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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 51.1940

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Vančura, Jiří: Prager Wohnräume
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https://doi.org/10.11588/diglit.10972#0303

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INNEN-DEKO RAT ION

293

»KAMINPLATZ IM WOHNRAUM« TAPETE: BEIGE, BEZÜGE: B1.AUGRÜNF.R KRETONNE UND ZIEGELROTES LEDER

PRAGER WOHNRÄUME

VON ARCHITEKT DR.-1NG. J.VANCURA

Wenn ich es hier unternehme, ein erläuterndes
Wort zu meinen eignen Arbeiten zu sagen, so
geschieht es nicht, um der Beurteilung durch andre
vorzugreifen, sondern um gewisse besondere Vor-
aussetzungen anzudeuten, die meiner Wohnraum-
behandlung zugrunde liegen. Meine Arbeit hat natur-
gemäß ihren Platz im Zusammenhang der tsche-
chischen Raumgestaltung und ihrer Entwicklung.
Sie gehört einer bestimmten Richtung an, welche
sich seit einer Reihe von Jahren abzuzeichnen be-
ginnt, auf Grund von Anregungen, die ihr aus der
reichsdeutschen Innenarchitektur zugeflossen sind.

Die tschechische Innenraumgestaltung hat sich bis
vor kurzem auf der Linie jener technizistischen For-
mung bewegt, die ja in allen Ländern Europas ihre
Anhänger hatte. Ihr ging es ausschließlich um Nütz-
lichkeitswerte, um den knappen, sachlichen Aus-
druck und um höchste Zweckmäßigkeit des Haus-
rats. Diese Auffassung führte zu nüchternen, wenig
ansprechenden Raumbildern, die trotz mancher
hygienischer und wirtschaftlicher Vorzüge keine

volle Befriedigung spenden konnten. Diese Form
wurde in Böhmen auch dann noch weitergepflegt,
als man sie im Reiche verlassen hatte. Namentlich
die Diplomingenieure unter den Architekten hielten
an ihr fest, weil sie ihrer mehr technischen als künst-
lerischen Gesamtanschauung entsprach und sich
durch niedrigere Gestehungskosten empfahl. Sie
verstanden sich nicht von einem Stil zu lösen, der
einmal seine bestimmte geschichtliche Bedeutung
gehabt hatte, aber inzwischen von der weiterdrängen-
den Entwicklung überholt worden war.

Der Umschwung in der künstlerischen Anschau-
ung vollzog sich langsam und führte zu einer natür-
licheren Art der Gestaltung, angeregt durch die
deutsche Raumkunst, welche in der Belebung durch
staatlichen und wirtschaftlichen Aufstieg reichere
und vielseitigere Schöpfungen hervorbrachte. Es
bildete sich ein neuer »Dekorativismus« aus, der frei-
lich von der Gefahr bedroht war, unter den Händen
Unberufener in die geschmacklos überladene Deko-
rationsweise überwundener Zeiten zurückzufallen.

1940. X. 3
 
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