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RlCHARD RuRT DoNiN Romanisclie Portale in Niederösterreich

unter dem äußersten romanischen Bogen. Zu dieser Annahme verleiten mich die beiden
Köpfchen, die wie an den Kapitälen des Portaitrichters aus der Mitte des Blattwerkes
hervorlugen (Taf. V).

Für den innern Teil der Vorwand hatte man keine Friesstücke mehr. Man ahmte des-
haib solche nach. Es sind piumpe, dem Friesornament der rechten Außenseite zu einer
Zeit nachgeahmte Stücke, in welcher man die romanische iformensprache eben nicht
mehr verstand. Das ist auch sonst das unterscheidende Merkmai zwischen der gotischen,
sagen wir, Restaurierung und der immerhin noch romanischen nach dem Brande von :27s.

Damals hatte man nocli alte Steine, und
wo sie nicht paßten, arbeitete man noch
im Geiste der romanischen Kunst nach.
Jetzt um 1422 griif man zur Nachahmung.
Wie sie aushel, zeigen auch die vier Kapi-
täle der Vorhalie, die damals ebenfails er-
neuert wurden. Welch ungeschickte Nach-
bildungen romanischer Knospenkapitäle,
derenVorbilder sichtlich diewohlbekannten
Knospenkapitäle unserer Bauschuie mit
dem diamantierten Kreis waren! Nicht
einmai die Blätter sind symmetrisch ge-
arbeitet, das mittlere steht nicht zur
Säulenachse senkrecht, die Kapitäle sitzen
nicht auf dem Schafte und die dünnen,
nicht mehr acht-, sondern rechtecki-
gen Deckplatten zeigen groben Unge-
schmack^").

Die Kennzeichen einer Nachahmung
romanischer Motive zu einer Zeit, die sie
nicht mehr begriff, trägt auch der hgür-
liche Friesblock mit den verschlungenen
Drachen am nördiichen Teil der Vorhaüe
(f'ig. 78 iinks). Man fühit förmiich, wie der
Handwerksmann aus gotischer Zeit ein Drachenpaar, das früher kürzer war, für die Tänge
des Blockes auseinanderzog. Dabei sitzen natürlich die mittieren Verschlingungen der Hälse
nicht über der Mitte des Kapitäls! Man vergaß auch nicht, die an den ursprünglichen
Friesstücken so fein gearbeiteten romanischen Akanthusblätter hinter deti Drachenleiberti
anzubringeti. Aber was für plumpe Lappen sind daraus geworden! Wichtig ist ferner
die Lage des Steines. Er läßt eitie breite Fuge zwischen seinem rechten Nachbarstein,
der seit 1278 dort ruht, und links verkröpft er sich in einer Länge von 2 <r?w an der
Spitzbogenwand. Also ein sicherer Beweis, daß er erst zur Zeit des Spitzbogens gearbeitet
wurde346). Das Ornament des Drachenpaares aber endet vor dieser Verkröpfung. Auch

3^) Mantuani a. a. O. S. 2ß. Daß dcr Durchmesser der Man sieht daraus, wie faisch die Schiüsse waren,

Rapitäle zu groß für die Säulen ist, kann auch darin he- die MüIIer (S. 22/), der zuerst dieses Umbiegen des Blockes
griindetsein, daßdreiSäuIenderVorhalle, wiedieMessungen bemerkte, dnraus zog und wie ungerecht seine darauf be-
crgaben, schmächtiger sind. ruhenden Angriffe gegen Schmidt.
 
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