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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 51.1940

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Die Wertschätzung des Porzellans
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https://doi.org/10.11588/diglit.10972#0282

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272

INNEN-DEKORATION

lil.ienservice »urb1no-form« mit platinrand
staatl. porzellan-manufaktur -berlin
entwurf: else möckel und trude petr1
glaser: verein. lausitzer glaswerke
besteck: entw. lettre, AUSF. bruckmann

DIE WERTSCHÄTZUNG DES PORZEL-
LANS ist in Europa so alt wie die Be-
kanntschaft mit ihm. Marco Polo sah auf
seiner wunderreichen Fahrt zum Fernen
Osten zum erstenmal chinesische Porzellan-
geräte, und die erste deutsche Erwähnung
des Porzellans steht in der 1477 zu Nürnberg
erschienenen Übersetzung seines Reisebe-
richtes, wo es heißt: »Ist ein stat, genannt
Tinghui, do macht man Schüsseln von por-
cielane, die groß guts wert seyn.« Sicherlich
sind schon vor dieser deutschen Erwähnung
chinesische Porzellane durch den arabischen
und venezianischen Handel nach Europa ge-
kommen, und die hohe Schätzung, die man
ihnen zollte, bekundet sich darin, daß man
selbst einfache Schalen mit kostbaren Silber-
fassungen versehen ließ. Das Kasseler Mu-
seum bewahrt eine aus der Sung-Periode
stammende Schale auf, die um 1450 eine

spätgotische Silbermontierung rheinischer
Arbeit erhielt. Die Schale selbst ist von
schlichtester Rundform, aber diese Form
schwingt mit edler Linie aus und hat den
klaren Wohllaut, der bis auf den heutigen
Tag der eigentliche Reiz des Porzellangeräts
geblieben ist. Das Fließende und Gleitende,
das Kreisende und Hingehauchte, das sich
aus dem Arbeitsgang am freiwilligsten er-
gibt, wird heute noch, heute wieder von
der künstlerisch hochstehenden Porzellan-
bearbeitung achtsam gesucht. Die Hand
des Künstlers scheint dem Stoffe bloß
dienend zu folgen, und Form scheint bloß
sanfte Atmung der Materie zu sein. Was so
entsteht, fügt sich zum Leben der die Tafel
schmückenden Blumen, als sei es ihm in
Reinheit und Unschuld artverwandt. Die
Empfindung des Abendlandes für diese
Reinheit und Unschuld des »weißen Goldes«
bekundet sich fast rührend in der mittel-
alterlichen Sage, daß Porzellangefäße keine
giftigen Flüssigkeiten vertragen und sie
durch sofortiges Zerspringen verraten, h.r.

mokka-service »siesta« entwurf von trude petr1 —berlin
staatl. porzellan-manufaktur berlin (fotos: v. carlow1tz)
 
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