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Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.

5. Jahrgang.

Wien, 15. Februar 1913.

Nr. 4.

Ein Selbstporträt Alexander von Humboldts.

Von der zeichnerischen Tätigkeit Alexander von
H u m b o 1 d t s ist uns mir wenig überkommen : in der
sonst vortrefflichen Humboldt-Biographie von Hermann
Klcncke findet sich nur ein dürftiger Hinweis auf diese
Seite des so vielseitigen Gelehrten. Man erfährt nicht

1808 bis 1827. in der französischen Hauptstadt lebte,
»während welcher Zeit«, wie Klencke bemerkt, »die
Franzosen gewohnt und geneigt wurden, ihn ganz als
den Ihrigen zu betrachten«. Humboldt hat es anscheinend
bei dem einen Versuch bewenden lassen, sich selbst zu

viel mehr daraus, als daß Hum-
boldt auf seinen Reisen sich diu
Skizzen selbst entwarf, die zur
Illustrierung seiner Werke ge-
dient haben. Daß Alexander
von Humboldt auch seitab von
dieser nächsten beruflichen
Betätigung wiederholt zum
Stifte griff, um seinem Ge-
staltungsdrange Genüge zu
tun, ist durch einzelne größere
Arbeiten verbürgt, die bekannt
wurden. Hicher gehört nament-
lich das Porträt des Botanikers
K. S. Kunth, das sich heute
im Besitze des Direktors Fried-
rich Goldschmidt in
Berlin befindet. Einen weiteren
interessanten Beleg für die
zeichnerische Tätigkeit des
Verfassers des »Kosmos« bildet
ein Selbst porträt Hum-
boldts, das im Wiener Privat-
besitze aufgetaucht ist.
Das Porträt, von dem wir
hier eine verkleinerte Repro-
duktion bieten (Fig. 1), ist eine
vorzügliche Kreidezeichnung
in der Größe von 35 : 37 Ztm.;
über die Zeit und den Ort der
Entstehung gibt die Signierung Aufschluß, die rechts
unten am Bilde angebracht ist und alle Merkmale der
Handschrift Humboldts trägt. Wir lesen da in den kleinen,
etwas unsicheren, schwankenden Buchstaben »Alex. H.
von mir selbst im Spiegel, Paris 1814«.
Es ist also der 45jährige, im Zenithe seines Wirkens
stehende Humboldt, den wir vor uns haben. Der Ver-
merk »Paris« erinnert uns daran, daß Humboldt mit
kleinen Unterbrechungen beinahe zwanzig Jahre, von

porträtieren, ein zweites Selbst-
porträt ist nicht bekannt.
Für die Echtheit des Bildes
spricht auch dessen Provenienz,
über die uns der Eigentümer,
der Musikschulinhaber Herr
Rudolf Mitt er müll er, folgen-
des mitteilt: »Von meinen Ver-
wandten trat als Erster der
preußische Staatsrat Gottlob
Johann Christian Kunth in
enge Beziehungen zur Familie
Humboldt, indem er der Er-
zieher Wilhelm und Alexander
von Humboldts wurde, und
nach dem Tode ihres Vaters
(1779) auch die Vermögensver-
waltung und die Leitung aller
wichtigen Familienangelegen-
heiten iibernahm. Die Brüder
Humboldt haben ihrem Mentor
die Liebe übers Grab hinaus
bewahrt, indem sie ihn als
einzigen, nicht zur Familie Ge-
hörigen, im Schloßparke zu
'Fegel bei Berlin beisetzen
ließen, wo noch heute sein gut
erhaltenes Grabmal zu sehen
ist. Der Neffe des Staatsrates
Kunth war der (schon ge-
nannte) Botaniker Karl Sigismund Kunth (geb. 1788),
dem Alexander von Humboldt die Mittel zum Univer-
sitätsstudium bot, und der später sein Freund und Mit-
arbeiter wurde. Ihm oblag es hauptsächlich, das reiche
botanische Material zu sichten und zu beschreiben, das
Humboldt von seiner Amerikareise heimgebracht hatte.
Kunth hielt sich deshalb in Gesellschaft Humboldts,
B o n p 1 a n t s und einiger anderer Gelehrter von 1813
bis 1819 in Paris auf; das Selbstporträt, das Humboldt

Fig. 1. Selbstporträt Humboldts.
 
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