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« machen, was einem solchen Vorbilde nicht entsprach, » Er fügt hinzu: «Dies
«.mag auffallen; aber derjenige, welcher die Besonnenheit und das Talent
«.hat, dem Geeiste der griechischen Künstler nachzuspüren, wird bald ge-
«wahr werden, mit welch' grosser Ueberlegenheit sie alles dies thaten.t> —
Ucberlegenheit? — in der genauen Nachahmung ist keine Ueberlegenheit.
Dieses Wort mufs also hier sagen, dafs man den Holzbau nicht sklavisch,
sondern nur in so fera nachgeahmt hätte, als sich diefs mit dem Steinbau
auch vertrug. Kann aber das Grundgesetz, die Seele einer Sache (wie
Hirt die Holznachahmung nennt) mit einem andern Gesetze, -was ja in diesem
Falle unwesentlich und untergeordnet seyn müfste, collidirenPP
Ferner: cc Sie fanden darin nicht nur die besten Fingerzeige für die
cc Technik in Stein » — Herr Hirt erklärte diefs eben im §. 2 sehr triftig! —
cc sondern sie sahen auch zugleich ein, class blos in Befolgung eines solchen
cc Wegs sie dahin gelangen konnten, das Charakteristische in den verschie-
(.(. denen Bauarten darzustellen. » — Als ich in meiner Einleitim«; zeigte , dafs
die Griechen von dieser Charakteristik gar nichts geahnt hätten; so bemerkte
Hirt: «.lehret etwa dergleichen Hirt auch?» — Diefs hat er hier wieder
vergessen.
Ich übergehe die folgenden Seiten, welche lauter Persönlichkeiten ent-
halten, die keiner Widerlegung bedürfen, und reihe hier — nach obigem Ver-
sprechen — eine kurze Betrachtung über die Prinzipien (wenn sie anders so
zu nennen sind) des Hirt'sehen Systems an.
«Es ist nicht .so leicht ein neues System in der Baukunst, als in der Philosophie
eoder in der Heilkünde zu schreiben.» *)
Wenn man in den ersten Abschnitten Hirts architectonische Grundsätze
zusammen sucht (denn von logischer Ordnung ist keine Rede); so stöfst man
auf so viele und grofse Widersprüche, dafs schwer zu begreifen ist, wie diefs
alles aus einem Kopfe fiiefsen konnte. — Das Allgemeinste besteht, wie in
jedem Lehrbuche der Baukunst darin, dafs zugestanden werden mufs: Festigkeit
und Bequemlichkeit sind die ersten Bedingungen eines jeden Gebäudes, und
erst nach Erfüllung dieser kann an Schönheit gedacht werden.
So heifst es S. 12: «Sein (des Baumeisters) Geschmack wird desto ge-
«läuterter werden, da er das Nützliche, Bequeme und Brauchbare nicht einer
*) Siehe Hirts Vorgespräch, S. 3.