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Oswald von Kittschera-Woborsky Das Giovanninorelief des Spalatiner Vorgebirges
die allein mögliche Nebeneinanderlegung mit Werken paralleler antiker Rezeption die
Unterscheidung der individuellen Ausführung nur schwer zuläßt. Das einzige Bestimmungs-
moment liefert vielleicht das Aussehen der zu einem Drittel der ganzen Streifenhöhe91) auf-
steigenden Füllungen der Pfeilerkanneluren der Ädikula, also jene bekannte und allgemein
geläufige Formation der Frührenaissance, die aber
für Dalmatien92) (und Venedig) besonders charak-
teristisch ist. Und gerade die erwähnten Beispiele
in Trau (Baptisterium, Orsinikapelle) zeigen in dem
Wechsel von Pfeilern und seichten Nischenver-
schallungen jene äußerst flache, fast in einer Ebene
zusammenfallende Reliefbehandlung, die vor un-
serem Monumente schon früher hervorgehoben
wurde.
Unter den fig'uralen Antikennachahmungen im
Kreise der dalmatinischen Quattrocentoskulptur
kommt aber (soweit es sich meines Erachtens aus
dem vorliegenden Materiale ersehen läßt) kein Mo-
nument einem derartigen Grade von Übernehmungs-
treue nahe. Als am verwandtesten93) würden noch
zwei Reliefs von fackeltragenden Putti der Ein-
gangswand der Orsinikapelle erscheinen, deren Un-
zugehörigkeit zu den übrigen, an den Hauptseiten
desselben Raumes auftretenden Kindergestalten
schon Venturi94) und Folnesics bemerkt haben
(Fig. 32). Bedauerlicherweise ist man gerade über diese Arbeiten noch nicht näher orien-
tiert, da der letztere Forscher95) mit Recht die allzu schnelle Bestimmung Venturis auf
einen Nachfolg-er Francesco Lauranas95) wegen der ungeklärten Probleme, die trotz der
Arbeiten von Rolfs und Burger über das Oeuvre dieses Meisters noch ausgebreitet sind,
vorläufig offen gelassen hat.
Als geringes Ergebnis dieser Untersuchungen würde sich also etwa schließen lassen, daß
unser Relief wahrscheinlich mit den in Trau an der Neuausschmückung des Domes wirkenden
Künstlern, unter denen Andrea Alexi und Niccolö Fiorentino die hauptsächlichsten sind97),
in Verbindung gebracht werden dürfte und daß die baugeschichtlichen Daten von 1467 (Voll-
endung des Baptisteriums) und 1468 (Kontrakt der beiden Meister für die Errichtung der
Fig. 31 Siny, Franziskanerkloster: Herakleskopf
91) Man verfolge mit dem Zirkel in der Hand, wie
an unserem Relief die Höhe des Pfeilers fast gänzlich dem
Abstande entspricht, der von dem Aufhörungspunkte dieser
Füllung bis zum Ansätze der auskragenden Gesimsplatte
reicht und daß die Länge der Füllung etwa der halben
Breite des inneren Nischenausschnittes gleichkommt.
92) Beispiele: Sebenico (Dom-Außenseite), Trau
(Dom-Baptisterium, Kapelle Orsini, dreiteilige Madonna-
Altar und daselbst in verkümmertem Zustande am Portal
des Palazzo Cippico). Abb. bei Ivecovic und Folnesics
passim.
93) Vielleicht könnte man auch an einen Kopf in der
gegenwärtig als kleines Museum fungierenden Krypta von
S. Ciriaco in Ancona denken, den zuerst Adolfo Venturi
(l’arte 1908, S. 38) als Werk Giorgio Orsini bezeichnete;
eine Bestimmung, die von Frey (S. 107) angenommen, von
Folnesics abgelehnt wurde. Hier wohl nur äußerliche Ana-
logien, verdrängt durch eine individuelle Technik.
91) Venturi a. a. O. S. 124.
95) Folnesics a. a. O. S. 147 f., vgl. Frey (S. 46)
über ein Engelrelief in Sebenico.
96) Über Lauranas dalmatinische Abstammung vgl.
Rolfs, Franz Laurana, Berlin (s. a), S. I ff.
91) Die verschiedenen Hände anderer hier tätiger Mei-
ster konnten nur geschieden werden, ohne daß gesicherte
namennennende Zuweisungen möglich waren.
Oswald von Kittschera-Woborsky Das Giovanninorelief des Spalatiner Vorgebirges
die allein mögliche Nebeneinanderlegung mit Werken paralleler antiker Rezeption die
Unterscheidung der individuellen Ausführung nur schwer zuläßt. Das einzige Bestimmungs-
moment liefert vielleicht das Aussehen der zu einem Drittel der ganzen Streifenhöhe91) auf-
steigenden Füllungen der Pfeilerkanneluren der Ädikula, also jene bekannte und allgemein
geläufige Formation der Frührenaissance, die aber
für Dalmatien92) (und Venedig) besonders charak-
teristisch ist. Und gerade die erwähnten Beispiele
in Trau (Baptisterium, Orsinikapelle) zeigen in dem
Wechsel von Pfeilern und seichten Nischenver-
schallungen jene äußerst flache, fast in einer Ebene
zusammenfallende Reliefbehandlung, die vor un-
serem Monumente schon früher hervorgehoben
wurde.
Unter den fig'uralen Antikennachahmungen im
Kreise der dalmatinischen Quattrocentoskulptur
kommt aber (soweit es sich meines Erachtens aus
dem vorliegenden Materiale ersehen läßt) kein Mo-
nument einem derartigen Grade von Übernehmungs-
treue nahe. Als am verwandtesten93) würden noch
zwei Reliefs von fackeltragenden Putti der Ein-
gangswand der Orsinikapelle erscheinen, deren Un-
zugehörigkeit zu den übrigen, an den Hauptseiten
desselben Raumes auftretenden Kindergestalten
schon Venturi94) und Folnesics bemerkt haben
(Fig. 32). Bedauerlicherweise ist man gerade über diese Arbeiten noch nicht näher orien-
tiert, da der letztere Forscher95) mit Recht die allzu schnelle Bestimmung Venturis auf
einen Nachfolg-er Francesco Lauranas95) wegen der ungeklärten Probleme, die trotz der
Arbeiten von Rolfs und Burger über das Oeuvre dieses Meisters noch ausgebreitet sind,
vorläufig offen gelassen hat.
Als geringes Ergebnis dieser Untersuchungen würde sich also etwa schließen lassen, daß
unser Relief wahrscheinlich mit den in Trau an der Neuausschmückung des Domes wirkenden
Künstlern, unter denen Andrea Alexi und Niccolö Fiorentino die hauptsächlichsten sind97),
in Verbindung gebracht werden dürfte und daß die baugeschichtlichen Daten von 1467 (Voll-
endung des Baptisteriums) und 1468 (Kontrakt der beiden Meister für die Errichtung der
Fig. 31 Siny, Franziskanerkloster: Herakleskopf
91) Man verfolge mit dem Zirkel in der Hand, wie
an unserem Relief die Höhe des Pfeilers fast gänzlich dem
Abstande entspricht, der von dem Aufhörungspunkte dieser
Füllung bis zum Ansätze der auskragenden Gesimsplatte
reicht und daß die Länge der Füllung etwa der halben
Breite des inneren Nischenausschnittes gleichkommt.
92) Beispiele: Sebenico (Dom-Außenseite), Trau
(Dom-Baptisterium, Kapelle Orsini, dreiteilige Madonna-
Altar und daselbst in verkümmertem Zustande am Portal
des Palazzo Cippico). Abb. bei Ivecovic und Folnesics
passim.
93) Vielleicht könnte man auch an einen Kopf in der
gegenwärtig als kleines Museum fungierenden Krypta von
S. Ciriaco in Ancona denken, den zuerst Adolfo Venturi
(l’arte 1908, S. 38) als Werk Giorgio Orsini bezeichnete;
eine Bestimmung, die von Frey (S. 107) angenommen, von
Folnesics abgelehnt wurde. Hier wohl nur äußerliche Ana-
logien, verdrängt durch eine individuelle Technik.
91) Venturi a. a. O. S. 124.
95) Folnesics a. a. O. S. 147 f., vgl. Frey (S. 46)
über ein Engelrelief in Sebenico.
96) Über Lauranas dalmatinische Abstammung vgl.
Rolfs, Franz Laurana, Berlin (s. a), S. I ff.
91) Die verschiedenen Hände anderer hier tätiger Mei-
ster konnten nur geschieden werden, ohne daß gesicherte
namennennende Zuweisungen möglich waren.