RtCHARD K.URT DoNiN Romanische Portale in Niederösterreich
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nach Heiders Beschreibung' eine Kugel unten abschloß. Über die Wülste und das innere
Türgewände scheint sich früher eine Art Fries, als Fortsetzung der Kapitäldeckplatte, ge-
zogen zu haben.
Das Portal g'ehört zu dem ältesten Teile des Stiftes, dem Kapitelhause. Seine Ent-
stehung liegt zwischen 1139, der Stiftsgründung, und 1182, in welchem Jahre Albero II. von
Kuenring im Kapitelhause bestattet wurde. Den Stilformen nach ist es ungefähr gleich-
zeitig mit den beiden Heiligenkreuzer Portalen anzusetzen.
LHienfeld: Südportai der Kirche
Betrachtet man das Portal, welches
in Lilienfeld vom Kreuzgang in die Stifts-
kirche führt, ohne Rücksicht auf die
Portalsäulen, so muß man es in die ersten
Jahrzehnte des XIII. Jhs. versetzen (Fig. 41).
Ein sehr wuchtiger Rundstab windet sich
innen um das — wieder bogenfeldlose —
Tor. Ebensolche Rundstäbe bilden zwei
Archivolten. Die Auskehlungen sind noch
lange nicht so zart und kompliziert wie
an den Deutsch-Aitenburger Kirchentoren.
Die Archivolte sitzt ganz unvermittelt auf
Kapitäldeckplatten mit sehr ausdrucks-
vollem kräftigen Prohl. Man ziehe eine
Parallele zwischen diesen Details und
den entsprechenden der Kapitelhauspforte
(Fig. 44), welche der Architektur des
Kreuzganges sich anschließt, und man wird
mit Bestimmtheit behaupten können, daß
der Kreuzgang viel später entstanden ist
als das Südportal dei Kiiche. Also ge- Fig. 41 Liiienfeld, Siidportai der Stiftskirche
hört das Portal der Entstehungszeit der
Kirche an? Auch das ist undenkbar, denn die Kirchenarchitektur ist noch fortgeschrittener
als die des Kreuzganges — Strebepfeiler, oblonge Traveen, durchgehends Spitzbogen —,
so daß bereits Dohme in Vergleichung mit deutschen Zisterzienserbauten die Kirche um
1230 setzt*^). Es bleibt also nur die einzige Möglichkeit übrig, daß das Portal das Über-
bleibsel der ersten, zwischen 1202—:2ßo aufgeführten Kirche ist.
Dieser Schluß wird durch den Mauerbefund bestätigt. Das Portal liegt nicht in der
dem Kreuzgang und der Kirche gemeinsamen Wand, sondern ein ziemliches Stück vor
derselben. Auf der Abbildung wird dies besonders bei dem Ansatz der Kreuzgangrippe
(rechts oben) klar. Wenn man nicht annehmen will, daß das Portal ein moderner Zubau
ist, und das verneine ich entschieden, so bleibt eben nur der Schluß übrig, daß bei dem
Neubau der Kirche und des Kreuzganges die neue Kirchenwand etwas nördlich verschoben
wurde und deshalb die Konsole der Kreuzgangrippe etwas hinter der vorderen Portal-
ßäche eingreifen mußte. Man nahm deshalb. da man das alte Tor schonen wollte, aus
R. Dohme, Die Hirchen des Zisterzienserordens in Deutschland während des Mitteialters, Leipzig 1860, S. 107.
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nach Heiders Beschreibung' eine Kugel unten abschloß. Über die Wülste und das innere
Türgewände scheint sich früher eine Art Fries, als Fortsetzung der Kapitäldeckplatte, ge-
zogen zu haben.
Das Portal g'ehört zu dem ältesten Teile des Stiftes, dem Kapitelhause. Seine Ent-
stehung liegt zwischen 1139, der Stiftsgründung, und 1182, in welchem Jahre Albero II. von
Kuenring im Kapitelhause bestattet wurde. Den Stilformen nach ist es ungefähr gleich-
zeitig mit den beiden Heiligenkreuzer Portalen anzusetzen.
LHienfeld: Südportai der Kirche
Betrachtet man das Portal, welches
in Lilienfeld vom Kreuzgang in die Stifts-
kirche führt, ohne Rücksicht auf die
Portalsäulen, so muß man es in die ersten
Jahrzehnte des XIII. Jhs. versetzen (Fig. 41).
Ein sehr wuchtiger Rundstab windet sich
innen um das — wieder bogenfeldlose —
Tor. Ebensolche Rundstäbe bilden zwei
Archivolten. Die Auskehlungen sind noch
lange nicht so zart und kompliziert wie
an den Deutsch-Aitenburger Kirchentoren.
Die Archivolte sitzt ganz unvermittelt auf
Kapitäldeckplatten mit sehr ausdrucks-
vollem kräftigen Prohl. Man ziehe eine
Parallele zwischen diesen Details und
den entsprechenden der Kapitelhauspforte
(Fig. 44), welche der Architektur des
Kreuzganges sich anschließt, und man wird
mit Bestimmtheit behaupten können, daß
der Kreuzgang viel später entstanden ist
als das Südportal dei Kiiche. Also ge- Fig. 41 Liiienfeld, Siidportai der Stiftskirche
hört das Portal der Entstehungszeit der
Kirche an? Auch das ist undenkbar, denn die Kirchenarchitektur ist noch fortgeschrittener
als die des Kreuzganges — Strebepfeiler, oblonge Traveen, durchgehends Spitzbogen —,
so daß bereits Dohme in Vergleichung mit deutschen Zisterzienserbauten die Kirche um
1230 setzt*^). Es bleibt also nur die einzige Möglichkeit übrig, daß das Portal das Über-
bleibsel der ersten, zwischen 1202—:2ßo aufgeführten Kirche ist.
Dieser Schluß wird durch den Mauerbefund bestätigt. Das Portal liegt nicht in der
dem Kreuzgang und der Kirche gemeinsamen Wand, sondern ein ziemliches Stück vor
derselben. Auf der Abbildung wird dies besonders bei dem Ansatz der Kreuzgangrippe
(rechts oben) klar. Wenn man nicht annehmen will, daß das Portal ein moderner Zubau
ist, und das verneine ich entschieden, so bleibt eben nur der Schluß übrig, daß bei dem
Neubau der Kirche und des Kreuzganges die neue Kirchenwand etwas nördlich verschoben
wurde und deshalb die Konsole der Kreuzgangrippe etwas hinter der vorderen Portal-
ßäche eingreifen mußte. Man nahm deshalb. da man das alte Tor schonen wollte, aus
R. Dohme, Die Hirchen des Zisterzienserordens in Deutschland während des Mitteialters, Leipzig 1860, S. 107.