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E. Tietze-Conrat Beiträge zur Geschichte der italienischen Spätrenaissance- und Barockskulptur

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nüchterne architektonische Werkzeichnung mit beigefügtem Grundrißplan ist.) Bologna hat
in seiner Gruppe (Fig.53) den Simson frisch erfunden; er steht mit gegrätschten Beinen über
dem Philister und holt mit der Rechten zum Keulenschlag aus; im mächtigen Anhieb hat er
den Oberkörper gedreht und greift über die Brust zum Kopf des Philisters hinunter. Es
ist das Motiv seines Herkules, der den Kentauren niederschlägt. Der Philister ist um-
gekehrt wie bei Michelangelo zwischen die Beine des Simson gepreßt und greift auch


Fig. 53 Giovanni Bolognas Simsonbrunnen (nach Desjardin, Jean Bologne)

darum mit dem linken Arm um den linken Oberschenkel Simsons. Der Zusammenhang mit
Michelangelos Philister ist deutlich: er ist eine Variante im Gegensinn der älteren Fig-ur22).
Bologna hat vor allem an dem Simson gerüttelt, Vries greift das von ihm bereitgestellte
Thema auf und wandelt den Concetto des Philisters ab —■ in der Musik nennt man den

22) Die Reversseite von Leone Leonis Medaille auf
Ferranta Gonzaga von 1555/56 bringt das Motiv des Her-
kules, der, (deutlich) zwei Widersacher erschlägt, in ähn-
licher Abwandlung von Michelangelos Concetto wie Bo-
lognas Simson; der Griff der Linken nach dem Kopf des

Niedergeworfenen ist gleich; doch quert der Arm nicht
den Körper, sondern faßt nur nach unten; eine dem Relief-
stil entsprechende Abwandlung zur Fläche. (Abgebildet in
Eugene Pion, Leone Leoni et Pompeo Leoni, Paris 1887.)

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