RiCHARD KURT DoWiN Romanische Portale in Niederösterreich
17
Fig. 16 nnd 17 Reiiefs aus Wultendorf (jetzt im niederösterreichischen Landesmuseum)
Lombardisch ist der statt des Kämpferfrieses angebrachte Kapitälfries. Damit
möchte ich die z. B. am Portal von S. Pietro in Ciel d'oro zu Pavia, S. Stefano in Bo-
logna oder an den vier Portalen von S. Michele in Pavia (Fig*. 12) vorkommende Ge-
phogenheit verstehen, die Kapitäldekoration auch über den Portalpfosten sich verkröpfen
zu lassen^^).
Diese Geg'enüberstellungen lombardischer Denkmäier aus dem endenden XI. und der
ersten Hälfte des XII. Jhs. -— sie ließen sich müheios vervielfachen — mit solchen des
salzburgischen, bayrischen und niederösterreichischen Kunstkreises dürften genügen, die
starke Abhängigkeit der süddeutschen Bau- und Portalornamentik vor und nach 1200 von
Oberitalien giaubhaft zu machen.
Komplizierter ist die Frage nach der Herkunft des architektonischen Portalaufbaues.
Stellen wir z. B. unsern Klosterneuburger Portalen vom Ende des XII. Jhs. oder, um ein
bayrisches Beispiel zu wähien, dem 1214 entstandenen Westportal der Stadtkirche in
Weinsberg^) das sehr frühe, allgemein noch vor iioo^") datierte Mittelportal von S. Am-
brogio in Maiiand gegenüber! Es wird schon an den viel breiteren, wuchtigeren Formen
der späteren süddeutschen Portaie sofort kiar, daß eine Abieitung von der italienischen
Portalarchitektur ein Nonsens wäre^).
Man vergieiche nur die Säulen des in der Dekoration ganz lombardisch anmutenden
Weinsberger Portals mit den schianken des itaiienischen! Diejenigen, welche die Heimat
aller romanischen Kunst gern in der Lombardei sehen möchten, würden natürlich von einer
beeinßußten KLönigslutter Andet sicb das Motiv in freier
Umbildung an Säulenschäften (Abb. bei Dehio, Taf. 2QQ,
Fig. 16). Von S. Niccoia in ßari wird das Ornament mit
dem auch an den Klosterneuburger Pforten angewendeten
Traubenmotiv verknüpft, das zwar schon in der spätrömi-
schen und altchristlichen Kunst eine große Rolle spielt, in
der Lombardei aber typisch als Füllhgur schon in lango-
bardischer Zeit verwendet wird. (Zahlreiche Beispiele hiefür
bei Stückelberg S. 48 und Rivoira Fig. 362.)
CS) Ein Motiv, das später über Bayern zum Mittelrhein
vordringt und dort, mit größtem Reichtum verwcndet, zu
einem Merkmal dieser Portale wird.
Hassler, Württemberg. Jahrb. 1863, S. 132, Abb.
bei Fastenau, S. 33.
"0) Stückelberg datiert es schon ins IX. Jh., sehr früh
auch Gosche, Mailand (in „BerühmteHunststätten"), S. iy,
ebenso F. M. Valeri, Milano I 26.
Auch B. Meier hat bei sächsischen Portalen ita-
lienische Rapitäle und Dekorationen bei sonstigen sächsi-
schen Architekturformen iiervorgehoben, so z. B. in Königs-
lutter (S. IQ2).
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Fig. 16 nnd 17 Reiiefs aus Wultendorf (jetzt im niederösterreichischen Landesmuseum)
Lombardisch ist der statt des Kämpferfrieses angebrachte Kapitälfries. Damit
möchte ich die z. B. am Portal von S. Pietro in Ciel d'oro zu Pavia, S. Stefano in Bo-
logna oder an den vier Portalen von S. Michele in Pavia (Fig*. 12) vorkommende Ge-
phogenheit verstehen, die Kapitäldekoration auch über den Portalpfosten sich verkröpfen
zu lassen^^).
Diese Geg'enüberstellungen lombardischer Denkmäier aus dem endenden XI. und der
ersten Hälfte des XII. Jhs. -— sie ließen sich müheios vervielfachen — mit solchen des
salzburgischen, bayrischen und niederösterreichischen Kunstkreises dürften genügen, die
starke Abhängigkeit der süddeutschen Bau- und Portalornamentik vor und nach 1200 von
Oberitalien giaubhaft zu machen.
Komplizierter ist die Frage nach der Herkunft des architektonischen Portalaufbaues.
Stellen wir z. B. unsern Klosterneuburger Portalen vom Ende des XII. Jhs. oder, um ein
bayrisches Beispiel zu wähien, dem 1214 entstandenen Westportal der Stadtkirche in
Weinsberg^) das sehr frühe, allgemein noch vor iioo^") datierte Mittelportal von S. Am-
brogio in Maiiand gegenüber! Es wird schon an den viel breiteren, wuchtigeren Formen
der späteren süddeutschen Portaie sofort kiar, daß eine Abieitung von der italienischen
Portalarchitektur ein Nonsens wäre^).
Man vergieiche nur die Säulen des in der Dekoration ganz lombardisch anmutenden
Weinsberger Portals mit den schianken des itaiienischen! Diejenigen, welche die Heimat
aller romanischen Kunst gern in der Lombardei sehen möchten, würden natürlich von einer
beeinßußten KLönigslutter Andet sicb das Motiv in freier
Umbildung an Säulenschäften (Abb. bei Dehio, Taf. 2QQ,
Fig. 16). Von S. Niccoia in ßari wird das Ornament mit
dem auch an den Klosterneuburger Pforten angewendeten
Traubenmotiv verknüpft, das zwar schon in der spätrömi-
schen und altchristlichen Kunst eine große Rolle spielt, in
der Lombardei aber typisch als Füllhgur schon in lango-
bardischer Zeit verwendet wird. (Zahlreiche Beispiele hiefür
bei Stückelberg S. 48 und Rivoira Fig. 362.)
CS) Ein Motiv, das später über Bayern zum Mittelrhein
vordringt und dort, mit größtem Reichtum verwcndet, zu
einem Merkmal dieser Portale wird.
Hassler, Württemberg. Jahrb. 1863, S. 132, Abb.
bei Fastenau, S. 33.
"0) Stückelberg datiert es schon ins IX. Jh., sehr früh
auch Gosche, Mailand (in „BerühmteHunststätten"), S. iy,
ebenso F. M. Valeri, Milano I 26.
Auch B. Meier hat bei sächsischen Portalen ita-
lienische Rapitäle und Dekorationen bei sonstigen sächsi-
schen Architekturformen iiervorgehoben, so z. B. in Königs-
lutter (S. IQ2).