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RjCHARD KLURT DoNJN Romanische Portale in Niederösterreich

Sein Tympanum, früher wohl bemalt, ruht auf eigenen Pfosten und den bei der bayrisch-
lombardisclien Gruppe üblichen Vorkragungen. Der Kämpferarchitrav mit der gieichen, von
Regensburg stammenden Prohlierung des Deutsch-Altenburger Karnerportals (Fig*. 52) stößt
an die Türwand an, ohne sich wie dort um sie zu verkröpfen; ein tektonischer Fortschritt
zur Heraushebung der inneren Mauer, der nur selten mehr in Zukunft aufgegeben wird. Ob
sich der Architrav einstens auch außen fortieierte, ist ungewiß; denn dort wurden, wie aus
früheren Abbildungen^^^) zu ersehen, in gotischer Zeit Strebepfeiler angesetzt, die man

bei der Restaurierung wieder entfernte. Von den
vier Bogenfriesen setzen sich die inneren zwei mit
gleicher Dekoration in den Pfosten fort, die beiden
äußersten ruhen in ziemlich hartem Ubergang auf
zwei Knotensäulenpaaren. Das bedeutet gegenüber
Deutsch-Aitenburg (Karner) eine Anderung des
Systems. Dort die ganz frei in die Pfostennischen
gesteilten Säulen, über denen sich der Architrav
nach süddeutscher Art in fast gleichen Riicksprüngen
bricht, hier im Anschluß an das säuienlose Tor von
Rems ein Dominieren der Pfosten und der Pfosten-
archivolten nach normännischer Art.

Dieses Dekorationsprinzip des Auflockerns der
schweren, quadratisch prohlierten Gewändekanten, in
Bayern schon verfeinert, wird hier in selbständiger
Art noch weiter geführt. Der in Rems noch über-
aus dicke Rundstab wird in der Rautenumhüllung
schon dünner und noch dazu durch die am Süd-
portal von St. Jakob (Fig. qq) auftretenden, auch in
der Normandie sehr häufigen Kugeln bereichert
(Fig. 66). Neue und reizvollere Ornamente treten
dazu. So trägt die zweite Stufe des Portals gegen-
einander gestellte, durch Rundbogen verbundene Li-
lien. Das Ornament ist in Niederösterreich als Flach-
dekoration bei Bogenfriesen des Sollenauer Pfarr-
kirchenturmes^), in St. Pölten (Sakristei der Dom-
kirche)^3) und an unserem Karner selbst recht häufig. Arn Portal wird es als Eckverzierung*
natürlich zweiseitig behandelt und in normännischer Art als Auflösung der Pfostenkanten
verwendet^^^). Ebenso erkannten wir das Pfeifenmotiv ais typisch für normännische Kapi-
täle. Als Säulenkapitäl fand es beim Deutsch-Altenburger Karner Verwendung, in der

II 23, Beiträge z. Topogr. von Mödling. Die wichtigste neuere
Arbeit über die Kapelle: Neumann, M. A. XLII 49. Über
die Restaurierung M. Z. n. F. XXII 101. Koch u. Rlein,
Die kirchlichen Baudenkmale des Mittelalters im Markte
Mödling und deren Restauration, Wien 1867. Fcrner Rari
Giannoni, Geschichte der Stadt Mödling, Mödiing 1903.
Das Portal ist stark restauriert und iag früher zum Teil
unter der Tünche. Sacken sah das innerste Ornament nicht,
die Rnotensäulen iagen unter dem Schutt, doch wurden die
Ornamente nach vorhandenen Resten gut nachgearbeitet.

^4^) Reproduziert in M. A. XLII 49.

Abb. bei Sacken, M. A. IX 83, und Goll, Ge-
schichte des Marktes Solienau. Der Turm dürfte stilistischen
Gründen nach (Relief an demselben und am Mödiinger
Karner) ein wenig äiter als der Mödiinger Rarner sein.
jb. Z. II 122, M. A. XVII 166.

-^) Die Ähnlichkeit der Archivolten des Bischoftores
der spanischen Kathedrale in Zamora (Springer II 199) ist
 
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