuförderst die vornehmsten, und zum Bauen tauglichsten
Holzarten in Betracht zu ziehen. Allein ich kenne keine Schrift, die als eine solche, worin
dieser Gegenstand allseitig und nach Grundsätzen behandelt würde, zum Grunde zu legen
Wäre, und der Mann wird noch erwartet, der sich einer solchen Arbeit unterzöge, und aus
der gesammten Dendrologie dasjenige aushöbe, was hauptsächlich dem Architekten und den
Bauhandwerkern in dieser Hinsicht vornehmlich zu wissen nöthig wäre.

Um aber diesen Gegenstand nicht ganz zu übergehen, wollen wir das Wesentlichste an-
zudeuten suchen, was uns Theophrast, Plinius, Pälladius und andere, besonders aber Vitruv
in dieser Rücksicht überliefert haben.

Nach Theophrast (de Planus 5, i-)> Vitruv (2, 9.) und Plinius (16, 74.) darf das Bauholz
nur vom Spätherbst an bis gegen das Frühjahr, ehe das Holz wieder in den Saft tritt, ge-
schlagen werden. Man verfährt dabey so: dafs man den Baum unten ringsumher bis auf das
Kernholz einschneidet, und dann ihn so stehen läfst, damit er durch den Abflufs des Saftes
allmählig austrockne. Denn wenn auf diese Weise die darin enthaltene Feuchtigkeit durch
den Splint abgeflossen ist, und erst dann der Baum gefällt wird, so ist keine Gefahr, dafs er
leicht durch Fäulnifs angegriffen werde, sondern er wird vielmehr von anhaltender Dauer seyn.

'Indessen haben die Holzarten, die zum Bauwesen tauglich sind, in der Anwendung nicht
alle dieselben Eigenschaften. Das Gemisch ihrer Grundstoffe, die Zähheit ihres GefaserS, ihre
Dichte und Schwere sind von einander sehr adweichend.

Die Nadelhölzer, welche einen hohen geraden Stamm bilden, wie die Tanne, die Kiefer,
die Fichte, die Zypresse, der Lärchenbaum, die Zeder, eignen sich vorzüglich zu Bauarbei-
ten. Doch zeigen sich unter diesen bey dem Gebrauche sehr abweichende Eigenheiten.

Die Tanne, wegen des straffen Gewebes ihrer Fasern, erhält sich gerade, und beschwert
wegen ihrer Leichtigkeit die Gebäude nicht. Sie eignet sich also vorzugsweise zu Decken-
balken. Aber sie ist dem Holzwurm unterworfen, und für das Feuer sehr empfänglich. Man
unterscheidet daran das untere oder Schaftstück, das ohne Aeste ist, und das obere, oder das
Knorrenstück, was man sonst auch den Schopf nennet. Das untere Stück, nachdem es vier-
seitig gezimmert, und der Splint von dem Kernholz weggeschnitten ist, eignet sich zu jeder
Art von Holzarbeit. Unter den Tannen, die häufig an den nördlichen sowohl als südlichen
Höhen der Apenninen wachsen, machten die Alten einen grofsen Unterschied. Sie betrach-
teten das Holz der Tanne, welche an der Mittagseite unter dem Strahl der Sonne aufwuchs,
als ungleich zäher, straffer und dauerhafter, als von derjenigen welche in den Schatten der
Nordseite aufwuchs. Dies trift aber bey allen Holzarten zu: an der Nordseite wachsen zwar
die Bäume gewöhnlich höher und geschwinder; allein ihr Holz bleibt feucht und schwammig,
und ihm fehlet die Dichtigkeit, welche der Strahl der Sonne demselben während des Wachs-
thumes allein geben kann.

Die Kiefer (picea) hat mit der Tanne ähnliche Eigenschaften; sie diente daher auch vor-
züglich zu Deckenbalken. Man schnitt auch Schindeln, und verfertigte hölzerne Gefäfse
daraus. (Hin. 16, 18O

Die Fichte (pinus), und die Zypresse haben als Balken den Fehler, dafs sie sich senken.
Aber wegen der Schärfe ihrer natürlichen bittern Feuchtigkeit widerstehen sie der Fäulnifs,
und dem Wurm, und sind von ewiger Dauer. Die Thüren von Zypressenholz an dem Tem-
pel der Diana von Ephesus hatten nach vierhundert Jahren noch ihre Politur, und waren
noch in ihren Leimfugen. (Plin. 16, 79.)

Eben so unverweslich ist der Wachholder und die Zeder. Wegen der Dauer ward die
Decke im Dianatempel zu Ephesus aus Zedern construirt; und in Utica war ein Tempel,

der
 
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