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Bombe, Walter
Geschichte der Peruginer Malerei bis zu Perugino und Pinturicchio: auf Grund des Nachlasses Adamo Rossis und eigener archivalischer Forschungen — Italienische Forschungen, Band 5: Leipzig, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.34609#0299
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Schlußwort.

279

außerhalb der engeren Heimat Beschäftigung fanden, waren nun vorbei.
Perugino und sein jüngerer Landsmann Pinturicchio, der ebenfalls in
Rom und in Siena eine vielseitige Tätigkeit entfaltet hat, schmücken fürst-
liche Gemächer und reiche Privatkapellen aus, malen Madonnenbilder
für Kirchen und für häusliche Andacht. Die Gunst von Päpsten, Fürsten,
Machthabern wird ihnen zuteil, und mit Hilfe einer großen Schar von
Gehilfen suchen sie die zahlreichen Aufträge zu bewältigen. Der reich
begabte, aber an der Oberfläche haftende Pinturicchio erweist sich in
seinen Fresken der Sieneser Dombibliothek als geschmackvoller und
blendender Dekorateur und als einer der besten Techniker der Fresko-
malerei seiner Zeit, wird aber an Durchbildung der Formen und an
seelenvoller Empfindung von Perugino weit übertroffen. Als Perugino,
vielleicht kaum dreißigjährig, um 1480, in der Sixtinischen Kapelle malte,
war er bereits im Vollbesitz seiner künstlerischen Mittel, und über
20 Jahre hielt er sich auf der Höhe. Mit dem Beginn des 16. Jahr-
hunderts geht es allmählich bergab. Die übergroße Menge der Aufträge,
zu denen in immer steigendem Maße Schüler herangezogen werden
mußten, und ein starker Erwerbstrieb waren die Hauptursachen seines
künstlerischen Niederganges. Jetzt wird der erarbeitete Formenschatz
nicht mehr durch neue Erfindungen bereichert, wahre Empfindung wird
zu sentimentaler Leere, eine gewisse seelische Abkühlung tritt ein, und
die Ausdrucksformen, die einst das Entzücken der Zeitgenossen gewesen
waren, erstarren in Schematismus. Noch 20 Jahre lang, bis zu seinem
Tode, malt er unablässig für Kirchen und Klöster Umbriens Fresken und
Altarbilder, und überall da, wo er Spuren seines Wirkens hinterlassen,
findet er die Nachfolge der Ortskünstler, die auch aus den Werken seiner
letzten Zeit noch manches lernen konnten. Selten ist der Einfluß eines
Künstlers so groß gewesen, wie der Peruginos. Selbst im fernen Bologna
folgt ein hervorragender Künstler, Francesco Francia, seinen Spuren. In
die Entwicklung der Kunst Umbriens, nicht nur Perugias, hat er be-
stimmend eingegriffen und ihr noch ein Menschenalter lang den Charakter
aufgeprägt. Seinem großen Rivalen Pinturicchio wurde bis an das Lebens-
ende die Gunst auswärtiger Machthaber und Auftraggeber zuteil, während
Perugino zuletzt den Kreis seines Wirkens auf die engere Heimat be-
schränkt sah. An tüchtigen Nachfolgern hat es beiden nicht gefehlt, und
wenn diese die Peruginer Malerei nicht zu neuer Blüte gebracht haben,
so ist die Ursache nicht zum mindesten darin zu suchen, daß ihnen
keine großen Aufgaben gestellt wurden, und daß die ungünstigen poli-
tischen Verhältnisse die künstlerische Tätigkeit lahmlegten. Im Jahre 1506
ßel Perugia in die Hände Papst Julius 1L, und nach wiederholten Ver-
suchen der Peruginer, das päpstliche Joch abzuschütteln, ließ 1540 Papst
 
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