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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.

5. Jahrgang.

Wien, 1. November 1913.

Nr. 21.

Das Maximilians-Museum in Augsburg.
Von Dr. E. Hanfstaengl (Augsburg).

Die Entstehung des städtischen Maximilians-
Museums zu Augsburg geht in das Jahr 1854 zurück,
in das gleiche Jahr, in dem auch in München das Natio-
nalmuseum errichtet wurde. Es waren damals in der
Hauptsache die Sammlungsbestände des 1834 ge-
gründeten Historischen Vereines von Schwaben und
Neuburg, und zwar kulturhistorischer und naturwissen-
schaftlicher Art, die der Magistrat in einem Gebäude zu
einem Museum vereinigte. Das Interesse, das alle
Kreise an dem neuentstandenen Museum nahmen, war
so rege, daß die Notwendigkeit einer Trennung der
beiden Gebiete nicht mehr abzuweisen war. Es bot sich
1902 eine günstige Gelegenheit, das Haus des berühmten
Chronisten Stetten zu erwerben, und so ging man daran,
dort den naturwissenschaftlichen Sammlungen ein ge-
eignetes Unterkommen zu schaffen. Mit dem Auszug
jener Bestände war eine Neuordnung und Neuaufstellung
der kulturhistorischen Sammlung selbstverständlich ge-
worden, unnd so erfolgte 1907/08 der durchgreifende
Neubau, der das Museum in seiner heutigen Gestalt er-
stehen ließ.
Das Museumsgebäude besteht aus zwei Patrizier-
häusern. Das eine, nach der St. Annastraße gelegen, ist
1511—1514 von einem Welser erbaut worden; das
andere, das heute mit den zwei schönen Erkern die
eigentliche Fassade bildet, ließ sich 1544—1546 der
Bürger Lienhart Böck errichten. Mit feinem Verständnis
hat Professor Gabr. von Seidl aus diesen zwei alten
Häusern, die eine Zeitlang als Armenkinderhaus dienten,
unter pietätvoller Rücksichtnahme auf die alten Räume
ein ganz einzigartiges Museum geschaffen, in dem
zwischen der behaglichen Intimität einer Privatsamm-
lung und dem repräsentativen Charakter eines Stadt-
museums eine glückliche Mitte eingehalten wurde.
Der rechteckige Hof, der zwischen den beiden
Häusern und den Flügelbauten liegt, wurde durch den
Einbau einer Bogenstellung reicher gestaltet und für die
Aufstellung von Architekturfragmenten, großen Plastiken
ausgenützt. Noch wirkungsvoller ist die ursprüngliche
Warenhalle des Kaufherrenhauses, die mit der Ein-
gangshalle vereinigt war, zu einem römischen Lapidarium
umgebaut worden, und jetzt birgt dieser helle,

kreuzgewölbte Raum, nächst denen in Speyer, die be-
deutendsten Schätze an römischen Steindenkmälern in
Bayern. Es sind der Hauptsache nach Meilensteine,
Altäre, Votivsteine und Grabdenkmäler; zwei gut er-
haltene Merkurstandbilder, ein schlafender Amor, einige
Grabmonumente mit Porträtbüsten seien als die besten
Stücke genannt. Leider ist die mittelalterliche Plastik
nicht ebenso günstig untergebracht worden; in einem
mangelhaft erleuchteten Raum mußte sie recht monoton
nebeneinander gereiht werden. Das Hauptstück der
Sammlung, die Madonna aus St. Ulrich, die in den Kreis
des Meisters vom Blaubeurer Hochaltar gehört, wurde
wenigstens in der Mitte des Raumes einigermaßen
günstig placiert, während selbst so ausgezeichnete
Stücke, wie eine hl. Agnes (?), dann eine Jüngergruppe
vom Oelberg, kaum genügend zur Geltung kommen
können. Besser wirken das in die Wand eingelassene
Mörlin-Epitaph (1510), einige schöne Grabsteine des
frühen 16. Jahrhunderts und die Alabasterreliefs von
Paludamus (um 1560) und Petel (t 1634).
Im ersten Stock, den man über eine breite Treppe
im südlichen Teil, und eine schmälere im nördlichen er-
reicht, ist der erste Saal der wichtigen Diözesansamm-
lung eingeräumt. Erst 1910 wurde sie für das Museum
zur Aufstellung gewonnen, das damit zugleich seinen
wertvollsten Zuwachs erfuhr. Es handelt sich fast aus-
schließlich um kirchliche Geräte und Kunstgegenstände
aus dem Besitze der Bischöfe und des Domkapitels, und
von dem Hervorragenden, was dieser Raum enthält, sind
die silbergetriebene gotische Madonna, der sogenannte
Helm und das Schwert Karls V., ein paar der ganz
frühen Kodizen, ein Reisealtärchen, unter anderem nur das
Kostbarste. Einen glücklichen Griff tat die Verwaltung
mit dem 1909 erfolgten Ankauf der Porzellansammlung
Butsch. Es war eine nicht wiederkehrende Gelegenheit,
dem Museum nach dieser Seite hin eine ganz neue Be-
reicherung zu verschaffen, und da nie an den weiteren
Ausbau dieser Abteilung gedacht werden konnte, so wäre
gerade diese Sammlung durch ihre Reichhaltigkeit und
vor allem die vorzügliche Erhaltung von beinahe allen
Stücken geeignet, als abgeschlossene Abteilung aufge-
nommen zu werden. Ungewöhnlich reich ist der Bestand
 
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