RiCHARD KuRT DoNiN Romanische Fortale m Niederösterreich
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geschichte darlegen will, an die Mauerstärke der bereits bestehenden Seitenwand der
KLirche gebunden und hatte die Aufgabe zu lösen, trotz der geringen Mauertiefe mit Zu-
hilfenahme eines dachen Vorbaues recht effektvoll zu wirken. An den Längswänden waren
stärkere Mauervorlagen in romanischer Zeit überhaupt unbeliebt^"^). Das Gewände schräger
zu gestalten, wie es später die Schule in Trebitsch (Seitenportal!) (Fig. 70) versuchte, war
hier noch nicht geläufig. Man griff daher zu dem Auskunftsmittel, das innerste 'i'ürgewände,
das in Mödling und Klein-Mariazell selbständig auftrat, zum Portal einzubeziehen. Man zog
Fig. 69 Wiener-Neustadt, Liebfrauenkirche, Detail vom Südportal
das Kämpfergesims auch über die PMrwand und ließ dafür die Konsole, auf der das Tym-
panum in Klein-Mariazell und Mödling ruhte, weg. Auf diese Weise kommt ein neuer
Rücksprung dazu. Von ihm abgesehen, hat das scheinbar vier Rücksprünge zählende
Portal eigentlich nur noch zwei, da der äußerste, nur ein Pseudorücksprung, schon in der
Wandfläche liegt.
Während man in Mödling, um die Archivoltendekoration auch über die Pfosten ziehen
zu können, auf eingestellte Säulen verzichtete, in Klein-Mariazell aber Säulen einstellte
und dafür die Pfosten nicht dekorierte, erscheinen hier zum erstenmal in Niederösterreich
Säulen und normännisch aufgelöste Pfosten, vorbildlich für die weiteren Portale dieser
Richtung, vereinigt. Hier geht es freilich ohne einige Härten nicht ab. Da freistehende
Säulen wie in Deutsch-Altenburg zu viel Tiefe beansprucht hätten, werden drei Dreiviertel-
säulen in die Rücksprünge gerückt; doch ihre Kapitäle werden dadurch zu stark nach
vorn gepreßt und sitzen deshalb nicht recht auf den Säulen (Fig. 69). Während die ersten
zwei Säulen in einer mächtigen Rundstabarchivolte über dem Kämpfergesims weiterlaufen,
Cohn-Wiener (Die Entwicklungsgeschichte der tektonischer Notwendigkeit an dem beriihmten Portai von
Stilc fn der biidenden K.unst I 82) bat die Gründe arcbi- Königslutter auseinandergesetzt.
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geschichte darlegen will, an die Mauerstärke der bereits bestehenden Seitenwand der
KLirche gebunden und hatte die Aufgabe zu lösen, trotz der geringen Mauertiefe mit Zu-
hilfenahme eines dachen Vorbaues recht effektvoll zu wirken. An den Längswänden waren
stärkere Mauervorlagen in romanischer Zeit überhaupt unbeliebt^"^). Das Gewände schräger
zu gestalten, wie es später die Schule in Trebitsch (Seitenportal!) (Fig. 70) versuchte, war
hier noch nicht geläufig. Man griff daher zu dem Auskunftsmittel, das innerste 'i'ürgewände,
das in Mödling und Klein-Mariazell selbständig auftrat, zum Portal einzubeziehen. Man zog
Fig. 69 Wiener-Neustadt, Liebfrauenkirche, Detail vom Südportal
das Kämpfergesims auch über die PMrwand und ließ dafür die Konsole, auf der das Tym-
panum in Klein-Mariazell und Mödling ruhte, weg. Auf diese Weise kommt ein neuer
Rücksprung dazu. Von ihm abgesehen, hat das scheinbar vier Rücksprünge zählende
Portal eigentlich nur noch zwei, da der äußerste, nur ein Pseudorücksprung, schon in der
Wandfläche liegt.
Während man in Mödling, um die Archivoltendekoration auch über die Pfosten ziehen
zu können, auf eingestellte Säulen verzichtete, in Klein-Mariazell aber Säulen einstellte
und dafür die Pfosten nicht dekorierte, erscheinen hier zum erstenmal in Niederösterreich
Säulen und normännisch aufgelöste Pfosten, vorbildlich für die weiteren Portale dieser
Richtung, vereinigt. Hier geht es freilich ohne einige Härten nicht ab. Da freistehende
Säulen wie in Deutsch-Altenburg zu viel Tiefe beansprucht hätten, werden drei Dreiviertel-
säulen in die Rücksprünge gerückt; doch ihre Kapitäle werden dadurch zu stark nach
vorn gepreßt und sitzen deshalb nicht recht auf den Säulen (Fig. 69). Während die ersten
zwei Säulen in einer mächtigen Rundstabarchivolte über dem Kämpfergesims weiterlaufen,
Cohn-Wiener (Die Entwicklungsgeschichte der tektonischer Notwendigkeit an dem beriihmten Portai von
Stilc fn der biidenden K.unst I 82) bat die Gründe arcbi- Königslutter auseinandergesetzt.