Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
RiCHARD KLURT DoNtN Romanische Portale in Niederösterreich

43

Kirchenportals aus dem XII. Jh. vor uns haben. Dieses Portal hätte drei Rücksprünge mit
eingesteliten Säulen und als äuüersten Abschluß eine Halbsäule gezeigU^).

Unaufgekiärt bleibt der quadratische Sockel dieser alten Säulenbasen, weicher knapp
über dem Boden Auskehlungen hat. Vielleicht käme man zu einer Erklärung, wenn man
die Stufen entfernen und den neuen Steinboden etwas abgraben könnte. Der Grund,
warum sich diese alten Gewändesockel erhielten, liegt darin, daß die barocke Stufenanlage
im Halbkreise vor die Westfassade gelegt war. Es lagen daher diese Sockel unter dem
erhöhten Eingangsniveau. Daraus erklärt sich auch die Beschädigung der Proßle in der
Höhe der alten Kehlung. Denn dort stießen die Platten des erhöhten Plateaus ein^^).

Fig. 47 Heiligenkreuz, Hauptportal der Rirche, Detail

Über diesen alten Basen stehen die neuen. Sie sind merkwürdig geformt, denn sie
haben unter dem quadratischen Sockel konsoienartige Untersätze, weiche wie umgekehrte
Säulenbasen aussehen. Auch diese haben ein Eckblatt! Ich würde vermuten, daß es einst
wirkliche Basen waren, doch sind sie mit den oberen Basen und der quadratischen Piatte
anscheinend aus einem Stein. Ich fand weder in Heiiigenkreuz noch sonst wo für diese
sonderbaren Gebilde Analogien. Ich kann sie nur mit folgender Hypothese erklären: Als

*63) Wobei ich jedoch nicht verhehlen wili, daß meine
Entdeckung des alten Portalsockels auch ihrc Bedenken hat.
Am ehesten wird man glauben, daß die Halbsäule als äußer-
ster Abschluß schon am ältesten Portal bestand. Sie kommt
schon in Petronell (Abb. 24) bald nach 1200 vor und würde
in Heiligenkreuz ihr Vorbild in den Halbsäulenlisenen der
Fassade haben. Unwahrscheinlicher ist für ein Zister-
zienserportal des XII. Jhs. der dreiiache Riicksprung.
Da sich das alte Sockelband in gleichen Riicksprüngen über
Plosten und Basen zieht, so hätten wir bereits den fertigen
bayrischen Typus vor uns, der, wie ich noch zeigen werde,

sich in Bayern selbst erst in der zweiten Hälfte des XII. jhs.
ausbildete. Könnte man sich nicht entschließen, die alten
Sockelreste dem ersten Portal zuzuschreiben, so bliebe nur
die Hypothese übrig, daß man beim Portalneubau um 1254
das Prohl des alten Sockels auch auf die neuen Rück-
sprünge zog.

*63) Diese unter Abt Clemens angelegte Treppe ist
noch bei Heider und Eitelberger (Taf. 1 und 2) sichtbar.
Die jetzigeTreppe ist neu. Bei der Wegnahme der barocken
Stufenanlage wurde eben der alte Sockel zum Teil wieder
bloßgelegt.

6*
 
Annotationen