Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hoernes, Moritz
Urgeschichte der bildenden Kunst in Europa: von den Anfängen bis um 500 vor Christi — Wien: Druck und Verlag von Adolf Holzhausen, 1898

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.62929#0714

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Nachträge.

1. Eine neuentdeckte Elfenbeinstatuette von Brasseinpouy.
(Zu Seite 48 f.)
Das Elfenbeinschnitzwerk Fig. 11—13 auf Taf. II ist im Texte nicht er-
wähnt, da es erst nach dem Drucke des betreffenden Abschnittes S. 46ff. bekannt
geworden ist. L’Anthr. VIII, 1897, S. 165 ff. berichten Eduard Piette und Josef
de la Porterie über die im September 1896 unternommene Fortsetzung der Aus-
grabungen in den Höhlenschichten von Brassempouy, wobei diese Frauen Statuette
gefunden wurde. Dieselbe lag wenige Centimeter oberhalb eines Herdplatzes
der Elfenbeinschnitzer („Epoque eburneenne“). Kopf, Schultern, die Unter-
schenkel und ein Oberschenkel, sowie ein Stück des Unterleibes fehlen, und
der Torso ist an der Oberfläche stark zersetzt. Er misst 9'5 Cm. Länge und
an den Hüften o Cm. Breite. Piette beschreibt das Stück mit folgenden Worten:
„Die Frau, welche es vorstellt, gehörte nicht derselben Rasse an wie die ,Venus
von Brassempouyf Sie ist viel weniger fettleibig, und ihre Schenkel sind mager.
Der Bauch ist umfangreich, aber nicht enorm; die Brüste sind mehr birnförmig
als cylindrisch. Die Hüften sind sehr entwickelt, aber man findet Aehnliches
in kleinen Figuren, welche uns die griechische Kunst hinterlassen hat.1) Die
Fettmassen, welche sie bedecken und sich dem Gesäss anschliessen, sind nicht
übertriebener als bei vielen heute lebenden Frauen. Die Zerstörung, welche
die Figur erlitten hat, lässt nicht erkennen, ob sie longinymph gebildet war.
Es ist zweifellos ein Kunstwerk, welches Beachtung verdient, namentlich wenn
man die einfachen Mittel bedenkt, mit welchen es hergestellt wurde. . . .
Dennoch hat es einen Fehler: eine der Hüften ist stärker als die andere.
Doch weiss man nicht, ob dies dem Künstler zur Last fällt, oder ob das Elfen-
bein sich unter dem Druck der Erde erweicht und deformirt hat.“ Es fanden
sich nämlich in den Herdplätzen der untersten Schichte der Grotte du Pape
auch Massen von zersetztem Elfenbein. „Dieses Elfenbein,“ sagen die Autoren,
„hat sich, selbst wenn es nicht vom Feuer angegriffen war, dermassen erweicht,
dass es seine ursprüngliche Gestalt ganz verlor und buckelige Concretionen
bildete. An den Stellen, wo die Höhlenbewohner grosse Haufen von Mammuth-

l) Vgl. oben S. 184.
 
Annotationen