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RtCHARD KLuRT DoNTN Romanische Portale in Niederosterreich

Diese Eigentümiichkeit hndet man in Niederösterreich fast nur an Zisterzienser-
portalen*^'*). Ohne das fehlende Bogenfeld als Eigenart der Zisterzienserportale überhaupt
ansprechen zu wollen, kann man für unsere Gegend wohl die Abhängigkeit von anderen
Zisterzienserbauten behaupten. Heiligenkreuz stimmt in der Grundrißanlage mit dem Zister-
zienserstifte Mauibronn genau überein^^). Ist es Zufall, daß gerade Maulbronn eine ganze
Reihe bogenfeldloser Portale besitzt?

Das Nord- und Südportal ist mit den drei Schiffen der Stiftskirche gleichzeitig* ent-
standen. Das beweisen die Steinlagen und die Kapitäle der Portalsäulen (Fig. 39), die

mit Kapitälen des Mittelschiffes völlig überein-
stimmen*^^). Die Bauzeit der Stiftskirche liegt
zwischen 1136 (Stiftsbrief) und 1187 (Einweihung
des Klosters); doch dürfte der Bau wohl erst
unter Heinrich Jasomirgott nach der Jahrhunderts-
mitte eingesetzt haben^^). Diese Datierung stützt
auch die Entstehungszeit der übrigen, dem XII. Jh.
zugeschriebenen niederösterreichischen Portaie.

Zwettl: Portal des Kapitelhauses

Das reichste Portal des XII. Jhs. besitzt das
Kapitelhaus des Stiftes ZwettP^"), der ersten
Filiale von Heiiigenkreuz. Auch dieses Portai
ist wieder bogenfeldlos (Fig. z).o). Das Gewände
schmücken zwei wuchtige Säulen mit Würfel-
kapitälen und Basen, die schon weniger steii
sind. Es drängt sich mir unwillkürlich bei dem
Prohl dieser Basen und der Form der Würfel
wieder eine Übereinstimmung mit Maulbronn
auf*"**), ohne daß ich deshalb eine Ableitung von
Maulbronn versuchen will. DasPortai hat keinen
scharf von den Rücksprüngen absetzenden Türpfosten. Er wird durch zwei Rundwülste
verschleiert. Auch dieses Motiv gemahnt wieder iebhaft an Mauibronn, und zwar an die
Portale des Lettners**^). Zwischen diesen Rundwülsten läuft in Zwettl eine Hohlkehle, die

*36) Ausgenommen das unbedeutende Tor auf Rauhen-
ccl-:. Rauheneck liegt aber ganz nahe von Heiligenhreuz.

*3') Abt Dr. Gregor Pöch, M. Z. 3. F. XII 4. Vgl.
A. Mcttler, ZurKlosteranlage der Zisterzienser und zur Bau-
geschichte Maulbronns (Stuttgart, Kohlhammer 1909) und
Paul Schmidt, Maulbronn, Die baugeschichtliclie Entwicklung
des Klosters im XII. und XIII. Jh. (Studien zur deutschen
Kunstgcschichte, H. 47).

Aus der Abhängigkeit vonMauibronn licßen sich auch
die anderen für Niederösterreich als vorgeschritten bezeich-
neten Eigentümlichkeiten erklären, z. B. die Kapitäle. Hei-
ligenkreuz stimmt im Grundriß auch mit den Zisterzicnser-
abteien Bebenhausen, Marienthal, Bronnbach übercin. Auch
mit diesen Bauten lassen sich Übereinstimmungen in den
Portalen feststellen. In Bronnbach hat sogar das rechtseitige
Außenportal derKirchenlassade kein Bogenfeld, was sich

aber aus einem vieileicht früher bestandenen Paradies er-
klären ließe (Oechelhausen, Die Kunstdenkmale Badens IV
1? S. 39). Ähnlichkeiten des südlichen Kirchenportals in
Heiligenkreuz und des Portals des Kapitelhauses in Zwettl
sind ebenfalls bei den analogen Portalen in Bronnbach vor-
handen (vgl. Oechelhausen, Taf. V).

*33) Abb. bei Heider und Eitelberger I 43, P'ig. 2.

*39) Ebenda S. 34. „in edificio pro majore parte inuit
edihcare".

**9) Sacken, in Heider und Eitelberger II 37 (dort die
ältere Literatur); M. A.V 82.

***) Und zwar die Basenprofile mit dcn Basen der 3.
romanischen Periode in Maulbronn (Abb. bci Schmidt, Fig. 3)
und die Kapitäle mit den Kapitälen des Mittelschiffes.

**^) Abb. bei Schmidt, Fig. 14. Fraglich ist aber, ob
dieser Lettner vor dem Zwettler Portale entstand.
 
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