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RiCHARD K.URT DoNiN Romnnische Portale in Niederösterreich

79

Fig. 79 Wien, Riesentor, rechtsseitiges Portalgewände

Riesentor noch zarter, die des verdoppelten Rhombenmusters sogar abwechselnd kanneliert
sind. Der Zickzack des vierten Pfostens ist eine neue Variation, die, um noch reicher zu
erscheinen, sogar benagelt wird. Der in Tuiln schon sehr frei unter dem Gehecht ge-
meihelte Rundstab ist zu einem Stabe mit einem fast gotisch anmutenden kleeblattartigen
ProfiP^) geworden. Im übergroßen Reichtum hat er sogar das „französische" Diamantband
bekommen; eine Steinmetzarbeit von höchster Kunstfertigkeit, wie sie an keinem der frü-
heren Tore erreicht wurde. Ein Fortschritt gegenüber Tulln iiegt auch darin, daß die
Ornamente der Pfosten nicht so verwirrend zwischen den Säulenkapitäien durchlaufen,
sondern unter denselben in schönem, meist hgürlich reich verziertem Abschiuß enden, ein
Zurückgreifen auf das Neustädter Brauttor (Fig. 69) und das Portal von Lebeny ^). Der
Halsring der Kapitäle, der bei diesen Portaien, wie schon früher in Deutsch-Altenburg,
wieder über die Pfosten springt, gibt dabei einen wohltuenden horizontalen Abschluß^^^),

-9-) Vgl. die Zeichnungen Oeschers. Gcgenübersteliung
der Tullner Prohie mit denen des Riesentores hei Melly.
-93) Abb. in M. Z. II 37 ff.

-9^) Es ist merkwürdig, wie so anscheinend gering-
fügige und kleine Details, wie die Verkröpfung des Hals-
ringes über dem Pfosten, geradezu charakteristisch für
Portaltypen werden. Das Motiv kommt zuerst in Oberitalien
vor, kaum bemerklich an den schwachenPortaiabtreppungen,
wird in Bayern vergröbert und dadurch viel auffäiliger, wie

wir es auch lieim Deutsch-Altenburger Portal noch sehen.
Durch den frischen französischen Strom verschwindet es.
Der Grund der Wiederaufnahme des Motivs mag darin iiegen,
daß bei dem Tuiiner Portal das Hinaufführen des Pfosten-
sclimuckes in die Kapitälzone Verwirrung stiftete. In Lebeny
endete bereits der Pfostenschmuck mit dem Halsring, von
dort nahm es St. Stephan gleichzeitig mit den achteckigen
Kapitäldeckplatten.
 
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