E. Tietze-Conrat Beiträge zur Geschichte der italienischen Spätrenaissanse- und Barockskulptur
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Fig. 58 Steinfigur, Wien, Hofmuseum
seitdem das Buch ihm unter dem Ellbogen weggezogen wurde und der kapriziös zurück-
geworfene Kopf30) hat nicht mehr den engen Kontakt mit der geistigen Arbeit, den die
Bronzefigur ausdrückte. An der Vorderseite der Plinthe stehen die Worte: Geometria et
Astrologia. Wieder ist die kleiner dimensionierte Steinfigur reicher im Detail gearbeitet als
das bronzene Vorbild. Wenn auch die Namen nicht passen wollen und für beide Wissens-
zweige nur die Himmelskugel und die unerklärliche Schlangenmaske sich als Attribute ein-
führen, so haben sie dem humanistischen Sinn ihres Bestellers genügend Bescheid gegeben31)*
An der Rückseite der Plinthe steht die Jahreszahl MDLXIX und die ist uns wichtig! Wenn
damals schon die Kopie hergestellt wurde, so mußte das Bronzeoriginal noch früher gear-
beitet worden sein. Die Jahreszahl gibt einen sicheren Endtermin für die Bronzestatuette,
die so in die Reihe der ersten Kleinkunstarbeiten Bolognas hinaufgerückt wird.
Nach diesem langen Exkurs nehmen wir wieder unseren großen Stich (Fig. 52) des Cabinet
Girardon zur Hand. Als Pendant zum „Combat d’Hercule et des Gerions, petit Groupe de
Bronze moderne“ ist rechts ein „petit Groupe antique“, der Herkules und Dejanira heißt.
Es mag ein roher dunkler Guß gewesen sein, darum wollte der Besitzer darin eine antike
Arbeit sehen, denn die Komposition, und nur nach dieser können wir die Stichwiedergabe
befragen, ist nicht antik. Die Gruppe eines stehenden Paares, die Frau zur linken, der
30) Die Kopfhaltung ist der kleinen Bronze im Kaiser- in Kleopatra, die sich der nordische Nachahmer von Lom-
Friedrich-Museum ähnlicher als dem vorliegenden Stück der bardis Relief zuschulden kommen ließ; J. v. Schlosser,
Sammlung Morgan. a. a. O. S. 87.
31) Ich verweise auf die Namensänderung von Eurydike
Jahrbuch des kunsthist. Instituts des deutschösterreichischen Staatsdenkmalamtes T918 n
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Fig. 58 Steinfigur, Wien, Hofmuseum
seitdem das Buch ihm unter dem Ellbogen weggezogen wurde und der kapriziös zurück-
geworfene Kopf30) hat nicht mehr den engen Kontakt mit der geistigen Arbeit, den die
Bronzefigur ausdrückte. An der Vorderseite der Plinthe stehen die Worte: Geometria et
Astrologia. Wieder ist die kleiner dimensionierte Steinfigur reicher im Detail gearbeitet als
das bronzene Vorbild. Wenn auch die Namen nicht passen wollen und für beide Wissens-
zweige nur die Himmelskugel und die unerklärliche Schlangenmaske sich als Attribute ein-
führen, so haben sie dem humanistischen Sinn ihres Bestellers genügend Bescheid gegeben31)*
An der Rückseite der Plinthe steht die Jahreszahl MDLXIX und die ist uns wichtig! Wenn
damals schon die Kopie hergestellt wurde, so mußte das Bronzeoriginal noch früher gear-
beitet worden sein. Die Jahreszahl gibt einen sicheren Endtermin für die Bronzestatuette,
die so in die Reihe der ersten Kleinkunstarbeiten Bolognas hinaufgerückt wird.
Nach diesem langen Exkurs nehmen wir wieder unseren großen Stich (Fig. 52) des Cabinet
Girardon zur Hand. Als Pendant zum „Combat d’Hercule et des Gerions, petit Groupe de
Bronze moderne“ ist rechts ein „petit Groupe antique“, der Herkules und Dejanira heißt.
Es mag ein roher dunkler Guß gewesen sein, darum wollte der Besitzer darin eine antike
Arbeit sehen, denn die Komposition, und nur nach dieser können wir die Stichwiedergabe
befragen, ist nicht antik. Die Gruppe eines stehenden Paares, die Frau zur linken, der
30) Die Kopfhaltung ist der kleinen Bronze im Kaiser- in Kleopatra, die sich der nordische Nachahmer von Lom-
Friedrich-Museum ähnlicher als dem vorliegenden Stück der bardis Relief zuschulden kommen ließ; J. v. Schlosser,
Sammlung Morgan. a. a. O. S. 87.
31) Ich verweise auf die Namensänderung von Eurydike
Jahrbuch des kunsthist. Instituts des deutschösterreichischen Staatsdenkmalamtes T918 n