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RiCHARD K.URT DoNiN Romanische Portale in Niederösterreich

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Bordeaux*^) oder die etwas nördlicheren zwischen der Charente und unteren Loire gelegenen
lCirchen zu Echillais, Rutfec, Poitiers, Angouleme oder im normännischen Kunstgebiet zu
Ouistreham oder Mouen*^) lehrt.

Nicht auf allgemeine westfranzösische, sondern ausschließlich auf normännische Archi-
tektur deuten im Innern der St. Jakobskirche die gemauerten Säulenschäfte, die Form
der gedrückten Kapitäle*^*) und vor allem eine große Menge ornamentaler Einzelheiten.
Jedes dieser Ornamente erbrächte für sich allein zwar nicht den Beweis, daß die schotti-
schen (oder richtiger irischen) Mönche die englisch uüd französiscii normännische Dekora-
tion nach Bayern brachten. In ihrer Gesamt-
heit aber und bei dem Umstande, daß diese
Ornamentik in Deutschland überhaupt vor
dem Schottenbau nicht auftritt, ist sie voll
beweismachend. Hier seien nur diejenigen
Ornamentformen berührt, welche an nieder-
österreichischen Portalen wahrscheinlich durclr
die im Jahre 1158 nach Wien berufenen
Schotten und ihrem um 1200 vollendeten
ersten und nach 1260 errichteten zweiten
Kirchenneubau weitere Verbreitung fanden.

Als besondere Eigentümlichkeit der Nor-

mannenarchitektur gilt vor allem das Falt-

kapitäl, nach Ruprich-Robert aus der Unter-

teilung des Würfelkapitäls entstanden*^). In

Regensburg sieht man es, und zwar immer

sechzehnfältig, an verschiedenen Säulchen des

ehemaligen Kreuzganges von St. Jakob*^^).

Eines (Fig. 34 a), bei welchem die Schnitt-

ftächen der Pfeifen mit einem fortlaufenden

zweistreifgen Ringelband verziert sind*sb, ^ , c.. . , , ^ ,

° ° Fig. 49 Regensburg, SudportaL von St. Jakob

wird wortwörtlich vom Deutsch-Altenburger

Karnerportal (Fig*. 53 a) übernommen. D'riesartig behandelt wird das Faltmotiv in der
Deutsch-Altenburger Kirche, als Archivoltenverxierung aber an zahlreichen niederöster-
reichischen Portalen (Fig. 66 und Tafel IV) selbständig weitergebildet.

t'9) B. Meier S. 214.

*80) Abbildungen bei J. Baum, Romanische Baukunst
in Frankreich (Stuttgart 19:0), S. 95, 431, 53, 38, 96, und
Ruprich-Robert (L'archit. normande aux XJ. et XII. siöcles)
II Taf. CIX und II Taf. CIII. Unhaltbar ist die Ableitung
der Architektur.des Jakobsportals von Italien. So z. B.
Riehi von der Fassade von S. Micheie in Favia (Bayerns
Donautal S. 38). Auch Goidschmidt denkt an Itaiien. Ein
indirekter Beweis liegt auch darin, daß die architektonische
Gestaltung des Bildschmuckes an der Apsis von Schön-
grabern, welche mit dem Jakobsportal in engem Zusammen-
hang steht, in den Apsiden der westfranzösischen Kfrchen
in Charente-Inferieure ihr Vorbiid hat.

*8*) Sie Hnden sich in Niederösterreich in Deutsch-

Aitenburg, teilweise sogar mit dem normännischen Falt-
kapitäl! Die Deutsch-AItenburger Kirche hat mit S. Jakob
auch die Pfeilerform und das ehemalige dache Holzdach
gemeinsam.

*82) Eine hiibsche Zusammenstellung der wichtigsten
Variationen des an fast allen englischen, französischen und
siiditalienischenNormannenbauten (hauptsächlich in derNor-
mandie und Calvados) auftretenden Faltkapitäls beiWagner
S. 48.

*80) Abb. bei Wagner, ferner bei Hager und Auf-
ieger, Taf. 7.

*34) Ahnlich in der Normannenkirche I.a Trinite in

Caen.
 
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