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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 53.1942

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Schlenker, A. E.: Ein kultiviertes Landhaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.10968#0039

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INNEN-DEK 'RATION

31

EIN KULTIVIERTES LANDHAUS

Noch vor wenigen Jahrzehnten galt es als selbst-
verständlich - und auch heute ist dieser Stand-
punkt noch keineswegs überwunden - daß das Haus,
das sich einer baut, Ausdruck seiner »gesellschaft-
lichen« Stellung sein und darum schon nach außen
zeigen müsse, welche Pracht und welchen Luxus er
sich leisten kann. Man errichtete damals jene Groß-
villen und bürgerlichen Palais, die sich in ihrer
äußeren Gestaltung meist klassizistisch gebärdeten
und die Tradition höfischer Baukunst nachzuahmen
suchten, damit aber immer auf äußere Wirkung und
Fassade angelegt waren. Sie wurden so zum Aus-
druck einer wohlhabenden Zeit, die es sich hoch an-
rechnete, ihrer im Grunde rein materialistischen
Ausrichtung durch Förderung der Kunst und Kultur
einen moralischen Ausgleich zu geben. Man bediente
sich der Kunst, um solche Prachtbauten zu schaffen,
und leistete sich dafür namhafte Künstler, deren
Mitarbeit man sich gerne etwas kosten ließ.

Ohne Zweifel barg diese Zeit auch ihre Vorteile.
Ihre Bauten besaßen - selbst wenn sie uns heute

nicht mehr ganz entsprechen - noch am Ende des
vergangenen Jahrhunderts, da der private Hausbau
immer mehr verflachte, vielfach so fein empfundene
Proportionen, soviel innere Haltung und Disziplin,
daß man heute noch Achtung davor haben kann.
Vor allem aber bot solche Zeit dem künstlerischen
Schaffen Möglichkeiten, wie man sie sich schöner
und günstiger kaum denken konnte. Wenn sie trotz-
dem künstlerisch nicht besonders fruchtbar wurde,
so hatte dies tiefere Gründe, die mehr mit der inneren
Haltung ihrer Menschen als mit äußeren Gegeben-
heiten und Bedingungen zu tun hatten. Wo das
künstlerische Schaffen in den Dienst einer nur äußer-
lichen Wirkung, der Entfaltung von Pracht und Luxus
und damit in den Dienst »gesellschaftlicher« Erfor-
dernisse gestellt wird, muß es seine ursprüngliche
Verwurzelung verlieren. An die Stelle des inneren
Schaffenszwangs tritt die wunschgemäße Erledigung
eines Auftrags, an die Stelle der inneren, in ewigem
Ringen erlebten Spannung die äußerlich gekonnte
Routine, die blendet, aber nicht nachhaltig überzeugt.

1942. II. 1
 
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