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Oswald von Kutschera-Woborsky Das Giovanninorelief des Spalatiner Vorgebirges
Sorten verwendet und der in den selbstgewählten Künstlerbeinamen eines Pirgoteles116)
und eines Simon Leukos117) (Simone Bianco), dessen Arbeiten Vasari erwähnt und dessen
„si nuova venustä118) di grazia“ Aretin in seinen Briefen und Komödien (la Cortigiana) zu
rühmen sich bewogen fühlt, seinen äußeren Ausdruck erhält.
Die seit Dezennien vorbereitete und endlich zur völligen Vorherrschaft gelangte Los-
lösung des Reliefs von der immerhin Befangenheit verleihenden Einfassung (Entwicklung
der Freifigur, Ausbildung der Perspektive, Vermehrung der Ansichtsflächen) mußte der weiteren
künstlerischen Verwendung der römischen Grabcippi den hartnäckigsten Widerstand entgegen-
stellen. Das früher angewandte, zentripetale Sehen, das erst nach erlangter Übersicht die
Fig. 36 Rom, Vatikan: Sog. Büstengruppe der Porzia und des Cato
Details der Handlung erfaßte, war mit der Sprengung der Cella, des Tabernakels und der reich-
geschmückten Altarumrahmung, wie dies vor Werken der römischen Sepulkralkunst, der roma-
nisch-gotischen Zeit und teilweise noch des Quattrocentos, der Brauch gewesen war, in eine
umgekehrte Operation verwandelt worden. Das Hervorkehren des Mittelfeldes als der Träger
der inhaltsreichen und erzählenden Komposition beschränkte die Funktion des Rahmens nur
darauf, den vom Zentrum des Ausschnittes ausgehenden Sehstrahlen eine von der Umgebung
trennende Begrenzung zu geben. Dies konform mit der Zurückdrängung der kleindimen-
sionalen Holztafeln zugunsten flächengroßer Leinwandstücke, die mit der Einspannung
116) Über Pirgoteles vgl. Paoletti a. a. O. Text S. 217 ff.
Fiorillo, Kleine Schriften artistischen Inhaltes, Göttingen
1806, II, S. 194 f. Anonimo Morelliano a. a. O. S. 19.
20. 247.
11T) Anonimo Morelliano a. a. O. S. 156. 162. Vgl.
bes. Archäologische Beiträge zur Geschichte der veneziani-
schen Kunst (Nachlaß G. Ludwig), herausg. von D. v. Hadeln
.Berlin 1911, S. 21 f. (Publikation des Testamentes
von 1547, Beziehungen mit dem Orient.)
118) Vgl* zur Erklärung dieses Wortes: Agnolo Firen-
zuola (der Freund Aretins), Dialoghi della bellezza delle
donne. Diese Formulierungsbestrebungen (was hier wichtig
ist) werden noch weiter fortgesetzt. (Nie. Franco Dialogo
dove si ragiona delle Bellezze. Venetiis I542> u* a.).
Oswald von Kutschera-Woborsky Das Giovanninorelief des Spalatiner Vorgebirges
Sorten verwendet und der in den selbstgewählten Künstlerbeinamen eines Pirgoteles116)
und eines Simon Leukos117) (Simone Bianco), dessen Arbeiten Vasari erwähnt und dessen
„si nuova venustä118) di grazia“ Aretin in seinen Briefen und Komödien (la Cortigiana) zu
rühmen sich bewogen fühlt, seinen äußeren Ausdruck erhält.
Die seit Dezennien vorbereitete und endlich zur völligen Vorherrschaft gelangte Los-
lösung des Reliefs von der immerhin Befangenheit verleihenden Einfassung (Entwicklung
der Freifigur, Ausbildung der Perspektive, Vermehrung der Ansichtsflächen) mußte der weiteren
künstlerischen Verwendung der römischen Grabcippi den hartnäckigsten Widerstand entgegen-
stellen. Das früher angewandte, zentripetale Sehen, das erst nach erlangter Übersicht die
Fig. 36 Rom, Vatikan: Sog. Büstengruppe der Porzia und des Cato
Details der Handlung erfaßte, war mit der Sprengung der Cella, des Tabernakels und der reich-
geschmückten Altarumrahmung, wie dies vor Werken der römischen Sepulkralkunst, der roma-
nisch-gotischen Zeit und teilweise noch des Quattrocentos, der Brauch gewesen war, in eine
umgekehrte Operation verwandelt worden. Das Hervorkehren des Mittelfeldes als der Träger
der inhaltsreichen und erzählenden Komposition beschränkte die Funktion des Rahmens nur
darauf, den vom Zentrum des Ausschnittes ausgehenden Sehstrahlen eine von der Umgebung
trennende Begrenzung zu geben. Dies konform mit der Zurückdrängung der kleindimen-
sionalen Holztafeln zugunsten flächengroßer Leinwandstücke, die mit der Einspannung
116) Über Pirgoteles vgl. Paoletti a. a. O. Text S. 217 ff.
Fiorillo, Kleine Schriften artistischen Inhaltes, Göttingen
1806, II, S. 194 f. Anonimo Morelliano a. a. O. S. 19.
20. 247.
11T) Anonimo Morelliano a. a. O. S. 156. 162. Vgl.
bes. Archäologische Beiträge zur Geschichte der veneziani-
schen Kunst (Nachlaß G. Ludwig), herausg. von D. v. Hadeln
.Berlin 1911, S. 21 f. (Publikation des Testamentes
von 1547, Beziehungen mit dem Orient.)
118) Vgl* zur Erklärung dieses Wortes: Agnolo Firen-
zuola (der Freund Aretins), Dialoghi della bellezza delle
donne. Diese Formulierungsbestrebungen (was hier wichtig
ist) werden noch weiter fortgesetzt. (Nie. Franco Dialogo
dove si ragiona delle Bellezze. Venetiis I542> u* a.).