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Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.

5. Jahrgang. Wien, 1. März 1913. Nr. 5.

Die Sammlung Albert Dasch in Teplitz.
Von H. Karl Krüger (Berlin).

Wer aus Neigung oder von Berufs wegen Kunst-
sammlungen besichtigen muß, wird wissen, wie viel
größer die Enttäuschungen sind als die Freude, wieder
einmal eine »Entdeckung« gemacht zu haben. Die Zahl
der Liebhaber alter Kunst ist unendlich gewachsen, heute
findet man sie auf dem Lande ebenso wie in kleinen oder
großen Städten; überall gibt es Kenner, die für ihre
Sammlungen viel ernsthaften Fleiß und viel Begeisterung
aufwenden, die auch gleich für jedes Stück einen Stamm-
baum zur Hand haben und von denen man sich doch mit
dem Bewußtsein trennt, wieder einmal keine »Trouvaille«
gemacht zu haben.
Die Sammlung des Herrn Albert Dasch in
Teplitz gehört nun zu denjenigen, die eine Ueber-
raschung bedeuten, vor der der Respekt bei genauer
Durchsicht wächst, und die, obschon vor 35 Jahren be-
gonnen, doch wohl nur wenigen bekannt geworden sein
dürfte. Die Ueberraschung wird größer, wenn man hört,
daß fast jedes Stück ohne Vermittlung des Zwischenhan-
dels lediglich aus dem nördlichen und nordwestlichen
Böhmen erworben wurde (zum Beispiel auch der große
Sulkowski-Leuchter vom Schloß Dux des Grafen
W a 1 d s t e i n, der große predigende Franziskus Xave-
rius vom Schloß Rosenburg des Fürsten C1 a r y,
dessen Schutzpatron dieser Heilige ist), so daß durch das
zielbewußte Ausschöpfen der örtlichen Quellen wirklich
eine Sammlung zustande gekommen ist, die an Rang auch
solchen nicht unebenbürtig ist, die auf breiterer Grund-
lage aufgebaut sind.
Bei weitem am reichhaltigsten und wichtigsten ist
das Porzellan vertreten, das schon bei flüchtiger
Durchsicht ein besonderes Charakteristikum zeigt: der
Besitzer hat nicht ein einziges Stück restaurieren lassen,
jedes einzelne blieb in dem Zustand, in dem es sich beim
Erwerb befand, die primitiven und von nicht sachkun-
diger Hand hergestcllten Kittstellen stammen von den
ursprünglichen Besitzern. Tut dies auf der einen Seite
dem Gesamteindruck gewissen Abbruch, so wird anderer-
seits der Wert durch die Ursprünglichkeit gewinnen,
weil jeder Zweifel über etwaige moderne Zutaten fort-
fällt. Numerisch dominiert wieder Meißen, wobei ein
verhältnismäßig hoher Prozentsatz an weißen Gruppen
und Figuren auffällt. Ein Beweis mehr, daß sicher nicht
nur die fehlerhaften undekoriert in den Handel gebracht

wurden und daß viel mehr weißes Porzellan abgegeben
wurde, als wir heute kennen. Sapienti sat!
Das Geschirr der Frühzeit ist nicht zahlreich, aber
durch treffliche Beispiele vertreten. Die sechs Tassen
aus dem Service des Ministers H e n n i c k e, die beiden
Kummen mit gefächertem Türkisfond und indianischen
Blumen gehören nicht zum Alltäglichen. Den Gipfel
künstlerischer Ausdrucksfähigkeit erreicht das Meißener
Porzellan in der Plastik durch K ä n d 1 e r in der
Flächendekoration durch H ö r o 1 d. Sicher büßt ihre
Größe nichts ein, wenn man ihnen Vorbilder nachweist,
durch die sie sich inspirieren ließen, die sie aber doch in
den meisten Fällen völlig eigen und neu umgestaltct
haben. Trotz dieser Metamorphose sind die Anlehnungen
aber nachweisbar und sicher bleibt es reizvoll, sie auf-
zusuchen. Kaendlersche Figuren, die er nach Bouchar-
dons Cris de Paris modelliert hat, sind festgestellt --
Hörold hat zweifellos die holländischen Reisewerke ge-
kannt. (Vgl. Brüning, Europäisches Porzellan des 18. Jahr-
hunderts, Berlin 1904, pag. XIII, ferner; L. Schnorr
v. C a r o 1 s f e 1 d, Porzellan, pag. 43—45.) Zu dem bei
Brüning erwähnten Werk von Dr. O. Dapper (Amster-
dam, by Jacob van Meurs 1670) kann ich heute ein
zweites anführen, das meines Wissens noch nicht be-
kannt ist: Curieuse Aen Merkinge de Bysondcrste OoslS
en West-Indische Verwonderenswoerdigen Dingen door
S. de Vries III. dell 1682 tot Utrecht by Johannes Ribbius.
—■ Das Titelblatt ist oben an einem Baldachin bezeichnet:
Romeyn de H o o g h e inv. et auct. (inventor et auctor).
Die Entstehung dieser phantasievollen Radierungen kann
man sich so vorstellen, daß der Reisende flüchtige, un-
künstlerische Skizzen mitgebracht hat, und daß er für die
Illustrierung seines Werkes dann den mit lebendiger und
weitschweifender Phantasie begabten de Hooghe ge-
wann, dem er sein Material als Grundlage für seine Ar-
beit anvertraute. Das »inv. et auct.« freilich spricht mehr
dafür, daß der Künstler in diesem Falle seine Illustra-
tionen auf Grund der Reisebeschreibungen selbständig er-
fand. — Der »Tartarischc Keyzer« läßt sich auf Hörold-
servicen direkt nachweisen, andere Gruppen meint man
hier und da in der Prospektmalerei gesehen zu haben, be-
sonders in den Einzelheiten, jedenfalls aber ist die
kostümliche und szenische Vorstellung gedanklich mit
der uns bekannten Porzellanmalerei so verwandt, daß
 
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