ANTON MAT&JÜEK Das Mosaikbild des Jüngsten Gerichtes am Prager Dome
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lebhafteren Gesten der Figuren zu bewältigen. Es treten da in der Mosaikkunst die ersten
Versuche nach dem Erreichen des neuen Zieles, welches der K.unstwille des nächsten Jahr-
hunclerts sich setzt, zutage: das Bestreben nach der plastisch-organischen Lebendigkeit
eines Naturausschnittes, naclr der organischen Verbindung von Raum und Form (Fig. 95).
Diese Tendenz bedingt die Umwandlung der Ausdrucksart, denn die alten Ausdrucksmittel
des XII. Jhs. waren unfähig, die neuen Aufgaben zu lösen. Dadurch, daß die optische
Fig. 95 Venedig, S. Marco, Vorhalle, Noah-Szenen aus der Genesis
Fassungskraft des Künstlers zahlreichere materielle Formen in das Gesichtsfeld aufnahm,
wurde er zum Suchen von neuen Ausdrucksmitteln gezwungen. Solange nicht die Tendenz
vorherrscht, das Gesehene in seiner Formfülle künstlerisch wiederzugeben, solange der
Kunstwille mit dem Ausdruck der aus dem Gesichtsfelde ausgewählten symbolischen Be-
grifformen sich begnügt, ist es möglich, bei den traditionellen Ausdrucksmitteln zu ver-
bleiben. So war es in dem Mosaik des XII. Jhs., wo die Formen entweder silhouettenartig*
oder kulissenartig hintereinander hingestellt wurden. Sobald aber der Künstler sich bemüht,
in den begrenzten Flächenabschnitt mehrere Formen einzufügen und sie in ihrer optisch
richtigen Raumbestimmung zu reproduzieren, sucht er notwendig neue Mittel. Und eben
diese Ausdrucksart ist es, die die Genesismosaiken von denen des XII. Jhs. stilistisch stark
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lebhafteren Gesten der Figuren zu bewältigen. Es treten da in der Mosaikkunst die ersten
Versuche nach dem Erreichen des neuen Zieles, welches der K.unstwille des nächsten Jahr-
hunclerts sich setzt, zutage: das Bestreben nach der plastisch-organischen Lebendigkeit
eines Naturausschnittes, naclr der organischen Verbindung von Raum und Form (Fig. 95).
Diese Tendenz bedingt die Umwandlung der Ausdrucksart, denn die alten Ausdrucksmittel
des XII. Jhs. waren unfähig, die neuen Aufgaben zu lösen. Dadurch, daß die optische
Fig. 95 Venedig, S. Marco, Vorhalle, Noah-Szenen aus der Genesis
Fassungskraft des Künstlers zahlreichere materielle Formen in das Gesichtsfeld aufnahm,
wurde er zum Suchen von neuen Ausdrucksmitteln gezwungen. Solange nicht die Tendenz
vorherrscht, das Gesehene in seiner Formfülle künstlerisch wiederzugeben, solange der
Kunstwille mit dem Ausdruck der aus dem Gesichtsfelde ausgewählten symbolischen Be-
grifformen sich begnügt, ist es möglich, bei den traditionellen Ausdrucksmitteln zu ver-
bleiben. So war es in dem Mosaik des XII. Jhs., wo die Formen entweder silhouettenartig*
oder kulissenartig hintereinander hingestellt wurden. Sobald aber der Künstler sich bemüht,
in den begrenzten Flächenabschnitt mehrere Formen einzufügen und sie in ihrer optisch
richtigen Raumbestimmung zu reproduzieren, sucht er notwendig neue Mittel. Und eben
diese Ausdrucksart ist es, die die Genesismosaiken von denen des XII. Jhs. stilistisch stark