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Neugefundene Architekturzeichnungen und Risse zu Salzburger Bauten

Archivfunde sindmeistensZufallsfunde. So sind
auch jetzt an verschiedenen Stelien Entwürfe und
Bauzeichnungen aufgetaucht, die für die Bearbeitung
der Kunsttopographie nicht unwichtig gewesen wä-
ren. Da die Kunsttopographie tiber die Gebäude, de-
nen unsere Zeichnungen zugehören, erschöpfend be-
richtet, können sich diese Zeilen nur darauf be-
schränken, die neugefundenen Piäne in die Darsteliung
der Kunsttopographie einzuordnen. Dort, wo Zuwei-
sungen an eine bestimmte Hand versucht werden
mußten, kann beim völiigen Mangel an Vergieichs-
materiai kein abschließendes Urteii ausgesprochen
werden. Wir giauben nur unsere PHicht zu tun, wenn
wir sagen, was da ist, die Spezialforschung mag dann
das entscheidende Wort aussprechen.

I. Stadt.

1. GrundriS für den Dom.

lm Juii 1913 wurde dem städtischen Museurn
von Fiorenz aus ein Dompian von Scamozzi ange-
tragen. Auf unsere Anfrage hatte Direktor von der
Gabeienz und der Assistent des Fiorentiner deutschen
institutes Dr. W. Biehi die Liebenswürdigkeit, uns
mitzuteilen, daß das Biatt aus dem Besitze des
Tommaso Temanza, einem Venezianer Architekten
ttnd Künstlerbiographen des XVIli. Jhs. stamme.
Anderseits wissen wir aber, daß das Originai sich
im Besitze Temanzas befand (Kunsttop. IX, S. 2)
und von 1606 datiert war. Die Zeichnungmacht einen
durchaus günstigen Eindruck (Fig. 7)^). Vergieichen
wir die Beschreibung des Temanza, so zeigt sich die
genaueste Übereinstimmung. Nicht nur die Zahi der
Altäre (19) oder der Eingänge (3-)-4) sind bei Te-
manza angeführt, sondern auch die von Temanza
angegebenen Maße in Venezianer Fuß^) decken sich

1) Das Biatt mißt ^.27 x 310 7M1H.

Gesamtiänge ^oo p. Länge des Langhauses bis zum
Zentrum des Hauptchores 313p. Länge des Querhauses 260 p.
Breite des Hauptschiffes 57 p. Höhe des Hauptschiffes 96 p.
Breite des Seitenschiifes = Hauptschitf.

genau mit den Maßen unseres Pianes. So scheint
kaum mehr ein Zweifei daran möglich, daß wir in
unserem Biatte — es ist signiert:

Vinc' Scamozzi Arch't"
ii mese d'Agosto 1606.

den Originaiplan vor tttis haben, den Scamozzi dem
Erzbischofe Adoif Dietrich vorgeiegt hat.

Temanza urteiit über das Projekt: „Es scheint,
daß Scamozzi die Absicht gehabt habe im Tempei
von Saizburg den Grundgedanken (idea) der groß-
artigen Peterskirche in Rom zu verbessern (mig-
iiorare). Ob ihm das geiungen ist, wage ich nicht zu
entscheiden. lch sage nur so viel, daß dieser Entwurf
für Saizburg exacter ist ais der für St. Peter. Es
zeigt sich hier eine wunderbare Einheit und zugieich
Mannigfaitigkeit in der Komposition, so daß die Ord-
nung und Zusammengehörigkeit der einzelnen Teiie
in ihrer einfachen Majestät von jedermann erkannt
werden mtissen. Ich muß gestehen, daß unter ailem,
was ich von Scamozzi sah, mir dieser Bau als der
bedeutendste erscheint und aiiein genügen würde, ihn
als hervorragenden Architekten zu charakterisieren.

Wenn wir in diesen Worten auch den Lokai-
stoiz des Venetianers heraushören, so scheint doch
eine Beeinflussung von St. Peter unleugbar. Freilici:
nicht in seiner heutigen Gestait, dennerstimjahre 1606,
also dem Entstehungsjahre unseres Pianes, beschioß
Paui V. den Zubau von Madernas Langhaus. Eher
scheint der Entwurf Raffaeis maßgebend gewesen zu
sein. Nicht nur die Fünfzahi des Travees, sondern
auch die eigenartigen Umgänge um die Chonchen
sind beiden Projekten gemeinsam. Freiiich ist die
Anlage bei Raffae! durch eine doppeite Säuiensteiiung
reicher und für die Raumgestaitung der ganzen
Kirche bedeutungsvoiier gestaitet. In der Vorhatle
dagegen zeigt sich Scamozzi ais vöiiig unbeeinüußt.
Hier wie in den beiden Sakristeien beiderseits des
Hauptchores fitiden wir ein sehr auffäiiiges Motiv:
vier vöiligfreistehende Säuien, die eine kieine Kuppei
tragen. Es erscheint ganz unerkiäriich, weiche Er-
 
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