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Materialien zur Kunstförderung durch Fürst Gundacker von Liechtenstein

Als Begründer der Liechtensteinschen Galerie
und des fürstlichen Kunstbesitzes überhaupt werden
mit Recht Fürst Karl Eusebius und sein Sohn Johann
Adam Andreas genannt1). Die ersten Anfänge, mit
denen Fürst Karl gegen Ende des XVI. Jhs. be-
gonnen hatte2), führten Sohn und Enkel umfassender
und planvoll weiter, so daß schon Johann Adam
Andreas (f 1712), der durch seine prächtigen Bauten
in Wien und auf den Gütern zu den hervorragend-
sten Bauherren seiner Zeit gehört, eine Galerie im
vollen Sinne des Wortes hinterließ.
Diesem kunstbegeisterten Sammeln und Schaffen
gegenüber ist über Kunstförderung durch Fürst
Gundacker, dem Stammvater der jüngeren Linie
des Hauses, auf welche das gesamte Fideikommiß
schon nach dem Tode des Fürsten Johann Adam
Andreas überging und in welcher das Geschlecht
heute fortblüht, so gut wie nichts bekannt. Die
dürftigen bisher bekannten Daten über die Betäti-
gung des Fürsten Gundacker, des Bruders des
Fürsten Karl, als Kunstsammler hat Viktor Fleischer3)
zusammengestellt: der Ankauf von Bildern des Ro-
land Savery um 400 Reichstaler im Jahre 1628 und
zwei kleine Inventare über Bilder in seinem Wiener
Hause von 1649 und 1652 ohne Angabe der Meister-
namen.
Dieses Mißverhältnis ist zum großen Teil auf
das Konto der Überlieferung zu setzen. Wie
allenthalben sind auch im fürstlichen Hausarchiv
die Originalkorrespondenzen nur teilweise erhalten.
Auch für die Zeit des Fürsten Karl Eusebius stützt
die Darstellung V. Fleischers sich überwiegend auf

^Vgl.Falke, Geschichte des fürstlichenHauses Liechten-
stein 2. Bd. S. 303; 333 ff. — V. Fleischer, Fürst Karl
Eusebius von Liechtenstein als Bauherr und Kunstsammler.
Wien, 1910, S. 13. —• Wilhelm, im Jahrbuch des kunst-
historischen Instituts der k. k. Zentralkommission 1911»
Beibl. Sp. 97 fr.
2) Vgl. Fleischer a. a. O. S. 2 ff.
3) A. a. O. S. 35 ; 237«.

die aus den Hofzahlamtsrechnungen4) gewonnenen
Daten, nicht auf die Originalkorrespondenz. Aus der
Registratur des Fürsten Gundacker sind Hofzähl-
amtsrechnungen nicht überliefert; dieser Mangel
wird jedoch — zum Teil wenigstens — dadurch
ausgeglichen, daß in seiner Kanzlei Kopialbücher
des gesamten Ein- und Auslaufs (nur der fremd-
sprachige Einlauf wurde in manchen Fällen nicht in
extenso kopiert) geführt wurden, die seit 1636 mit
einer einzigen Lücke (1646) bis zu seinem Tode
(1658) erhalten sind. Diese stattliche Reihe von Bän-
den ist nicht nur eine höchst wertvolle Quelle für
die Zeitgeschichte, sie ist auch ein Denkmal der
staunenswerten Arbeitskraft und des rastlosen Gei-
stes des Fürsten, der bis ins hohe Alter als Staats-
mann und Verwalter seiner Güter gleich rege und
tätig blieb. Diesen Bänden verdanken wir auch
manche Nachricht über Betätigung des Fürsten auf
dem Gebiete der Kunst; diese bewegte sich begreif-
licherweise in engeren Grenzen als die Tätigkeit
seines Neffen Karl Eusebius, des Erben und Besitzers
des Hauptfideikommisses, sie verdient aber immerhin
dargestellt zu werden, weil sie außer der Beurteilung
der Stellung des Fürsten zur Kunst manchen Ein-
blick in den Kunstbetrieb und in die Künstlerschaft
des damaligen Wien ermöglicht. Für die richtige Ein-
schätzung der Kunstförderung durch Fürst Gundacker
muß aber immer in Rücksicht gezogen werden, daß
nur für die letzten 22 Lebensjahre ein annähernd voll-
ständiges Material vorliegt, während für die ersten
56 Jahre nur einige sporadische Aktenstücke alsGrund-
lage dienen. Es darf dabei auch nicht vergessen werden,
daß gerade jene Zeit, für welche reichlichere Nach-
richten vorliegen, infolge des durch den langen Krieg
bedingten allgemeinen wirtschaftlichen Niederganges
der Kunstförderung besonders ungünstig war. Zumal
durch den Schwedeneinfall hatten die Güter des
Fürsten Gundacker derart gelitten, daß das Erträgnis
für mehrere Jahre auf ein geringes gesunken war.
4

') Vgl. a. a. O. S. 35 ff.
 
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