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Hoernes, Moritz
Urgeschichte der bildenden Kunst in Europa: von den Anfängen bis um 500 vor Christi — Wien: Druck und Verlag von Adolf Holzhausen, 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.62929#0009

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Vorwort.

Die Geschichte der menschlichen Civilisation ist nirgends gründlicher
studirt worden als in Europa, und die Thaten und Schicksale der europäischen
Völker, der jetzt mächtigsten Culturträger der Erde, sind naturgemäss besser
bekannt als die eines jeden anderen Gliedes der Menschheit. Auch die Anfänge
der Civilisation'in diesem Gebiete sind Gegenstand ausgebreiteter Untersuchungen
geworden, und besonders in den letzten Jahrzehnten hat man in der Herbei-
schaffung und Ordnung des überall auffindbaren Materiales Vieles nachgeholt,
was früher versäumt worden war. Denn früher pflegte man blos der Herr-
schaft höherer Culturformen und ihrer Uebertragung von einem Volke zum
anderen nachzuforschen, wobei man für die älteren und ältesten Zeiten aus-
schliesslich den Orient berücksichtigte. Erst später ist man in die Betrachtung
primitiver Erscheinungen eingetreten und hat an der Hand derselben die Ent-
wicklung nicht blos der Cultur überhaupt, sondern auch der Völker im Ein-
zelnen bis an den Ursprung zurück zu verfolgen gesucht.
Dennoch scheint es, dass die Anfänge der europäischen Cultur noch lange
nicht so scharf beleuchtet sind, als es die vorhandenen Mittel gestatten würden.
So hat es bisher noch Niemand unternommen, eine zusammenfassende Dar-
stellung der ältesten Kunststufen und Kunstwerke Europas zu geben, obwohl
doch die Kunst für diese fernen Zeiten theilweise dasjenige leistet, was später
die geschriebene Ueberlieferung vollbringt. Es ist leicht zu erkennen, warum
jenes bisher unterlassen wurde. Das alte Europa zerfällt hinsichtlich der höheren
Cultur in zwei Theile, die von einander verschieden sind wie Tag und Nacht.
Das classische Europa, unsere zweite geistige Heimat, ist seit Jahrhunder-
ten Gegenstand intensivster gelehrter Beschäftigung; ja es hat eigentlich nie auf-
gehört, nach Massgabe der Intensität wissenschaftlicher Bestrebungen im Mittel-
punkte der gelehrten Interessen zu stehen. Für diese Alterthümer bestehen
Schulen, höhere Lehrstühle, Seminarien, Bibliotheken, Museen, Institute, Aka-
demien; für sie besteht vor Allem ungetheilte, von jeder Autorität genährte
Anerkennung und Sympathie. Hier liegt die Schwierigkeit der Benützung
eher in der Fülle des Gesammelten, im Reich thum der Daten und Bearbeitungen,
welche streng innerhalb gewisser Grenzen sich fort und fort anhäufen. Die
zeitlichen Grenzen dieser bewunderungswürdigen Arbeit sind jüngst mächtig
erweitert worden, die räumlichen ebenfalls, aber vorwiegend nach der Seite
des Morgenlandes.
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