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Das Mosaikbild des Jüngsten Gerichtes am Prager Dome

Von ANTON MAT&jCEK

Die im Jahre igio vom Dombaumeister K. Hilbert durchgeiührteWiederanbringuiig*
des großen, auf die Zeit Karls IV. zurückgehenden Mosaikbiides über der Porta Aurea
des Prager Domes gestaltete sich für die Kunstforscher zu einem im wahren Sinne des
Wortes überraschenden Ereignis^). In den letzten Jahrzehnten mußten die Kunstgelehrten
nur mit den dürftigen Berichten von seiner Existenz und schlechten Reproduktionen vor-
lieb nehmen; nur einem engen Kreise von Auserwählten kamen einige Bruchstücke nebst
einer farbigen Kopie zu Gesicht. Das in Stücke zerlegte, auf der Oberseite verklebte Bild
ruhte in einem Depot und die Forschung erhielt keine Gelegenheit, sich mit diesem wich-
tigen Denkmal eingehend zu beschäftigen. Man fand zwar hie und da in der kunstgeschicht-
lichen Literatur kurze Erwähnungen und einige überlieferte, inhaltsloSe Gemeinplätze dar-
über, aber die eigentliche Forschung blieb auf den ikonographischen Artikel A. Podlahas
und ein kurzes Kapitel in der Grueberschen Monographie beschränkt^). Die vorliegende
Arbeit möge als ein Beitrag zur Lösung der Provenienzfrage und zur Feststellung der
entwicklungsgeschichtlichen Stellung des Mosaiks aufgefaßt werden.

Das Mosaikbild des Jüngsten Gerichtes ist schon seiner exzeptionellen Stellung nach ein
überaus bedeutsames künstlerisches DenkmaL Es gibt diesseits der Alpen kein musivisches
Werk von solchem Umfange und solcher Bedeutung, da das Marienwerder Mosaik, welches
daneben Erwähnung finden könnte, von kleinerem Umfange und geringerem künstlerischen
Werte ist. Einzig in Italien und Byzanz, wo sich die musivische Kunst eine Reihe von
Jahrliunderten hindurch einer ununterbrochenen Entwicklungskontinuität erfreuen konnte,
brachte das XIV. Jahrhundert Werke von solcher Konzeption, Ausdruckskraft und entwick-
lungsgeschichtlicher Bedeutung hervor. Das Mosaik behndet sich nunmehr wieder auf dem
ursprünglichen Aufstellungsort über den Arkaden der südlichen Vorhalle, die zum Quer-
schiffe des Domes führt (Fig. 93). Die Fläche des Mosaiks wird durch zwei, über die Pfeiler
der Arkaden hinausstrebende Fialen in drei Felder geteilt, von denen die zwei Nebenfelder
durch kleine spitzbogige Fensteröffnungen durchbrochen sind. Daß die Wand, auf welcher
das Mosaik angebracht wurde, für keinen solchen dekorativen Zweck bestimmt war, erhellt
daraus, daß man bei der Herabnahme des Mosaiks im Jahre 1890 in ihrem Mittelfelde ein
zugemauertes Fenster fand.

*) Dem Dombaumeister Hrn. Arch. K. Hiibert, der Fodiaha, Mosaikov^- obraz v chrämu Svatovitskem,

meine Arbeit durch Rat und Tat unterstützte, sei aucb an Pam. archeolog. a mistop. XXI. 1904, S. 228. Grueber,
dieser Stelle mein herzlicher Dank ausgesprochen. Die Kathedrale des hl. Veit zu Prag, 1870, S. 39.
 
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