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Runge, Hans: Ein Besuchszimmer vor hundert Jahren
DOI Page / Citation link: https://doi.org/10.11588/diglit.10968#0186
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INNEN-DEKOR AT ION
EIN BESUCHSZIMMER VOR HUNDERT JAHREN
Der Blick in die Wohnsitten von einst, in die
Wohnräume, die unsern Urgroßeltern schön und
gemäß erschienen, hat nicht nur einen außerordent-
lichen Reiz, er gibt uns auch willkommene Gelegen-
heit, uns im Vergleich mit dem Damals, heutiger
Form- und Lebensbedürfnisse klarer bewußt zu wer-
den. Darum seien aus dem Nachlaß meiner Urgroß-
mutter die folgenden »allgemeinen Ratschläge über
Einrichtung eines Besuchszimmers« mitgeteilt:
»Die verfeinerte Lebensart zeigt sich auch in der
Art der Meublierung unserer Visitenzimmer. Alles
muß hier einen äußerst geläuterten Geschmack und
Weltkenntnis verrathen. Malerei, Geräthschaften,
Verzierung und Meubel-Stellung derselben, müssen
es anschaulich machen, daß man sich in einem Hause
befinde, wo Verstand und feine Sitte wohnen.
Die Verschiedenheit der Stände, des Vermögens und
der Beschäftigung macht auch Verschiedenheit in der
Meublierung der Wohnungen nothwendig; ich müßte
aber viel ausführlichere Ausführungen niederschrei-
ben, wollte ich die schicklichste Zimmereinrichtung
für jeden Stand und Beruf angeben.
Es sei mir genug, einige Regeln mitzutheilen, wie
die Meublierung eines Visitenzimmers zu erfolgen
habe; die, ohne prächtig und glänzend zu sein, doch
dem guten Geschmack vollauf gerecht wird.
Ein Visiten- oder Fremdenzimmer ist zum Emp-
fange der Fremden und der Besuche, die uns ge-
macht werden, bestimmt. Es muß also eine, diesem
Endzwecke ganz entsprechende Einrichtung und Ver-
zierung haben, daher weder Schränke, weder Schreib-
tische, Kommoden, Schenktische und Speisetafel in
der Mitte, noch Ankleidespiegel, Toilette-Tische,
Bettstätten und dergleichen hier Platz finden dürfen.
Kronleuchter, Pfeilerspiegel oder Spiegel- und
Spieltische, Ottomanen, Divan, Sofa, Kanapee,
allenfalls eine schöne Stockuhr, sind die Einrich-
tungs-Stücke eines Visitenzimmers.
Auf den Seitentischen können Vasen stehen, die
dem Ganzen ein schönes Ansehen geben.
INNEN-DEKOR AT ION
EIN BESUCHSZIMMER VOR HUNDERT JAHREN
Der Blick in die Wohnsitten von einst, in die
Wohnräume, die unsern Urgroßeltern schön und
gemäß erschienen, hat nicht nur einen außerordent-
lichen Reiz, er gibt uns auch willkommene Gelegen-
heit, uns im Vergleich mit dem Damals, heutiger
Form- und Lebensbedürfnisse klarer bewußt zu wer-
den. Darum seien aus dem Nachlaß meiner Urgroß-
mutter die folgenden »allgemeinen Ratschläge über
Einrichtung eines Besuchszimmers« mitgeteilt:
»Die verfeinerte Lebensart zeigt sich auch in der
Art der Meublierung unserer Visitenzimmer. Alles
muß hier einen äußerst geläuterten Geschmack und
Weltkenntnis verrathen. Malerei, Geräthschaften,
Verzierung und Meubel-Stellung derselben, müssen
es anschaulich machen, daß man sich in einem Hause
befinde, wo Verstand und feine Sitte wohnen.
Die Verschiedenheit der Stände, des Vermögens und
der Beschäftigung macht auch Verschiedenheit in der
Meublierung der Wohnungen nothwendig; ich müßte
aber viel ausführlichere Ausführungen niederschrei-
ben, wollte ich die schicklichste Zimmereinrichtung
für jeden Stand und Beruf angeben.
Es sei mir genug, einige Regeln mitzutheilen, wie
die Meublierung eines Visitenzimmers zu erfolgen
habe; die, ohne prächtig und glänzend zu sein, doch
dem guten Geschmack vollauf gerecht wird.
Ein Visiten- oder Fremdenzimmer ist zum Emp-
fange der Fremden und der Besuche, die uns ge-
macht werden, bestimmt. Es muß also eine, diesem
Endzwecke ganz entsprechende Einrichtung und Ver-
zierung haben, daher weder Schränke, weder Schreib-
tische, Kommoden, Schenktische und Speisetafel in
der Mitte, noch Ankleidespiegel, Toilette-Tische,
Bettstätten und dergleichen hier Platz finden dürfen.
Kronleuchter, Pfeilerspiegel oder Spiegel- und
Spieltische, Ottomanen, Divan, Sofa, Kanapee,
allenfalls eine schöne Stockuhr, sind die Einrich-
tungs-Stücke eines Visitenzimmers.
Auf den Seitentischen können Vasen stehen, die
dem Ganzen ein schönes Ansehen geben.